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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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wiederzukommen.
    DER SONNTAGSREDAKTEUR kam einige Tage später mit einem Anliegen der Chefredaktion zu meinem Bruder. Er wollte mit ihm über die Bildung eines neuen Teams reden. Obwohl gegen einige Amtsleiter im County Anklage erhoben worden war, kamen sie offenbar nicht auf die Idee, dass mein Bruder allein arbeiten könnte.
    »Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen«, sagte der Sonntagsredakteur. »Vielleicht kommt Acheman nicht mehr zurück.«
    Mein Bruder lehnte ab.
    YARDLEY ACHEMAN widmete sich wieder seinem Buch, und ich sah meinem Bruder zu, wie er nach einer neuen Story Ausschau hielt und sich dabei so verausgabte, wie er es bei der Story selbst getan hätte, aber er konnte kein Thema mit Leuten finden, die ihn interessierten. Die Redakteure schlugen ihm natürlich Storys vor, nur glichen die allzu sehr jenen, die er bereits geschrieben hatte.
    Yardleys Anrufe begannen erneut, R-Gespräche, vier oder fünf Mal am Tag, manchmal auch in einer Stunde. Mein Bruder nahm sie alle entgegen und räumte die eigene Arbeit zur Seite, um Yardleys Fragen beantworten zu können. Er musste nicht einmal mehr in den Mitschriften oder seinen Notizen nachschauen, er kannte jedes noch so kleine Detail.
    Diese Anrufe verrieten eine gewisse Not, und wenn ich einmal den Hörer abnahm, hatte Yardleys Stimme ihren selbstsicheren Klang verloren. Mir kam der Gedanke, dass es längst nicht so unterhaltsam war, ein Buch zu schreiben, wie den Vertrag dafür zu unterzeichnen.
    Ich erinnere mich an einen Anruf einige Monate später, einen völlig anderen Anruf, bei dem mein Bruder nur den Hörer an sein Ohr hielt und lange Zeit bloß zuhörte. Langsam begann er zu nicken. »Ich könnte dir ein paar Hundert leihen«, sagte er.
    Ich konnte die Stimme am anderen Ende der Leitung hören, und wieder nickte mein Bruder. Er nahm einen Stift und schrieb eine Adresse auf. »Ich schick’s noch heute ab«, sagte er, und dann legte er auf.
    Er schaute mich an und sagte: »Elaine muss ziemlich teuer sein.«
    Er lächelte einen Augenblick, freute sich über das, was er gesagt hatte, machte sich wieder an die Arbeit und wunderte sich. Wahrscheinlich über diese gemeine Bemerkung.
    DAS GELD HIELT IN NEW YORK nicht lange vor, und Yardley Acheman kehrte wütend und pleite zur
Times
zurück, das unvollendete Buch im Gepäck. Seine Frau blieb, wo sie war.
    Am ersten Tag nach seiner Rückkehr kam ein Anruf von Helen Drew. Yardley wusste nicht mehr, wer sie war, bis sie ihn daran erinnerte, dass sie in den Swimmingpool gefallen war. Sie sei hineingefallen, genauso drückte sie sich aus.
    »Ach ja, richtig«, sagte er, »wie geht es Ihnen?«
    Ich war gerade im Büro, und er sah auf und blinzelte mir zu.
    Sie fragte ihn, ob er einige Minuten Zeit für sie hätte.
    »Ehrlich gesagt, mit dem Buch und alldem habe ich so viel zu tun, dass ich zur Zeit keine Interviews gebe.«
    »Wir haben uns gerade die Pulitzerstory angesehen«, sagte sie, »und da sind einige Fragen aufgetaucht.«
    »Wir?« sagte er. »Wer ist wir?«
    »Meine Redakteure und ich.«
    »Und Sie haben sich gerade meine Pulitzerstory angesehen?«
    »Es gab da ein paar Dinge, über die wir uns gewundert haben.«
    Yardley warf mir wieder einen Blick zu, doch diesmal gab es nichts zu blinzeln. »Ich habe für solchen Mist keine Zeit«, sagte er. »Ich weiß nicht, was Sie da für einen beschissenen Korinthenkacker-Journalismus veranstalten, aber ich habe dafür keine Zeit.«
    Dann knallte er den Hörer auf die Gabel und stolzierte aus dem Büro. Einen Augenblick später klingelte das Telefon meines Bruders.
    TROTZ YARDLEY ACHEMANS EINWÄNDEN sprach mein Bruder im Lauf der nächsten Monate mehrere Male mit Helen Drew. Offenbar rollte sie die ganze Geschichte noch einmal auf, Stück für Stück. Niemand wusste warum. Sie rief wegen jeder Kleinigkeit an, da sie nicht weitergehen wollte oder konnte, solange nicht alle einzelnen Schritte zweifelsfrei geklärt waren. Sie schien die Dinge zwar nie im ersten Anlauf auf die Reihe zu bringen, war aber letzten Endes sehr gründlich. Und mehr kann man von einem Reporter nicht verlangen.
    Yardley Acheman glaubte inzwischen, dass sie ein eigenes Buch schrieb, und es machte ihn wütend, dass Ward mit ihr redete. Er ging zu den Redakteuren, um sich zu beschweren. Doch Yardley hatte ihnen einmal zu oft gedroht und besaß längst nicht mehr jenen Einfluss, den er einmal gehabt hatte. Sie sagten ihm, dass sie nichts dagegen unternehmen könnten.
    AN EINEM

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