Papa
durch einen Zaun entwischt ist. Ya-Long P’an war das Schaf, das Ried entwischt war. Jetzt«, er nickte in Richtung Leiche, »hat er sie sich noch einmal geholt. Er macht dort weiter, wo er damals unterbrochen wurde.«
»Und wen holt er sich als Nächstes?« Sie deutete auf den tätowierten Stern.
»Darüber werde ich mir noch Gedanken machen.« Er beschloss, gleich im Anschluss für eine Lagebesprechung zu Maik zu fahren. Wenn sie schon beide beurlaubt waren, konnten sie sich auch beide um diese Sache kümmern.
»Hey«, Emily Gäter pfiff durch die Zähne. »Was haben wir denn hier?« Sie drehte sich um und nahm eine Pinzette vom Besteckwagen. Mit ihr zog sie ein kleines Päckchen aus dem geöffneten Magen der Leiche und betrachtete es von allen Seiten.
Robert schluckte die Übelkeit hinunter, versuchte, den sauren Geruch des Mageninhalts zu ignorieren, und beugte sich zu ihr. »Was ist das?«
»Etwas, das nicht da reingehört, würde ich sagen.«
Das Päckchen hatte nur die Länge von etwa einem Zentimeter und war flach. Ein Kunststoffbeutel schützte den Inhalt.
»Hat sicher keinen Spaß gemacht, das zu schlucken.«
Gäter blickte ihn vorwurfsvoll an, sagte aber nichts.
»Ich muss sehen, was darin ist.« Robert langte nach ein paar Gummihandschuhen, zog sie über und nahm das Päckchen an sich. Es glitt in seinen Fingern hin und her. Vorsichtig riss er den Kunststoff auf und öffnete es.
Zum Vorschein kam eine Speicherkarte. Dieses Mal pfiff Robert. »Ich glaube, da will uns der Mörder etwas mitteilen. Darf ich Ihren Computer benutzen?«
»Natürlich. Hauptsache, Sie lassen die Karte im Anschluss hier.«
»Ja, ja, klar. Ähm, sind wir hier dann fertig?«, fragte Robert betont beiläufig und steckte seinen Notizblock ein.
Gott, bitte sag ja!
Gäter legte die Pinzette auf den Besteckwagen. »
Ich
bin es nicht. Aber falls Ihre Frage darauf abzielt, ob ich noch neue Erkenntnisse für Sie haben werde, so lautet die Antwort: nein. Alle weiteren Ergebnisse kommen aus dem Labor.«
»Gut, dann schaue ich, was hier drauf ist, und mache mich dann auf den Weg.«
Danke, danke, danke!
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.«
»Dafür bin ich da.«
»Rufen Sie mich wieder auf meinem privaten Handy an, falls noch eine Leiche, die zu unserem Fall passt, hier auftaucht?«
»Die Leichen tauchen hier in der Regel nicht einfach auf. Sie werden angemeldet und angeliefert.«
»Ich danke Ihnen«, er warf ihr eine Kusshand und ein, wie er hoffte, charmantes Lächeln zu und ging in das Büro nebenan. Dort schob er die Speicherkarte in den Leseschlitz des Laptops, der auf dem Schreibtisch stand. Seine Handflächen wurden feucht. War hier der Hinweis, der ihn zu Lilly führte?
Bei den angegebenen Wechselmedien auf dem Computer tauchte ein neuer Ordner auf.
Für die Polizei
stand darauf.
Roberts Puls beschleunigte sich, als er den Ordner öffnete. Ein Fenster ging auf und zeigte eine einzelne Datei. Ein Video. Er klickte drauf.
Das Bild war verrauscht und dunkel. Offenbar mit einem Handy gedreht. Ein paar Sekunden lang war nur eine Straßenlaterne zu erkennen. Dann schob sich ein Auto ins Bild. Eine Frau stieg aus, blickte sich um, tat so, als suchte sie etwas in ihrer Handtasche. Dann ging sie zum Kofferraum, fasste hinein und zerrte einen Sack heraus.
Offenbar war er schwer.
Nein, Robert beugte sich näher zum Bildschirm, das war kein Sack. Es war ein Mensch. Die Frau ließ die Person zu Boden gleiten und hinter dem Auto liegen. Dann stieg sie wieder ein und fuhr davon. Nach ein paar weiteren Sekunden endete das Video.
Robert klickte auf den Button der Suchleiste und zog ihn ein Stück zurück.
Die Frau stieg aus dem Auto und suchte im Schein der Laterne in ihrer Handtasche herum. Dann blickte sie auf.
Robert drückte auf Pause. Er kannte das Gesicht. Maik hatte ihm ein Foto von ihr gezeigt. Es war Michelle. War
sie
die Mörderin? Machte sie vielleicht gemeinsame Sache mit ihrem Exmann? Aber was sollte dann das Video in der Leiche bezwecken? Vielleicht ein Streit unter Liebenden? Dann hatte sie von Anfang an gewusst, wo Lilly war?
Robert nahm die Speicherkarte aus dem Laptop und steckte sie ein. Es gab einen Grund, warum Ried dieses Video in die Leiche gesteckt hatte. Wenn Michelle verhaftet würde, hätte Robert keine Chance mehr, sie zur Rede zu stellen.
Bis dahin durfte niemand von diesem Video wissen.
Robert stand auf. Durch die Glasscheibe konnte er in die Sezierhalle schauen, wo Gäters Assistentin den Müll
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