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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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durchmischte den Dunst von Verwesung und Salz.
    Würgend schrie er, als er nach oben stürmte und sah, wie die anderen schon an sich rafften, was sie nur greifen konnten. Da tat er es ihnen gleich und sprach nie mehr von den Geheimnissen des Kellers.
    Ehe sie abzogen, steckten sie das Haus in Brand .
    E iner der Hausangestellten war entkommen und berichtete vom Vorfall. So kam die Plünderung den Behörden zu Ohren und der Beamte schrieb unter seinen Bericht, die Hungerunruhen griffen immer weiter um sich. Nun würden schon private bewachte Anwesen angegriffen.
    Die Hexe aber mit ihren furchigen Wangen hatte die Amulette an sich genommen, die sie in besseren Zeiten dem Rodrigo aus Asunción überlassen hatte. Nun war ihr Hass befriedigt und grinsend sandte sie ihm einen höllischen Fluch mit auf den Weg.
     
     
    Vincent hörte die Schritte bereits von der Treppe her. Er ahnte, auf was er sich würde gefasst machen müssen und wappnete sich innerlich. In ihm stieg Hass auf, Hass gegen Marcial, der ihn behandeln liess wie Vieh. Altes Essen und Leitungswasser hatte man ihm gegeben, doch Vincent war zu durstig gewesen, um sich mit Sorgen über das Gelbfieber zu belasten. Er hatte im Vertrauen auf seine früheren Impfungen getrunken.
    Sein ganzer Leib schmerzte und er wusste seine Kräfte würden zusehends schwinden. Wie der Wein aus dem gestürzten Krug verdampft verliess ihn allmählich der Mut. Doch unerschütterlich erfüllte ihn ein ungeahntes Vertrauen, dass es noch einen Ausweg für ihn gäbe.
    Das Schloss wurde geöffnet und drei Gestalten kamen herein. Der eine trug eine sperrige Kiste unter dem Arm, der zweite eine Taschenlampe, der dritte hielt sich im Hintergrund. Sie zogen die Türe in Schloss und kamen näher und Vincent erkannte den Taschenlampenmann, der zu ihm trat und ihn auf vertraute Weise mit einem Tritt gegen den Schenkel begrüsste. Vincent machte sich nicht die Mühe, den Schmerz zu bekunden. Er wartete ab.
    Wie aus dem Nebel seiner Gedanken stieg eine Gelassenheit, wie er sie noch nie gefühlt hatte. Schrecken und Angst fielen von ihm ab, es war nicht einmal mehr Auflehnung, die ihn erfüllte. Es war ein Vertrauen, dass es eine Unbesiegbarkeit jenseits jeder Niederlage gab. Das Wissen, dass der Tod ein Freund aus Kindertagen sei, der sich ihm gern zugesellte, dem er jedoch nur zu folgen hatte, wenn es ihm beliebte.
    „Wir dachten, du willst und eine kleine Geschichte erzählen“, sagte der Taschenlampenmann hämisch. Die freie Hand legte er an den Schlagstock am Gürtel, während er weiter in Vincents zerbläutes Gesicht leuchtete.
    „Vielleicht würde ich dir einen Witz erzählen, aber du bist wohl zu dumm, ihn zu verstehen“, sagte dieser murmelnd.
    Der andere zog seinen Schlagstock hervor und verpasst ihm drei Schläge gegen die Seite und Vincent stöhnte laut.
    „Wo ist Consuelo?“ fragte da der dritte, der nichts getragen hatte. Es war eine leise Stimme, doch ein Klang wie das Klirren kleiner Scherben hallte darin.
    „Ich kenne keine Consuelo“, sagte Vincent.
    „Ehe der Hahn kräht…“, zitierte dieser. „Mach weiter“, wies er die anderen an. Dieser legte die Lampe auf den Boden, so dass sie schaukelnd den unebenen Boden beleuchtete und der andere stellte die Kiste vor Vincent auf. Dann packten sie ihn an den Schultern schoben den schwer atmenden Vincent gegen das Holz. Sie sprachen leises Guarani miteinander, während der dritte sich schweigend im Hintergrund hielt. Vincent versuchte zu erkennen, was es damit auf sich hatte, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen: das Gerät glich einer Zither und sie würden ihn wohl kaum zum Spielen animieren wollen.
    Der Taschenlampenma nn war ein Bär von einem Mann und Vincent erkannte den niedlichen Schnurbart wieder, den er vor Tagen niedergeschlagen hatte. Dieser hielt ihn fest, während der andere seine Hände befreite. Vincent erkannte das Muskelwunder von der Treppe zum Kultraum.
    Seit Tagen floss das Blut zum ersten Mal richtig in Vincents Hände und seine Finger schmerzten hässlich. Dennoch unternahm er den hilflosen Versuch, sich aus der Umklammerung zu befreien. Doch der Taschenlampenmann drehte ihm den einen Arm auf den Rücken, während der andere Mann ihm den freien Arm auf die Kiste band. Vincents Frage wurde beantwortet: er sollte nicht Zither spielen, er sollte singen. Sie banden seine Hände auf die Kiste und flochten die Schnüre, die er für Saiten gehalten hatte, um seine Finger. Von hinten stützte sich der

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