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Papillon

Papillon

Titel: Papillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henri Charrière
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Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Ich setze mich an Lalis Seite. Sie liegt ausgestreckt auf der Erde, auf einer Hängematte, die ich zusammengelegt habe, um so etwas wie eine Matratze daraus zu machen. Sie blickt starr zur Decke und regt sich nicht. Ich sehe sie an, sehe Zoraima an mit ihrem schon ganz spitzen Bauch, und ich weiß eigentlich nicht, warum, aber ich beginne zu weinen. Meinetwegen wohl, oder ihretwegen? Das soll einer wissen! Ich weine. Dicke Tränen rinnen mir über die Backen. Zoraima, die es sieht, beginnt zu wimmern, und jetzt wendet Lali den Kopf und sieht meine Tränen. Mit einer einzigen Bewegung erhebt sie sich, setzt sich zwischen meine Beine und wimmert ebenfalls leise. Sie umarmt und streichelt mich. Zoraima hat einen Arm um meine Schultern geschlungen, und Lali beginnt auf einmal zu reden. Sie redet und wimmert gleichzeitig, und
Zoraima.
antwortet ihr. Es sieht aus, als mache sie Lali Vorwürfe. Lali nimmt ein faustgroßes Stück Rohrzucker, zeigt mir, daß sie es in Wasser aufweicht, und schlingt es mit zwei Bissen hinunter. Dann geht sie mit Zoraima hinaus. Ich höre, daß sie sich mit dem Pferd beschäftigen. Das Pferd ist gesattelt und gezäumt. Ich gehe nach, lege die Weste aus Hammelfell für Zoraima auf den Sattel, Lali wirft eine zusammengelegte Hängematte darüber. Zoraima klettert als erste ganz vorne hinauf, ich setze mich in die Mitte des Sattels, Lali sitzt ganz hinten. Ich bin so verwirrt, daß ich mit den Frauen fortreite, ohne den Häuptling zu benachrichtigen.
    In der Meinung, daß wir zum Zauberer reiten, schlage ich seine Richtung ein. Aber Lali greift mir in die Zügel und sagt: »Zorillo.« Zu Zorillo also wollen sie. Unterwegs hält Lali sich an mir fest und küßt mich öfters auf den Nacken. Ich halte mit der linken Hand die Zügel, und mit der rechten streichle ich Zoraima. Wir reiten genau in dem Augenblick in Zorillos Dorf ein, als er mit drei vollbeladenen Eseln und einem Pferd aus Kolumbien ankommt. Wir treten in sein Haus, Lali beginnt sofort zu reden, und Zoraima quasselt mit.
    Zorillo erklärt mir folgendes: Bis zu dem Moment, wo ich zu weinen begann, hat Lali geglaubt, daß ich als Weißer keinen Wert auf sie lege. Daß ich weggehen will, weiß sie, aber weil ich ihr nie etwas davon gesagt habe, hält sie mich für falsch. Sie sagt, daß sie tief enttäuscht sei, denn sie habe geglaubt, eine Indianerin wie sie könne einen Mann glücklich machen, und ein glücklicher Mann geht nicht fort. Sie glaubt, daß sie keinen Grund habe, ihr Leben nach einer so schweren Enttäuschung noch fortzusetzen. Zoraima sagt das gleiche und hat überdies Angst, daß ihr Kind wie sein Vater werden könne: ein ehrloser, falscher Mann, der seinen Frauen etwas so Schwieriges zumute wie ich. Sie, die beide ihr Leben für mich gegeben hätten, könnten das nicht verstehen. Warum ich denn vor ihnen davonlaufe wie vor dem Hund, der mich an dem Tag, an dem ich ankam, gebissen hat?
    »Was würdest du tun, Lali, wenn dein Vater krank wäre?« ant worte ich.
    »Ich würde durch Dornen zu ihm gehen, um ihn zu pflegen.«
    »Man hat dich gejagt wie ein Tier. Man hat dich töten wollen. Was würdest du an dem Tag tun, an dem du dich endlich verteidigen kannst?«
    »Ich würde meinen Feind überall suchen und ihn so tief eingraben, daß er sich in seinem Loch nicht mehr umdrehen könnte.«
    »Und wenn du das alles gemacht hast, was würdest du dann tun, wenn du zwei wunderbare Frauen hättest, die auf dich warten?«
    »Ich würde ein Pferd nehmen und zu beiden zurückkehren.«
    »Und genau das werde ich tun, genau das.«
    »Und wenn ich alt und häßlich geworden bin, wenn du zurückkommst?«
    »Ich werde kommen, noch bevor du alt und häßlich bist.«
    »Ja, das Wasser ist aus deinen Augen gelaufen, das hast du nicht absichtlich getan. Du kannst also weggehen, wann du willst, aber du mußt bei Tag, vor aller Augen weggehen, nicht verstohlen wie ein Dieb.
    Du muß weggehen, wie du gekommen bist, um die gleiche Zeit, am Nachmittag, und gut und vollständig bekleidet. Und du mußt bestimmen, wer Tag und Nacht über uns, über mich und Zoraima, wachen soll. Zato ist der Häuptling, aber es muß ein anderer Mann sein, der über uns wacht. Du mußt sagen, daß das Haus dein Haus ist und daß kein Mann, außer deinem Sohn, wenn es einer wird, der da im Bauch Zoraimas wächst, bei dir eintreten darf. Darum muß Zorillo an dem Tag, an dem du weggehst, ins Dorf kommen und sagen, was du zu sagen

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