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Papa ante Palma

Papa ante Palma

Titel: Papa ante Palma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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kann, dann muss man es auch tun.«
    Vor dem Eingang sitzt Joan Carles aus der ferreteria .
    Ich bin erstaunt und erfahre, dass er der Präsident des hiesigen Musikvereines ist.
    Als ich den kleinen Saal betrete, ist Jaume bereits auf der Bühne und spielt sich warm. Er trägt ein schwarzes, weit aufgeknöpftes Hemd, eine schwarze Lederhose und Cowboystiefel made in Alaró. Ich dagegen laufe in einer Freizeithose (nicht dem Kneifer!), einem Kermit-der-Frosch-T-Shirt und Sneakers auf.
    »Ach, Jaume, señor ironman «, begrüße ich ihn.
    »Qué?« Jaume lacht zurück und lässt die Brustmuskeln auf und ab hüpfen.
    »Sieh uns an, Kraut und Rüben«, sage ich. »Vielleicht hätten wir uns wegen der Kleiderordnung absprechen sollen.«
    »Ach was, komm schon. Stöpsel die Klampfe ein und los geht’s.«
    Wir spielen ein wenig, und kurz darauf ist der Sound abgestimmt. Das ist der große Vorteil bei einem Duo. Nur noch zwanzig Minuten bis zum Konzertbeginn. Mein Puls jagt.
    Schließlich verschwinden wir in dem kleinen Ankleideraum hinter der Bühne. Jaume knipst das Licht an. Ein Spiegel, ein paar aufeinandergestapelte Getränkekisten und ein olles Sofa. Nichts, was einen noch irgendwie ablenken könnte. Nach zehn Minuten öffne ich behutsam die Tür und riskiere einen Blick in den Zuschauerraum. Zu meiner Überraschung hat sich der kleine Saal schnell gefüllt. Einige mir unbekannte Frauen warten aufgebrezelt und schmachtend in der ersten Reihe. Jaume hat seine Fans mitgebracht. Oder seine Verflossenen. Oder beides.
    »Jaume«, flüstere ich.
    Er betrachtet sich gerade im Spiegel und wuschelt sich mit beiden Händen durch die kurzen Haare. »Si?« , sagt er.
    »Da draußen warten jede Menge gefährliche Raubtiere Mitte dreißig.«
    »Si, claro , ich habe auf Facebook eine Einladung herumgeschickt, an alle.«
    »Na, dann lass uns mal rausgehen und aus dem Theater ein Baumwollfeld am Mississippi machen.«
    » Venga, tío , auf geht’s«, sagt Jaume und klatscht in die Hände.
    Eine kurze, feste Umarmung – die Betonung liegt auf fest –, dann gehen wir raus.
    Als wir die Bühne betreten, bricht tosender Beifall los. Die gut einhundert Leute klingen wie tausend. Als wir auf die beiden Hocker zusteuern, kommt es im Saal zu einer kleinen Völkerwanderung. Die Frauen aus Palma zieht es geschlossen zu Jaume hinüber, dem sie unablässig winken und Handküsse zuwerfen. Vor meinem Platz postieren sich im gedimmten Licht dagegen Lucia, Prude und die Kinder. In der zweiten Reihe erkenne ich Wolfgang, Marta und Magdalena sowie einige der englischen Eltern, die meinen schnell gebastelten Flyer am Tor zum Hort entdeckt haben müssen. Weiter hinten, gleich neben dem Notausgang, sitzt Howard auf drei bis vier Stühlen. Zu meiner Überraschung entdecke ich auch Silvia aus dem Hotel. Sie ist nicht allein. Neben ihr steht ein sympathischer, kahlköpfiger Mann.
    »Das gibt’s doch nicht! Was machst du denn hier?«, rufe ich von der Bühne herunter.
    Jochen kommt lachend nach vorne. »Meinst du, ich würde mir entgehen lassen, wenn du dir im Dorf die letzten Sympathien mit diesem grausamen Jammerblues verspielst? Außerdem wollte ich Silvia mal wiedersehen …«
    »Verstehe. Jedenfalls schön, dass du da bist. Wir sehen uns nach dem Konzert, okay?«
    Jochen nickt.
    Ich schnappe mir die Gitarre und setze mich auf den Hocker. Jaume hält eine kurze Ansprache auf Mallorquí, von der ich so gut wie nichts verstehe. Eine Frau kreischt. Gelächter. Dann nickt er mir zu. Mein Zeichen.
    Mit Muddy Waters’ Alltime-Klassiker »Hoochie Coochie Man« wärmen wir uns und das Publikum ein wenig auf. Das Riff scheppert knochig und klar durch den Saal und wird selbst von jenen wiedererkannt, für die Blues ein langsamer Tanz mit vorspielhaftem Körperkontakt ist oder gar eine Londoner Fußballmannschaft. Jaume kommt richtig in Fahrt. Mit einem seiner besten Harpsolos, bei dem er das Instrument fast zu essen scheint, erntet er einen Sonderapplaus.
    Dank Robert Johnsons »Crossroad Blues« und einigen weiteren Midtempo-Knallern halten wir das Publikum bei Laune. Gegen die wiederkehrenden Harmonien im Blues ist nun mal kein Kraut gewachsen, und irgendwann springt der Funke auf alle über. Alles nur eine Frage der Zeit. Aus Wippen wird Schunkeln. Aus Schunkeln wird Tanzen. Aus Tanzen wird Singen.
    Bald läuft Jaume der Schweiß in Strömen über den Körper. Er singt leidenschaftlich. Damit kompensiert er seinen spanischen Akzent, der für den einen oder

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