Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)
Musanthin, denn er fürchtete, sie würde die zugesprochenen Subventionsgelder senken wollen.
„Schau, ich hätte einen Wunsch. Du könntest doch bei Transmar eine klitzekleine Bestellung aufgeben und dann sagen, sie sollen sie ruhig so schicken, du nimmst die Mehrkosten für den Versand in Kauf. Ich werde dir dafür eine einmalige Summe zur Förderung alternativer Kraftstoffe zukommen lassen. Vielleicht bekommt ihr auch einmal einen Preis für euer Engagement, das ist alles möglich“, sagte sie lockend.
„Hm“, erwiderte Musanthin nachdenklich. „Was wird denn in dem Container dann sonst noch transportiert?“
„Das braucht dich überhaupt nicht zu beschäftigen, mein Liebling“, sagte sie sanft.
„Wenn es mich aber interessieren sollte?“
„Es sollte dich nicht interessieren, solange dich die Fördergelder und die Preise interessieren!“ sagte sie scharf und alles Schmeicheln war aus ihrer Stimme verschwunden.
„Naja dann“, sagte Milo Musanthin und Madame Frisolé legte befriedigt den Hörer auf.
Die Berichte über den Hunger in Südamerika häuften sich. Es war aussergewöhnlich, dass die Aufrührer nicht den Ärmsten entstammten, sondern aus den geringfügig begüterten Schichten hervorkamen. Es hatte der Mangel Leute erreicht, die nicht gewohnt waren zu hungern. Menschen, die durchaus in der Lage gewesen waren, sich zu versorgen und die sich einen bescheidenen Wohlstand einräumten. Doch nun waren die Preise in einem Masse gestiegen, dass sie sich ein Nachtessen nicht mehr leisten konnten. Die Landpreise waren gestiegen, die Grundnahrungsmittel wurden unerschwinglich und die Schulkinder gingen hungrig zu Bett.
Es gab Reportagen über die Gewaltbereitschaft aus den Slums und Beurteilungen der sozialen Bedingungen. Es wurde diskutiert, dass diese Bevölkerungsschichten stets latent gewaltbereit waren und dass die extreme Situation diese Eigenschaften hervorkitzelte. Es wurde über Gewaltprävention gesprochen und es wurde angestrebt, Hilfswerke mit entsprechendem Auftrag nach Südamerika zu senden.
Die Probleme in den Favelas in Brasilien , in den Vororten und den Stadträndern von Buenos Aires und den Slums in Paraguay und Uruguay, sie erreichten die internationale Presse und betonten das soziale Ungleichgewicht Südamerikas. Sie wiesen auf Korruption und Missstände hin, welche die Probleme der Agrarkrise mit sich brachten. Die Analysen waren klar und unmissverständlich. Die Journalisten und die Leser waren betroffen und verständnisvoll.
Und die Schulkinder und ihre Eltern gingen weiterhin hungrig zu Bett.
„Die Sache ist nämlich die“, hub Nuuk an. Sie sass mit Siegmar in einem schlichten Restaurant in der Nähe des Sitzes von GreenPower. Am Morgen hatte sie ihm bedeutet, dass es etwas zu besprechen gäbe, hatte aber nicht mehr verlauten lassen. Nun fühlte sie des Professors neugierigen Blick auf sich und schluckte gehetzt ihren Bissen herunter.
„Die Sache ist die: Musanthin ist seit einiger Zeit seltsam. Er ist so unsorgfältig geworden. Ich meine, wir sind doch eine kleine Firma mit wenig Polster. Aber urplötzlich fängt er an, Geld herauszuhauen, als könnten wir es im Vorgarten mähen. Ich frage mich wirklich, wie das enden soll!“ erzählte sie mit gesenkter Stimme.
„Wie verschleudert er denn Geld?“ fragte Siegmar zwischen zwei Bissen.
Nuuk erörterte ihm das Problem mit den Bestellungen und fügte eine Hochrechnung an, wie viel sie mit einer solchen Aktion jeweils verlören.
„Haben wir aber seit diesem Kongress nicht mehr Subventionssgelder zur Verfügung?“ fragte Siegmar nachdenklich.
„Ja, aber das ist doch ein Anstoss, um mehr zu Forschen, nicht um mehr auszugeben! Wir sind darauf angewiesen und wissen nicht, wie lange diese Brünnlein denn fliessen! Wir wissen nicht, wie lange wir diese Gelder noch bekommen“, beharrte Nuuk und blickte Siegmar traurig an. Es widersprach allen ihren Grundsätzen, dass man nachlässig oder verschwenderisch handelte. Das war sinnlos und es war der Grund für die Probleme, welche Natur und Mensch nun bedrückten. Verstand das denn niemand ausser ihr?
„Ich sehe das“, sagte Siegmar. Es war das erste Mal seit ihrer kleinen Affaire, dass sie allein mitsammen waren und er hatte auf eine andere Eröffnung von ihrer Seite gehofft. Nuuk aber schien ganz in dem Problem aufzugehen. Er kannte das bereits an ihr. Sie konnte sich in eine Sache vertiefen, als hänge ihr ganzes Leben, ja eine ganze Welt davon ab. Es
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