Papa ante Palma
an der
Westseite zum Innenhof, und zwei sehr freundlich wirkende Rentner sowie zwei
weitere, rauchende Männer in Latzhose kommen heraus. Sie tragen alufarbene
Koffer und gehen grußlos an uns vorbei.
»Himmel«, schreie ich laut. » Cómo … wie kommen Sie denn hier rein?« Ich werfe einen Blick in
den Schuppen, um sicherzugehen, dass nicht noch mehr Handwerker wie aus dem
Nichts vor uns auftauchen. »Was machen Sie um acht Uhr morgens in Latzhose in
unserem Patio?«
» Bueno , wir sind
durch die Tür reingekommen«, antwortet einer der beiden älteren Männer.
»Welche Tür?«, frage ich völlig entgeistert.
»Nun, der Schuppen führt durch eine Tür zu einer
Garage und die Garage zur Seitenstraße. Zu der Garage habe ich den Schlüssel.
Hat Marta denn nichts gesagt?«
Während einer der Handwerker im Haus
verschwindet, holt der andere eine Bohrmaschine aus seinem Koffer, schließt sie
an eine Außensteckdose an und malträtiert eine der Wände, als hätte sie ihm was
getan.
Die Kinder schreien beide auf und halten sich die
Ohren zu.
Was Sophie nicht davon abbringt, auf ihrem Eis zu
bestehen. »Eiiis!«
Über uns öffnet sich ein Fenster, und eine alte
Frau mit lilastichigem Haar und gutmütigem Gesicht schaut heraus. Das muss
Teresa sein.
» Hola , Teresa!«,
brülle ich hinauf. »Wir sind die neuen Nachbarn!«
»Ehhh?« Sie verzieht fragend das Gesicht.
»Vecinos!« ,
wiederhole ich im Wettstreit mit den wütenden Maschinen.
Da entdeckt Teresa die Kinder. Sie verschwindet
kurz, taucht mit einer Handvoll Bonbons wieder auf, wirft sie wie bei einer
Hühnerfütterung auf den Hof und schließt das Fenster. Während Luna davon völlig
unbeeindruckt bleibt, sucht Sophie jammernd den Boden nach dem Lutschzucker
ab.
»Was hätte Marta denn sagen sollen?«, brülle
ich.
»Sie lassen die Warmwasserrohre und
Elektroleitungen austauschen. Außerdem sollen wir die Möbel abholen, die ihr
aussortiert habt.«
Gut, denke ich, wenn sie schon mal da sind, werde
ich sie kaum wegschicken. Wer weiß, wie lange ich sonst wieder auf Hilfe warten
müsste.
RATATATATATATA .
»Ja, aber ich muss gleich die Kinder in den Hort
bringen. Der Zeitpunkt ist etwas ungünstig.«
Das eben noch so friedliche Frühstück bei
flatternden Schmetterlingen und Milchkaffee hat sich in Großbaustellenstimmung
verwandelt. Ich bedeute den beiden älteren Männern, mir ins Haus zu folgen, da
wir einige der aussortierten Möbel im Eingangsbereich deponiert haben.
Die Bohrgeräusche sind hier nicht mehr ganz so
laut, doch die Kinder sind trotz Teresas Bonbons nicht zu beruhigen. Mit
ausgestreckten Armen springen sie an mir hoch, was heißt, dass ich sie auf den
Arm nehmen soll. Ich lasse mich nicht darauf ein und weise stattdessen die
Männer so gut es geht an.
»Sie können mit den beiden antiken Betten und ein
paar von den Schränken anfangen, die ich schon auseinandergeschraubt habe. Bis
sie die weggebracht haben, bin ich sicher wieder da.«
»In Ordnung«, sagt der Mann, der sich als Vicens
und Ehemann Montserrats vorstellt.
»So, Kinder, los geht’s.« Zielsicher greife ich
zu Schlüssel und Portemonnaie, die ich gestern wie immer am Eingang auf der
Kommode platziert habe. Doch ich fasse ins Leere. Alles ist weg.
Ich sehe mich um. Nichts. Nur die beiden Rentner,
die gerade unseren kenianischen Sofatisch an mir vorbeischleppen.
» Nooo! Diesen doch
nicht.«
»Oh, lo siento ,
Entschuldigung.«
»Eiisss und Aaammm, Papa!«, schreien die
Kinder.
Mir wird ganz flau im Magen. Ich bin mir sicher,
dass ich die Sachen dort hingelegt habe. Planlos reiße ich irgendwelche
Schubladen auf und klopfe mir die Hose ab wie vor dem Sicherheitscheck am
Flughafen. Nichts. Geklaut! Jemand muss von der Straße durch die Tür ins Haus
gekommen sein, als wir noch gefrühstückt haben, und die Sachen mitgenommen
haben. Ich werde wahnsinnig. Führerschein, Personalausweis und die Kreditkarten,
alles weg. Es wird Monate dauern, bis ich das wieder zusammenhabe. Ich bin
erledigt.
»Eiiisss!«
Rööönnn.
Taumelnd wie ein angezählter Boxer, tänzele ich
zu einem der herumstehenden Korbstühle und lasse mich darauf sacken. »Konsulat,
Kreditkartensperrung, Flug.«
» Qué te pasa, was ist
los mit dir?«, fragt einer der Opas im Vorbeifliegen. In der Hand hält er den
Spiegel, den ich Lucia zum Einzug in unsere erste gemeinsame Wohnung in Köln
geschenkt habe.
»No« , hauche ich
tonlos und merke, wie mir langsam das Blut vom Kopf in die Füße fließt.
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