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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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auf seiner Haut spannte. Seine Arme waren ihm auf den Rücken gebunden, ganz wie er es zuvor bei der wehrhaften Dame getan hatte. Doch bei ihm war auf den Vorzug verzichtet worden, seine Haut vor unnötigen Verletzungen zu schützen. Er spürte ein dünnes Seil tief in sein Fleisch schneiden und in seinen Händen pochte das Blut, während sich die Spitzen seiner Finger taub anfühlten. Seine Füsse waren gebunden, so dass er nur mit Mühe hätte aufstehen können. Seine Waffen waren ihm offensichtlich abgenommen worden. Mit dem Gesicht nach unten lag er auf dunklen Brettern. Halbdunkel war um ihn her und es schien ihm, er sei allein.
    Vorsichtig drehte Vincent sich auf den Rücken und versuchte den  Raum zu erkennen, in dem er sich befand. Doch es war keiner, den er bereits gesehen hatte. Anstelle von Fenstern gewahrte er nur kleine Luken und die meisten waren verhängt. Nur durch zwei drang das Licht der Morgensonne zu ihm und liess im hellen Strahl Myriaden kleiner Stäubchen tanzen. Doch das  Zimmer war dunkel, die Wände schräg und in regelmässigen Abständen erkannte er Balken hervorstehen. Er schloss daraus, dass er sich in der berüchtigten Mansarde befand. Der Raum, von dem ihm Consuelo nichts hatte erzählen wollen. Vincent stöhnte, als er den Kopf bewegte. Das goldene Licht blendete ihn über die Massen und er fragte sich, wie lange er hier schon lag. War es vielleicht doch jemandem aufgefallen, dass die Dame geschrien hatte? Oder was sollte ihn sonst verraten haben?
    Wie dumm hatte er nur sein können, sich derart arglos schnappen zu lassen? Hatte er nicht absehen müssen, dass eine Gemeinde wie diese wachsamer war als die örtliche Kirchgemeinde in seiner Heimat? Das schlimmste, was in deren Häusern wohl eintrat, war dass sie Küchenschaben erschlugen, vermutete Vincent…
    Langsam setzte er sich auf und das Hämmern in seinem Kopf nahm zu. Zeitweilig wurde ihm schwarz vor Augen und urplötzlich war ihm übel. Er kniff die Augen zusammen und wartete, bis der Moment verging. Dann stützte er sich mit den Händen rücklings ab und versuchte aufzustehen. Er rutschte rückwärts gegen die Mansardenwand und richtete sich langsam auf, mit den Händen stützend, die Füsse näher rückend. Er unternahm den Versuch, hüpfend eine Türe zu finden, doch die Kopfschmerzen hämmerten erbarmungslos und die Übelkeit überrollte ihn schier. Er stützte den Kopf gegen einen der Balken, bis der Schmerz etwas abebbte. Denn hüpfte er wieder. Unter grässlichen Schmerzen erreichte er die Türe zur Mansarde, doch sie war wie erwartet verschlossen. Vincent lehnte sich gegen die Wand und betrachtete den altmodischen Dachausbau. Noch nie war er in einer derart verfahrenen Situation gewesen.
    Endlich liess er sich wieder zu Boden sinken. Während er den Tag allmählich durch die Luken sickern sah, überlegte Vincent, ob er hier jemals lebend wieder würde herausfinden können. Und wenn nicht, was wurde dann aus Consuelo? Er stöhnte auf bei dem Gedanken und wurde wütend über seine eigene Arglosigkeit. Wenn er sich so leicht hatte aufgreifen lassen, wie lange würde es dauern, bis sie das Mädchen aufgespürt hätten?
    Vincent erwog, ob dies ein Zeitpunkt zu beten sei.
     
     
    Es hatte Herrn Marcial nicht viel gekostet, zu erkennen, dass nur der selbsternannte Beschützer Consuelos der flachshaarige junge Mann sein konnte, der in das Haus der Gemeinde der Flammenden Herzen eingedrungen war. Den Überbringer der Nachricht hatte Marcial fortgeschickt. Er telefonierte kaum je selbst. Er hatte immer vertrauenswürdige Personen um sich, die ihm die Mitteilungen unterbreiteten und die wenigen sicheren Linien, die niemand abhörte, nutzte er so wenig wie möglich. Es waren dies zwei Telefone in seinem Haus, die offiziell als Münzsprechanlagen angegeben waren.
    Als er allein war erwog er, ob der Mann besonders dumm oder etwa gerissen war. Es war so leicht nicht zu erkennen. Was hatte sich dieser Wahnsinnige gedacht?
    Doch Herr Marcial wusste, dass es niemals lohnenswert war, sich Gedanken über Motive zu machen, wenn man die Macht über einen Anderen besass. Er trat aus seinem Arbeitszimmer auf die Veranda und blickte auf sein vergleichsweise bescheidenes Anwesen im Chaco, unweit von Concepcion. Anders als andere Magnaten Paraguays hatte er es vorgezogen, eine wenig auffällige Villa zu bauen. Der grösste Luxus bestand in dem breiten Streifen Waldes, der, diskret aber effektiv umzäunt und bewacht, sein Haus und die

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