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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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nie vergessen.« Und ich küsse ihm die Hände.
    »Du wirst wegfahren, mein Sohn, und neuen Gefahren trotzen müssen. Icn würde dich gerne vor deiner Abreise taufen. Was meinst du?«
    »Lassen Sie mich vorläufig, wie ich bin, Vater. Mein Papa hat mich ohne Religion aufgezogen. Er hat ein Herz aus Gold. Als meine Mutter starb, hat er, um mir noch mehr Liebe entgegenzubringen, alle Gesten, Worte und Aufmerksamkeiten einer Mutter zu finden und zu entfalten gewußt. Mir ist, als würde ich einen Verrat gegen ihn begehen, wenn ich mich jetzt taufen ließe. Lassen Sie mir Zeit, ein freier Mensch zu werden, in ein normales Leben zurückzukehren, dann werde ich ihm schreiben und ihn fragen, ob ich, ohne ihn zu kränken, mich von seiner Philosophie abwenden und mich taufen lassen kann.«
    »Ich verstehe dich, mein Sohn, und bin überzeugt, daß Gott mit dir ist. Ich segne dich und bitte Gott, dich zu beschützen.«
    »Wie Exzellenz Irene«e de Bruyne sich das alles so ausmalt in seiner Predigt«, sagt Doktor Naal zu mir.
    »Gewiß, Monsieur … Und was gedenken
Sie
jetzt zu tun?«
    »Ich werde den Gouverneur bitten, daß er beim Zoll anordnet, mir das Verfügungsrecht über das erste vom Sturm verschlagene Schmugglerschiff zu überlassen. Sie werden mit mir kommen, es zu begutachten. Alles übrige, Nahrungsmittel und Bekleidung, ist kein Problem.«
    Am Tag der Predigt des Bischofs haben wir ständig Besuch, vor allem abends, gegen sechs. Die Leute wollen uns kennenlernen. Sie setzen sich auf die Bänke um den Tisch, und jeder bringt etwas mit, das er, ohne ein Wort zu sagen, auf einem der Betten liegenläßt. Gegen zwei Uhr nachmittags kommen noch die Barmherzigen Schwestern mit ihrer Oberin, die sehr gut Französisch spricht. Ihr Korb ist immer voll leckerer Sachen, die sie selbst gekocht haben. Die Oberin ist sehr jung, noch keine Vierzig. Man sieht ihr Haar nicht, es ist unter der weißen Haube verborgen, aber sie hat blaue Augen und blonde Brauen. Sie stammt aus einer noblen holländischen Familie, wie Doktor Naal weiß, und hat in ihre Heimat geschrieben, ob sich nicht etwas anderes tun ließe, als uns wieder auf See zu schicken. Wir verbringen schöne Minuten miteinander, und nach einigen weiteren Besuchen läßt sie sich von mir die ganze Geschichte unserer Flucht erzählen.
    Manchmal bittet sie mich, sie auch den Französisch sprechenden Schwestern, die sie begleiten, zu erzählen, und wenn ich dann eine Kleinigkeit vergesse oder überspringe, mahnt sie mich leise: »Nicht so schnell, Henri, Sie haben die Geschichte vom Hocco übersprungen. Und warum lassen Sie heute die Ameisen aus? Die Ameisen sind sehr wichtig, denn sie haben dazu geführt, daß Sie von dem Bretonen mit der Maske überrascht wurden…« Also erzähle ich alles, alles, denn diese Minuten sind zu schön, so ganz anders als unsere sonstigen Erlebnisse. Es ist, als leuchte ein unwirkliches, himmlisches Licht über unserer Höllenfahrt und mache sie uns vergessen.
    Ich habe das Schiff besichtigt. Es ist ein prächtiges Boot, acht Meter lang, mit einem soliden Kiel, einem sehr hohen Mast und riesigen Segeln. Es ist wirklich für eine Schmuggelfahrt gebaut, komplett ausgerüstet und obendrein übersät mit Zollsiegeln. Bei der Versteigerung beginnt ein Herr mit sechstausend Gulden, ungefähr tausend Dollar. Kurz nachdem Doktor Naal mit dem Mann ein paar Worte geredet hat, überläßt man es uns für sechstausendundeinen Gulden.Fünf Tage später ist es startbereit: neu gestrichen und mit Lebensmitteln vollgestopft, die im Stauraum fein säuberlich gelagert sind. Dieses zur Hälfte ungedeckte Schiff ist ein königliches Geschenk. Sechs Koffer, für jeden einer, mit neuen Kleidern, Schuhen und allem, was sonst noch dazugehört, stehen in Reih und Glied wasserdicht verpackt unter dem Kajütendach.
Das Gefängnis von Rio Hacha
    Bei Tagesanbruch laufen wir aus. Der Doktor und die Barmherzigen Schwestern sind da, um uns Lebewohl zu sagen. Wir lösen uns leicht von der Pier, der Wind fällt sofort in die Segel. Strahlend geht die Sonne auf, ein Tag ohne Zwischenfall erwartet uns. Ich merke bald, daß das Boot zuviel Segelfläche und nicht genug Ballast hat, ich muß also auf der Hut sein. Wir segeln mit großer Geschwindigkeit. Das Boot ist Klasse, was die Geschwindigkeit betrifft, aber leider empfindlich und labil. Ich halte mich strikt nach Westen. Wir sind übereingekommen, an der kolumbischen Küste heimlich die drei Männer abzusetzen, die in Trinidad zu

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