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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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weit«, sagte er aufs Neue.
    »Yardley wird eine ganze Weile brauchen, um die Story zu schreiben«, sagte der Mann. Seine Stimme klang verständig und freundlich. »Sie tun, was Sie tun müssen, und er tut, was er tun muss, und auf die eine oder andere Weise werden wir die Geschichte in die Zeitung bringen.«
    Mein Bruder sprach kein Wort mehr mit dem Mann aus Miami, selbst als der ihm eine Geschichte aus jenen Tagen erzählte, in denen er als Reporter einer Story so nahe gekommen war, dass er sie schließlich nicht mehr schreiben konnte.
    »Diese Story«, sagte er leise, »hat mir den Pulitzer eingebracht.«
    Dieser Preis galt als Beweis, dass er recht hatte mit dem Rat, den er meinem Bruder erteilte, und auch mit allem anderen, wovon noch die Rede war. Er ließ einige Sekunden verstreichen, damit wir die Tragweite seiner Leistung begreifen konnten. Dann sagte er: »Hätte mir mein Redakteur nicht in den Hintern getreten, dann hätte ich sie wohl nie zu Papier gebracht und würde noch heute an meinem Schreibtisch im Büro der
Miami Times
in Broward County sitzen und daran herumfeilen.«
    Der Mann klopfte Ward beim Hinausgehen auf die Schulter, und dann waren wir drei wieder allein im Zimmer.
    »Ich dachte nur, die Ansicht eines Außenstehenden würde uns guttun«, sagte Yardley Acheman. »Ich wusste nicht, dass er herkommt und uns erzählt, was wir zu tun haben.«
    Ward nickte und erhob sich. Er nahm seine Notizen vom Schreibtisch, alle Mitschriften und Aussagen, ging durchs Zimmer zu Yardley Acheman und warf sie ihm vor die Füße. Er sah sich kurz nach mir um – ich wusste nicht, ob er wollte, dass ich mitkomme oder dass ich ihn allein lasse –, und dann ging er aus dem Zimmer.
    Ich stand auf, um ihm zu folgen, und Yardley Acheman rief mir etwas nach, da er glaubte, ich würde es Ward ausrichten. »Es musste sein!«
    In dem Augenblick kam mir der Gedanke, dass ich mich vielleicht schon zu lange in Lately aufhielt. Ich hatte zu viel Zeit damit verbracht, Leute anzustarren, die hier lebten, zu viel Zeit damit, Hillary Van Wetter im Besucherzimmer in Starke anzustarren, und ich hatte auch Charlotte Bless zu lange angestarrt.
    Wenn ich aber lange genug auf etwas starrte, verschwammen die Konturen, und ich konnte nicht mehr erkennen, was es war. Alles verschmolz miteinander.
    MEIN VATER WAR ERLEICHTERT , als er hörte, dass Yardley Acheman endlich damit begonnen hatte, die Story zu schreiben.
    »Wird es für Mr. Acheman also Zeit, sich an die Arbeit zu machen.« Das waren die Worte, die er gebrauchte. Aber meinem Vater war es egal, ob Yardley Acheman arbeitete oder nicht. Er war froh, dass mein Bruder aufgehört hatte, in Moat County herumzuschnüffeln.
    »Sie fahren bestimmt nach Miami zurück, um die Geschichte dort zu schreiben«, sagte er und meinte es zugleich als Frage an mich.
    »Ich weiß nicht«, antwortete ich.
    »Es gibt keinen Grund, noch länger zu bleiben«, sagte er.
    Wir aßen Brathähnchen mit Salzkartoffeln, und er war bei seiner zweiten Flasche Wein. Mein Vater beobachtete mich, die Lippen am Weinglas, und wartete, ob ich ihm zustimmte, als ob meine Zustimmung seine Hoffnung wahr werden lassen würde.
    Ich überraschte mich dabei, wie ich an einen Nachmittag dachte, kurz nachdem meine Mutter verschwunden war, und daran, wie mein Vater in die Küche gekommen war, während Anita Chester Kartoffeln fürs Mittagessen kochte. Er hatte drei Flaschen Rotwein getrunken, ein Glas nach dem anderen, und er fuhr mit einer Gabel ins kochende Wasser, spießte eine weiche Kartoffel auf und steckte sie sich – ganz – in den Mund.
    Er taumelte rückwärts durch die Küche, fasste sich in den Mund, versuchte, die Kartoffel herauszuholen, fiel erst über den Tisch und dann durch die Verandatür auf den Hof.
    Anita Chester folgte ihm nach draußen, in der Hand einen Spatel, und beugte sich auf dem Hof über ihn. Er konnte die Kartoffel nicht herausbekommen, also zerkaute er sie und schluckte sie herunter. »Mr. Ward«, sagte Anita Chester, »haben Sie den Verstand verloren?«
    Er sah mit tränenden Augen zu ihr auf, hustete und nickte. Sie starrte ihn noch einen Augenblick an, wandte sich dann ab und ging zurück ins Haus, als würden ihr weiße Männer ständig derlei Geständnisse machen.
    Ich sah ihn an und dachte daran, wie er im Hof auf dem Rücken gelegen hatte. »Wenn ich mich nicht gänzlich täusche, dann wird Mr. Acheman keinen Augenblick länger als unbedingt nötig in Lately bleiben«, sagte er.
    Und

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