Papa
können, und bisher war sie für seinen Geschmack zu unbeteiligt. Dummerweise konnte das vieles bedeuten.
»Sie erinnern sich. Aber wissen Sie auch noch, was Sie mir dazu gesagt haben?« Er zog seinen Notizblock hervor und blätterte. Übersichtlich war ein Wort, das die Blätter, die durch seine Hand glitten, unzureichend beschrieb. Auf einigen standen lediglich ein paar Namen. Er blätterte zurück und stoppte bei einer völlig jungfräulichen Seite.
»Hm«, machte Kramme verächtlich. »Mein Gedächtnis ist ausgezeichnet.«
Robert schaute auf und lächelte sie mit seinem schönsten Schwiegersohnlächeln an. »Phantastisch. Und Sie bleiben dabei? Ried hatte keinen Besuch von außerhalb?«
Kramme hob beide Hände. »Ganz gleich, was Sie auf Ihren Zettelchen stehen haben. Versuchen Sie noch immer, mich zu überführen? Was soll ich denn Ihrer Meinung nach getan haben? Sie sollten mir zunächst etwas Konkretes vorwerfen, bevor Sie versuchen, mir ein Geständnis zu entlocken. Hat Staatsanwältin Schreyer Ihr Vorgehen genehmigt?«
Robert hatte nicht vor, die Gesprächsführung abzugeben. So leicht wollte er es ihr nicht machen. »Was ist mit«, dieses Mal suchte er tatsächlich nach einer Notiz und fand sie auch, »Peter Hasse, dem Pfleger, der Rieds unverschlossene Tür vorgefunden hat? Ist er inzwischen erreichbar gewesen?«
»Ich fürchte nein. Er ist noch immer im Urlaub. Aber ich habe in seinem Hotel eine Nachricht hinterlegen lassen und das auch der Polizei gesagt. Ich habe nichts zu verbergen. Merkwürdig, dass Sie davon nichts wissen. Ihnen sagt man wohl nicht alles?«
Robert spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Er bewegte sich auf dünnem Eis, aber jetzt kam es nicht mehr darauf an, vorsichtig sein. »Ich möchte alle Unterlagen sehen, Ried betreffend. Und zwar sofort. Falls Sie glauben, Sie könnten sich auf irgendwelche Rechte berufen, das können Sie sich abschminken. Ich habe nicht vor, gute Polizeiarbeit zu leisten. Zur Not werde ich Ihnen weh tun, haben Sie mich verstanden? Ich will wissen, wo Ried ist. Ich will wissen, wo er Lilly versteckt halten könnte. Ich will wissen, wo er meinen Kollegen gefangen hält. Sagen Sie mir, mit wem er Kontakt hatte.«
Kramme zeigte noch immer keine Gefühlsregung. »Nein«, sagte sie schlicht.
»Frau Doktor Kramme«, Gäter lehnte sich über den Tisch zu ihr. »Wir suchen dringend einen Anhaltspunkt, wo Ried sich aufhalten könnte. Er hat mehrere Personen in seiner Gewalt.«
In Claudia Krammes Gesicht stahl sich eine unübersehbare Arroganz. »Frau Doktor Gäter, von Anfang an stand ich im Mittelpunkt von Bendlins Anschuldigungen. Entweder werde ich verhaftet, oder aber Sie gehen jetzt. Alle beide. Wenn Sie möchten, kann ich auch Manuela Schreyer direkt anrufen.«
Gäter schüttelte den Kopf. »Warum haben Sie uns dann reingelassen?«
»Was glauben Sie denn? Egal, mit welcher Anschuldigung dieser Mann«, sie deutete auf Robert, »von nun an kommen wird, mein Anwalt wird leichtes Spiel haben, dass nichts von dem, was er herausbekommt, vor Gericht gegen mich verwendet werden kann. Gegen wie viele Vorschriften hat er bereits verstoßen? Nein, ich denke, dieser Auftritt wird es dem Gericht leicht machen.«
Robert seufzte. War diese Frau wirklich so schwer von Begriff? Hatte er ihr nicht klargemacht, dass er bereit war, über Vorschriften hinwegzugehen? Er stand auf, atmete tief ein. Er war kein großer Mann, dennoch hatte er im Augenblick das Gefühl, für diesen Raum zu groß zu sein.
Seine Miene versteinerte. Seine Präsenz schrie förmlich:
Mädchen, komm mir nicht in die Quere
. Das hoffte er zumindest. Jetzt galt es, Hühner aufzuscheuchen. »Sie haben jetzt genau zwei Möglichkeiten, Frau Kramme.«
»
Doktor
!«, sagte sie und ihre Augenbrauen berührten sich fast dabei.
»Entweder Sie helfen uns jetzt und stellen sich dem, was Sie gemacht oder nicht gemacht haben, oder aber ich beschaffe mir die Informationen selbst. Im ersten Fall wird alles gesittet ablaufen. Im zweiten Fall werde ich wie bei einer Hausdurchsuchung vorgehen und wahrscheinlich Chaos und Tränen hinterlassen. In beiden Fällen aber werde ich am Ende die Informationen haben, die ich benötige.«
Krammes Unterlippe zitterte leicht.
»Frau Doktor Kramme«, versuchte es Gäter noch einmal. »Ried hat seit seinem Entkommen bereits zwei Menschen getötet. Ein kleines unschuldiges Mädchen ist in seiner Gewalt, und es wird sterben; mindestens eine weitere Person ist in Gefahr.
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