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Papa

Papa

Titel: Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven I. Hüsken
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senkte die Arme. So standen sie sich gegenüber, starrten sich in die Augen wie bei einem Wettbewerb. Wer würde den Blick zuerst abwenden? Zwei Wesen, wie sie nicht unterschiedlicher hätten sein können.
    »Das hier willst du doch gar nicht wirklich. Das kann ich spüren.«
    »Woher willst du wissen, was ich will und was nicht? Geh zurück.«
    Lillian schüttelte langsam den Kopf. »Nur wenn du mitkommst.«
    »Ich habe etwas zu erledigen, und wenn ich damit fertig bin, kümmere ich mich um dich.«
    »Warte, bis Mama da ist, okay?«
    »Deine Mutter hat auch noch etwas zu erledigen. Sie wird noch eine Weile brauchen.« Er wischte sich das feuchte Haar aus dem Gesicht.
    »Trotzdem«, Lillian schluchzte, fasste seine Hände und zog daran.
    Mit einem Ruck befreite er sich aus dem Griff. »Du tust, was ich sage, und nicht umgekehrt, verstehst du mich? Ich will, dass du jetzt ins Haus gehst und dort bleibst.«
    »Komm mit! Bitte!«, flehte sie weiter und ging dabei in die Knie, als müsste sie urinieren.
    »Herrgott«, schrie er, und seine Gesichtsmuskeln spannten sich. »Du gehst verflucht noch mal ins Haus, verstanden?« Er packte sie unsanft, so dass sie aufheulte, drehte sie um und schob sie über die Straße zurück zur Haustür. »Geh auf dein Zimmer! Auf dein Zimmer, sofort!«
    Lillian schlich über den staubigen Teppich zur Treppe. Dort drehte sie sich noch einmal zu ihm um. »Bleib hier, okay? Wenn du willst, setze ich mich ans Fenster und beobachte das Nachbarhaus. Aber bitte geh nicht rüber. Du willst niemandem etwas tun.«
    »Nichts beobachtest du. Geh jetzt hoch!« Tommi stürmte ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu. Wasser tropfte an ihm herab und bildete um seine Schuhe herum eine Pfütze, in der sich Schlamm ausbreitete. »Verdammt, Lillian, du hast die Füße nicht abgeputzt und schleppst den Dreck bis nach …« Er stockte. Nein, sie hatte ihre Füße offenbar doch abgeputzt. Der Teppich war weder nass noch schlammig. Nur er hatte Dreck ins Haus gebracht.
    Unwillkürlich musste er an seinen Keller denken, den er noch vorbereiten wollte. Auch dort befand sich noch Dreck, der weggewischt werden sollte. Außerdem musste er noch einen Brief an Michelle schreiben. So viele unerledigte Dinge. Vielleicht konnte Frau Lammert tatsächlich noch warten. Ja, in der Tat gab es jetzt Wichtigeres. Lillian hatte recht. Eigentlich wollte er der alten Dame nichts antun. Aber er würde sie im Auge behalten, und ihren Besuch ebenfalls.
    Gerade zog er sich die Schuhe aus, als es an der Tür klingelte. Durch das Fenster sah er eine recht große Gestalt, die ungeduldig hin und her wippte und schließlich laut gegen die Tür polterte. »Hallo? Mein Name ist Damian Öhl, bitte machen Sie auf. Der Regen ist verteufelt nass, und ungemütlich ist es auch!«

[home]
    Kapitel 27
    D ieses Mal hatte sich Robert vorbereitet. Die Zeit drängte, und er brauchte dringend neue Anhaltspunkte.
    Sein Magen war leicht gefüllt mit Salzstangen und Zwieback. Unter seiner Nase klebte ein dicker Brocken Minzpaste, und seine Augen schauten dezent an der Leiche vorbei. So sollte es funktionieren.
    Das Grinsen in Dr. Emily Gäters Augen war unübersehbar. Ihr Mundwinkel jedoch zuckte nicht einmal. Als die Leiche bei ihr eintraf, hatte sie ihn prompt angerufen und keine Fragen gestellt. Zum Glück gab es keine Suchlisten von beurlaubten Polizisten.
    Die letzte Leiche hatte schon übel gerochen. Doch was jetzt auf dem Tisch vor ihm lag, war kaum zu beschreiben. Ein bestialischer Gestank ging davon aus. Die Leiche war fast vollständig gehäutet worden. Jeder Muskelstrang trat deutlich hervor, wenn er nicht gerade von Fett umgeben war. Die Oberfläche war angetrocknet und runzelig, als ob sich eine zweite Haut gebildet hätte.
    Im Innern der Leiche, dort wo sie noch feucht war, hatte die Verwesung eingesetzt. Berührte man sie, riss die Oberfläche auf, und ein fauliger Geruch drang heraus.
    Robert war hin- und hergerissen. Sollte er durch die Nase oder den Mund atmen? Beides erschien ihm nicht erstrebenswert.
    Nur zwei Sachen hatte der Mörder nicht angerührt: zum einen die Augenpartie. Die stehengelassene Haut wirkte wie eine Maske und machte eines deutlich: Es handelte sich um eine Chinesin. Das restliche Gesicht war als solches nicht zu erkennen. Die Nase war gebrochen, der Kiefer und die Wangenknochen waren zertrümmert. Knochensplitter hatten sich in das umliegende Gewebe gedrückt, und da es nicht mehr durch Haut geschützt war, konnte

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