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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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denn der Busch ist nicht sehr dicht. Van Hue vermeidet es, die Zweige oder Lianen, die sich ihm entgegenstellen, mit dem Buschmesser abzuschneiden. Er schiebt sie lieber beiseite.
Quiek-Quiek
    In weniger als drei Stunden erreichen wir einen sumpfigen Pfuhl. Seerosen und große grüne Blätter liegen auf ihm. Wir gehen am Rand entlang.
    »Gib acht, daß du nicht ausrutschst, sonst bist du verloren«, warnt mich Van Hue, als ich einmal strauchle.
    »Geh voran, ich folge dir«, sage ich. »Ich werde besser acht geben.«
    Vor uns, ungefähr hundertfünfzig Meter, eine kleine Insel. Aus der Mitte des winzigen Eilandes steigt Rauch auf. Dort müssen Köhler sein. Ich bemerke im Sumpf einen Kaiman, nur seine Augen schauen hervor.
    Wovon das Krokodil sich wohl ernährt in diesem Sumpf?
    Nachdem wir mehr als einen Kilometer auf der Böschung dieses Sumpfteiches hinter uns gebracht haben, bleibt Van Hue stehen und beginnt einen leisen chinesischen Singsang anzustimmen. Ein Mann nähert sich bis zum Rand der Insel. Er ist klein und nur mit Shorts bekleidet. Die beiden Gelbhäute reden miteinander.
    Es dauert lange, und ich fange schon an ungeduldig zu werden, als sie endlich aufhören.
    »Komm«, sagt Van Hue. Ich folge ihm ein Stück auf dem Weg, den wir hergekommen sind.
    »Alles geht gut, es war ein Freund von Quiek-Quiek. Quiek -Quiek ist auf die Jagd gegangen, er wird nicht spät zurücksein. Wir müssen ihn hier erwarten.«
    Wir setzen uns nieder, nach kaum einer Stunde kommt Quiek-Quiek. Es ist ein kleiner, ausgetrockneter Kerl, ein gelber Annamite, die Zähne stark lackiert, fast schwarz glänzend, mit intelligenten, freimütigen Augen.
    »Du bist ein Freund meines Bruders Tschang?«
    »Ja.«
    »Gut so. Du kannst gehen, Van Hue.«
    »Danke«, sagt Van Hue. »Da, nimm dieses Rebhuhn mit.«
    »Nein, danke.« Van Hue drückt mir die Hand und ist fort.
    Quiek-Quiek zieht mich hinter einem Schwein her, das vor ihm geht. Er folgt dem Schwein buchstäblich in dessen Spur.
    »Gib gut acht, Papillon, der leiseste Fehltritt, und du versinkst. Wenn einer verunglückt, kann der andere ihm nicht helfen, denn dann verschwindet nicht nur der eine, sondern alle beide. Der Weg hinüber ist nie derselbe, weil sich der Sumpf ununterbrochen verändert und bewegt, aber das Schwein findet immer einen Übergang. Einmal habe ich zwei Tage warten müssen, um wieder hinüberzukommen.«
    Tatsächlich, das schwarze Schwein nimmt Witterung und bewegt sich dann schnell über den Sumpf. Der Chinese spricht mit ihm in seiner Sprache. Ich bin platt. Dieses kleine Tier gehorcht ihm wie ein Hund.
    Quiek-Quiek beobachtet es, und ich sperre Mund und Augen auf. Das Schwein ist auf die andere Seite hinübergewechselt, ohne irgendwo tiefer als ein paar Zentimeter einzusinken. Mein neuer Freund geht nun seinerseits schnell los und sagt zu mir: »Setz deine Füße genau in meine Fußstapfen. Wir müssen sehr schnell machen, denn die Löcher, die das Schwein hinterläßt, schließen sich gleich wieder.«
    Wir sind ohne Schwierigkeiten hinübergekommen. Der Sumpf ist mir nie höher als bis zu den Knöcheln gestiegen, und das auch nur gegen Ende unserer Überquerung. Das Schwein hatte zwei lange Umwege gemacht, was uns nötigte, auf dieser schwankenden Schicht mehr als zweihundert Meter zu machen. Ich bin in Schweiß gebadet. Ich muß sagen, ich hatte nicht nur Angst, ich war tatsächlich von panischem Schrecken erfaßt. Beim ersten Teil des Übergangs fragte ich mich, ob das Schicksal wohl beabsichtige, mich ebenso sterben zu lassen wie Sylvain. Ich sah ihn vor mir, den Armen, in seiner letzten Minute, und hellwach, wie ich war, erkannte ich genau seinen Körper – aber sein Gesicht schien meine Züge zu tragen! Es war ein furchtbares Erlebnis, dieser Übergang, ich werde es nie vergessen.
    »Gib mir die Hand.« Quiek-Quiek, dieser kleine Kerl, nichts als lauter Haut und Knochen, hilft mir auf die Böschung hinauf.
    »Na also, mein Freund, hier werden uns keine Menschenjäger besuchen.«
    Ich blicke mich um. »Ganz gewiß nicht.«
    Wir dringen in die Insel ein. Der Geruch von Kohlengas benimmt mir den Atem. Ich huste. Es kommt von den zwei Kohlenmeilern. Von Moskitos wird man hier ganz bestimmt in Ruhe gelassen. Windgeschützt und von Rauch umhüllt steht da eine Schutzhütte, ein kleines Häuschen mit einem Blätterdach und mit Wänden, die ebenfalls aus Blättermatten bestehen. Eine Tür, und davor der kleine Indochinese, den ich schon vorher gesehen

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