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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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für sich und die anderen. Sondern wenn man das tut, was einem am nächsten ist. Oder wenn man einfach zu träge ist, etwas Vernünftiges zu leisten.“
    „Bist du auch manchmal träge?“ fragte sie nun.
    „Was glaubst du?“ erwiderte er und lachte.
    „Ich glaube nicht, dass du träge bist“, sagte sie.
    Vincent schluckte.
    „Ich glaube, jeder ist einmal schwach...“ sagte er dann. „Du nicht?“
    „Ich glaube nicht, dass das mein Problem ist“, erwiderte sie und Vincent sah in Consuelos schattigem Blick eine Bedingungslosigkeit, wie er sie von keinem anderen Menschen kannte.
    „Was ist denn dein Problem?“ fragte er vorsichtig, ihre Antwort gleichwohl scheuend.
    „Das Böse, weisst du“, sagte sie, „Dämonen.“
     
     
    Consuelo sagte Vincent bei Ende des Konzerts, sie gehe zurück in Nuuks Wohnung. Als er sich erstaunt erkundigte, ob sie nicht noch mitkommen wollte, etwas trinken zu gehen, verneinte sie und erklärte, den Heimweg ohne weiteres zu finden. Dann ging sie.
    Als Nuuk und Vincent später heimkehrten, war alles dunkel und die Türe zum Gästezimmer verschlossen. Doch Consuelo sollte erst am nächsten Morgen zurückkehren. Sie war die ganze Nacht fort gewesen, doch sie liess kein Wort verlauten, wo sie verblieben war.
    Sie war durch die nächtlichen Strassen gegangen und hatte sich umgesehen. Endlich gelangte sie in der Nähe des Flusses zu einem schummrig erleuchteten Lokal. Es war ein Privathaus, dessen Türe aufstand und dessen Gang in einen rauchigen Keller führte. Nur mit leichtem Zögern trat Consuelo in den Gang und stieg die ausgetretenen Steinstufen hinab.
    Im Keller roch es nach altem Gemäuer und Stein und etwas wie sandiges Moos lag in der Luft. Schnuppernd trat Consuelo von der Stiege um den dicken Balken herum. Sie sah eine grosse Gruppe von Menschen, die tanzten, tranken und rauchend an den unverputzten Wänden lehnten. Sie hielten Plastikbecher in den Händen und wippten im Rhythmus der stampfenden Musik.
    Ein junger Mann in fussligem Bart trat auf sie zu und fragte: „Kann ich mal deine Einladung sehen?“
    Consuelo sah ihn nur an und er zuckte die Schultern und murmelte: „Na, holst dir halt ‘n Bier.“
    Sie verstand kein Wort und suchte sich unter den Tanzenden einen Platz, wo zwischen den grossen schwarzen Verstärkern der Boden unter den Bässen vibrierte. Sie folgte dem harten Rhythmen und liess die Wellen der Musik auf sich wirken. Sie summte leise, so dass das Vibrieren sie aus ihrer Kehle ebenso bewegte wie die Bässe um sie her. So lange tanzte sie, bis sie nur noch Schwingung war, nichts mehr fühlte als wie das Beben des feuchtkalten Bodens und der schweissdurchdampften Luft um sich her.
    Endlich hob sie die Augen und erwiderte den forschenden Blick, den sie schon lange auf sich fühlte. Verlustig eines jeden Gefühls für Zeit blickte sie in die Augen desjenigen. Es war ein knochiger Mann, mit gebeugtem Rücken. Die Haut seiner Wangen hatte sich eine jugendliche Rundlichkeit erhalten, obschon um seine Augen schon ein feines Netz von Fältchen lag. Er war mager und rötlichblond waren seine Haare. Wie die Morgensonne dachte Consuelo, als sie wie schlafwandelnd zur Schenke trat, gleich neben ihn. In Spanisch verlangte sie ein Glas Wein und deutete auf die Flasche.
    „Ich lad‘ dich ein“, rief der Rothaarige durch die schwellende Musik.
    Consuelo verstand nicht, nahm den Becher Weines und trank. Sauer und schwer war er und liess ihre Zunge pelzig werden. Doch sie verzog keine Miene, sondern lehnte sich an die hohe Theke. So zierlich war sie, dass sie die Kante am Schulterblatt spürte.
    Da begann der Rothaarige ihr zu erzählen. Sie hörte zu, den kehligen Lauten geduldig folgend, ohne dass ein Wort sie erreichte. Doch das machte nichts. Wusste sie doch, dass er sie ebenso wenig wahrnahm. Er sah sie nicht wirklich. Nicht so wie Vincent. Der Rothaarige da neben ihr sah etwas ganz anderes an, als was sie war. Er sah gewissermassen seine eigene Vorstellung, die er von ihr hatte. Sie wandte den Kopf und lächelte, dann nahm sie einen weiteren Schluck.
    Als er ihr eindringlich eine Frage stellte, hob sie nur die Schultern und lächelte zuckersüss.
    Er sprach weiter und schliesslich zeigte er mit dem spitzen Kinn Richtung Treppe und erhob sich von seinem Hocker.
    Consuelo verstand, dass er sie einlud, ihn zu begleiten und sie nickte und folgte ihm. Sie griff nach ihrem kurzen Mäntelchen und trat auf die Treppe, während er hinter ihr blieb.
    In der

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