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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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soll Yardley derjenige sein, der die Storys schreibt.«
    Mein Vater nickte. Er fand es sinnvoll, dass der eine die Arbeit erledigte und der andere den Artikel schrieb. Er stand auf, ging an den Kühlschrank und schenkte sich noch ein Glas Wein ein. »Fragt man sich nur, wer das Sagen hat«, meinte er, nachdem er sich wieder hingesetzt hatte.
    Er sagte es, als hätte der eine den anderen auf Abwege geführt.
    MR. PINE BESCHLOSS , keinen weiteren Besuch bei seinem Klienten zu bewilligen. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dem Mann seine Ruhe zu gönnen«, sagte er bekümmert, aber freundlich.
    »Mr. Pine«, begann mein Bruder, »Mr. Acheman und ich haben noch eine Menge Arbeit zu erledigen. Arbeit, die im Interesse Mr. Van Wetters liegt.«
    Der alte Mann seufzte. »Ich habe alles getan«, sagte er. »Die Berufungen wurden eingelegt und abgelehnt.« Er schwieg, als hätte er eine große Last zu tragen. »Bei allem gebührenden Respekt, meine Herren, aber Ihre Zeitung kann nichts für diesen Mann tun, was ich nicht tun könnte. Seine Möglichkeiten sind erschöpft, und man erweist ihm keinen Gefallen, wenn man ihm neue Hoffnungen macht.«
    »Seit dem Prozess sind Sie nicht mehr bei ihm gewesen«, sagte Charlotte Bless. Zum ersten Mal richtete sie das Wort an Mr. Pine, ohne zuvor angesprochen worden zu sein. Auf seinem Gesicht spiegelte sich dieser Affront wider. Er sah aus, als wäre er geschlagen worden.
    »Die Verlobte«, sagte er.
    Sie stand auf und trat vor seinen Schreibtisch. »Ich«, sagte sie, »bin verdammt noch mal der einzige Mensch in diesem Raum, dem es nicht egal ist, was mit Hillary Van Wetter geschieht.«
    Er schaute sie an, musterte ihre Kleidung, überdachte ihr Benehmen und verurteilte beides mit ein und demselben Blick.
    »Schimpfworte schmeicheln keiner Frau«, sagte er.
    »Es gilt noch einige Probleme zu klären«, sagte mein Bruder.
    Weldon Pine musterte ihn mit demselben Blick. »Ist das Ihre Rechtsauffassung, Mr. James?« fragte er.
    »Ich habe eine Rechtsauffassung für Sie«, sagte Yardley Acheman leise. »Hillary Van Wetter hatte Anspruch auf eine sachkundige Verteidigung.«
    »Sie wissen überhaupt nichts über diesen Menschen«, sagte Mr. Pine. »Sie kennen diese Welt doch erst seit fünf Minuten.«
    Und dann erhob er sich, ging zur Tür und hielt sie auf. Langsam nickte mein Bruder.
    »Also gut«, sagte er. »Wenn wir Ihnen dann nur einige Fragen stellen könnten …«
    »Wozu?«
    »Für die Zeitung.«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Kein Kommentar. So lautet meine Antwort: Kein Kommentar.« Er wies auf die Tür.
    »Sie haben Ihren Kommentar bereits abgegeben«, sagte Yardley Acheman. »Alles, was Sie seit unserer ersten Begegnung gesagt haben, ist ein Kommentar.«
    »Nicht für die Zeitung«, sagte er. »Hiermit teile ich Ihnen offiziell mit, dass alles, was ich gesagt habe, einzig Ihrer Information diente, ein Bestreben meinerseits, Ihnen gefällig zu sein. Nichts davon ist zu einer wie auch immer gearteten Weiterverbreitung freigegeben. Außerdem teile ich Ihnen mit …«
    Er schien immer kleinlauter zu werden, je länger er redete.
    »Fairerweise«, unterbrach mein Bruder, ohne auf die Worte des alten Mannes einzugehen, »würde ich Ihnen gern Gelegenheit geben, auf die Fragen zu antworten.« Er hatte sie sich in sein Notizbuch geschrieben. Mr. Pine stand an der offenen Tür, hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, uns hinauszuweisen, und dem Wunsch, die Fragen zu hören. Da er schwieg, begann mein Bruder vorzulesen.
    »Warum hat in Mr. Van Wetters Fall die Anklage niemals Rechenschaft über das Fehlen der Waffe ablegen müssen?«
    Der alte Mann blieb still und wartete.
    »Warum hat in Mr. Van Wetters Fall die Anklage niemals Rechenschaft über das Fehlen der blutbefleckten Kleidung ablegen müssen?«
    Wie über eine große Entfernung hinweg stierte Weldon Pine ans andere Zimmerende. Fast schien es, als beobachte er ein heraufziehendes Unwetter.
    »Welche Anstrengungen«, sagte mein Bruder, »haben Sie unternommen, um Tyree Van Wetter, Mr. Van Wetters Onkel, ausfindig zu machen?«
    Der alte Mann wandte den Blick von meinem Bruder ab und sah uns einen nach dem anderen an.
    »Welche Anstrengungen haben Sie unternommen, um festzustellen, wo sich Mr. Van Wetter am Abend der Ermordung von Sheriff Call aufgehalten hat?«
    Der alte Mann sah das Gewitter heraufziehen, und da er dagegen machtlos schien, schlüpfte er durch die Tür, als ginge er ins Haus, um dort das Unwetter abzuwarten.

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