Papilio Mariposa
zuhören
wollte. Als das Konzert zu Ende war, verschwand er in
dem Nachtgewölke.«,
U m diese Zeit erlebte ich
die Freude, einen Lieblingswunsch erfüllt zu sehen. Ich
hatte ein Landhaus in Grinzing gekauft. Die Einrichtung
war fertiggestellt, nun konnte ich die Villa beziehen.
Nicht nur das Unglück, auch die Freude kommt selten
allein. Auch die Erfüllung eines anderen, noch
sehnlicheren Wunsches war mir beschieden: Désirée
willigte endlich ein, meine Frau zu werden. Immer wieder
hatte sie die Erfüllung dieser Bitte hinausgeschoben.
Bald war es ihre Jugend, auf die sie sich berief,
bald die Vollendung ihrer Universitätsstudien, die sie
erst abwarten wollte.
In Augenblicken des Zweifels sagte ich mir, daß dies
nur Ausflüchte seien. Liebte sie mich von ganzem Herzen,
sie würde nicht zögern. Aber sie liebte nicht mich,
nicht einmal meine Liebe, sie liebte meine Vorzüge. So
ist nun einmal die Art gefeierter Frauen. Vielleicht
wollte sie Zeit gewinnen, um auch die anderen Männer
zu prüfen, die ihr huldigten. Darunter waren reichere
als ich, jüngere, hübschere.
Schwer genug litt ich dabei. Aber ich wagte nicht, sie
vor ein Entweder—Oder zu stellen, denn ich fürchtete,
sie damit ganz zu verlieren. Was sollte ich tun? Ich war
über vierzig, sie kaum zwanzig und wunderschön. Ich
war ihr verfallen.
Endlich hatte sie mir ihr Jawort gegeben. Nun
glaubte ich sie ganz errungen zu haben, und darin erblickte
ich die Krönung meines Lebens.
Heute war Désirées Geburtstag. Am heutigen Tage
wollte ich mein neues Landhaus beziehen. Meinen Einzug
feierte ich durch ein Mahl, welches zugleich auchVerlobungs- und Geburtstagsfeier sein sollte. Doch
hatte ich nur einen einzigen Gast geladen: Désirée.
Die Mahlzeit auf der Terrasse einzunehmen war unmöglich,
denn es regnete in Strömen. Ich ließ darum
im Herrenzimmer servieren.
Der Raum war in demselben silbern-schwarzen Ton
gehalten wie die Bibliothek Mariposas: lichter Teppich,
schwere, dunkle Möbel, an den Wänden farbig leuchtende
Gemälde. In den Garten führten breite Fenstertüren.
Sie waren jetzt wegen des Regenwetters verhängt
von gelben wolkigen Gardinen, so daß die Stube in
ihrem sanft gedämpften Lichte die Stimmung wohliger
Geborgenheit atmete.
Die Mahlzeit war beendigt. Das Gespräch stockte.
Ich zündete mir eine Zigarre an und blickte, behaglich
träumend, nach dem Rauche, der sich in blauen Ringen
kräuselte.
»Einer fehlt jetzt hier«, sprach ich halblaut vor mich
hin.
»Wir werden ihn wohl nie mehr sehen«, setzte Désirée
bekümmert fort. »Wie dumm mein Hochmut doch
gewesen ist . . . Zu spät habe ich sein Genie erkannt.
Dabei war so viel Liebe in ihm, und es war niemand
da, der sie entgegengenommen, der sie erwidert
hätte . . . Armer, edler Mariposa . . . Wie gerne wollte
ich gutmachen . . .«
Mich überraschte Désirées Trauer; fast machte sie
mich eifersüchtig.
»Komm, Liebste«, sagte ich, »wir wollen seiner in
Freundschaft gedenken, aber wir dürfen uns dieses
dreifache Fest nicht zerstören. Über dem dunklen
Grunde der Trauer um den Freund soll die schöne Gegenwart
umso heller leuchten.«
Die Genüsse der Tafel und der behaglich schöne
Raum, die Freude an meinem neuen Besitztum, die
Freude an Désirée, all dies hatte mich in heiterste
Laune versetzt, und diese frohe Stimmung schien sich
allmählich meinem schönen Gaste mitzuteilen.
Wunderbar war der wechselnde Ausdruck ihrer großen
dunkelblauen Augen. Bald strahlten sie in schwärmerischem
Glanze, bald erloschen sie in einem träumenden
Dunkel, indes ich zu ihr sprach.
Doch galt dies wirklich meinen Worten? Ihr Blick
war nicht auf mich gerichtet, ihre Blicke mieden mich;
In mir erwachte peinigende Ungewißheit: Ich mußte
sie unausgesetzt betrachten, ihren Mund und ihre
Augen. Und da sagte mir irgendein Rest von Künstlerschaft,
eine Ahnungskraft meines liebenden Herzens,
daß nicht ich es bin, dem dieses Leuchten ihrer Augen,
dieses Lächeln ihres Mundes gilt; daß sie anderen,
neuen Freuden entgegenlächelt, unbekannter holder
Rede, etwas Unbekanntem, einem Unbekannten.
Sie wurde merklich unruhig und zerstreut. Auch
blickte sie wie unwillkürlich nach dem Fenster. Mitten
im Gespräche, offenbar einem plötzlichen Einfall
folgend, bat sie mich, ich möge die Gardinen hochziehen,
sie wolle den Garten sehen. Mir erschien der
unvermittelte Wunsch zwar befremdlich, doch beeilte
ich mich, ihn zu erfüllen. Umso lieber, als mir
dies den Vorwand bot, das Licht
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