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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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tauchen fünf Schuhe auf. Mir ist sofort klar, daß jeder dieser Schuhe, die da mit ihren Sohlen nach unt en herunterhängen, zu einem Fuß und zu einem Bein gehört. Es müssen also drei Männer in dem Meiler verglosen. Unnötig, meine erste Reaktion zu beschreiben, es lief mir kalt über den Rücken. Ich bücke mich und schiebe die Holzkohle mit dem Fuß ein wenig beiseite, da taucht der sechste Fuß auf.
    Dieser Quiek-Quiek ist nicht nur ein Totschläger, er verwandelt die Kerle, die er serienweise umbringt, auch noch zu Knochenkohle. Ich bin so aufgewühlt, daß ich mich von dem Meiler entferne und zur Lichtung hingehe, um etwas Sonne abzubekommen. Ich brauche Wärme. Denn trotz der stickigen Tropenhitze ist mir plötzlich kalt, und ich habe das Bedürfnis nach einem kräftigen Sonnenstrahl.
    Wenn man das liest, wird man denken, daß das unlogisch ist. Daß ich vielmehr nach einer solchen Entdeckung hätte in Schweiß ausbrechen müssen. Nein, so war es eben nicht, ich werde von Kälte geschüttelt, erstarre moralisch und physisch zu Eis. Erst viel später, erst nach mehr als einer Stunde, bricht mir der Schweiß aus und beginnt von meiner Stirn herunterzufließen. Denn je länger ich daran denke, daß ich Quiek-Quiek mitgeteilt habe, daß in meinem Stöpsel viel Geld ist, desto mehr muß es mir wie ein Wunder erscheinen, daß ich noch lebe. Ob er mich nur in Reserve hält, um mit mir einen dritten Kohlenmeiler anzulegen?
    Ich erinnere mich, daß mir sein Bruder Tschang erzählt hat, Quiek-Quiek sei für Seeräuberei und Mord an Bord einer Dschunke zum Tod verurteilt worden. Als sie das Schiff überfielen, um es auszurauben, brachten sie die ganze Familie um, allerdings aus politischen Gründen. Es sind also Burschen, die auf serienweisen Mord trainiert sind. Anderseits bin ich hier ein Gefangener. Ich befinde mich in einer seltsamen Lage. Sehen wir einmal zu, was sich da tun läßt. Wenn ich Quiek-Quiek auf der Insel töte und
ihn
in den Kohlenmeiler stecke, niemand sieht es, niemand hört es. Aber das Schwein wird mir nicht gehorchen, es spricht nicht einmal Französisch, dieses abgerichtete Schätzchen von einem Schwein. Daher gibt es keine Möglichkeit, von der Insel wegzukommen. Wenn ich den Chineser am Hals packe, wird er mir gehorchen. Aber dann muß ich ihn, nachdem er mich heil von der Insel weggebracht hat, drüben auf festem Boden umbringen.
    Wenn ich ihn in den Sumpf werfe, wird er verschwinden. Aber es muß einen Grund dafür geben, daß er die Burschen verbrennt und nicht in den Sumpf wirft, was doch leichter wäre. Um die Gammler, um die scher ich mich nicht, aber wenn die Chinesen, seine Freunde, auf einmal entdecken, daß ich ihn umgebracht habe, werden sie sich in Menschenjäger verwandeln, und so wie die sich im Busch auskennen, wird es kein Spaß für mich sein, sie auf den Fersen zu haben.
    Quiek-Quiek hat nur einen einläufigen Vorderlader. Er läßt ihn nicht aus der Hand, selbst wenn er das Essen zubereitet. Er schläft mit ihm und nimmt ihn sogar mit, wenn er abseits in den Busch geht, um sein Bedürfnis zu verrichten. Ich muß immer das Messer geöffnet bei mir tragen, aber immerhin muß ich ja auch schlafen.
    Na, da hab ich mir einen guten Kompagnon für die Flucht ausgesucht! Den ganzen Tag habe ich nichts gegessen, und ich bin noch zu keinem Entschluß gekommen, als ich singen höre. Es ist Quiek-Quiek, der zurückkehrt. Hinter Zweigen versteckt, sehe ich ihn herankommen. Er trägt einen Packen auf dem Kopf, und erst als er schon nahe am Sumpfrand ist, zeige ich mich. Lächelnd reicht er mir den mit einem Mehlsack umgebenen Packen, klettert das Ufer herauf und geht schnell auf das Häuschen zu. Ich folge ihm.
    »Gute Nachrichten, Papillon. Chocolat ist wiedergekommen. Er hat das Boot noch. Er meint, es kann mehr als fünfhundert Kilo tragen, ohne unterzusinken. Was du da trägst, das sind Mehlsäcke, um daraus das Segel und auch eine Fock zu machen. Es ist der erste Packen, morgen holen wir die anderen, denn du kommst mit mir, um zu sehen, ob dir das Boot paßt.«
    Das alles erklärt mir Quiek-Quiek, ohne sich umzuwenden. Wir gehen hintereinander, zuerst das Schwein, dann er, dann ich. Mir fährt durch den Kopf, daß er nicht danach aussieht, mich in den Meiler zu stecken, da er doch die Absicht zu haben scheint, mir morgen das Boot zu zeigen, und überdies beginnt er schon mit den Vorbereitungen für die Flucht: er hat sogar Mehlsäcke gekauft.
    »Höre, ein Kohlenmeiler ist

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