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Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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berücksichtigt werden. So stand es schliesslich im Reglement. Ein langer Absatz war der Thematik gewidmet und wie nie zuvor erkannte Curdin die Relevanz dieses Abschnitts. Es war deutlich, Vincent hatte Schaden angerichtet, doch noch konnten das Hilfswerk und dessen gutes Ansehen gerettet werden. Es gab noch einen Ausweg, ohne das Unternehmen und alle seine Mitarbeiter zu schädigen. Das sah Curdin.
    Er las noch einmal das Schreiben durch. Dann las er noch einmal die Anklagepunkte durch: Irreleitung der Behörden. Sittenlosigkeit. Nein, das ging wirklich nicht, das war keine Sache, die sich auf die leichte Schulter nehmen liess.
    Curdin atmete tief, seine Nervosität legte sich allmählich, während sich der Ausweg vor seinem inneren Auge abzeichnete. Er rieb sich die Hände an den Hosen trocken, doch sein Hemd war ganz feucht auf seiner Haut und Kälte flog ihn an. Es war kein einfaches Leben in dieser Art.
    Dann aber fasste er seinen Entschluss und griff zum Telefon. Er musste warten und als die Verbindung endlich zu Stande kam, waren seine Hände so nass, dass er kaum den Hörer festzuhalten vermochte. Seine Nerven bebten und er zitterte am ganzen Leib.
    „Lopez“, sagte die Stimme am anderen Ende.
    „Guten Tag Frau Lopez, vielen Dank, dass Sie Zeit für mich haben. Hier ist Curdin Müller vom Internationalen Roten Ring“, sagte er haspelnd.
    „Guten Tag, Herr Müller, Sie haben mein Schreiben erhalten?“ fragte sie verdächtig milde.
    „Ja, das habe ich, das habe ich soeben vor mir“, hob Curdin a n, da unterbrach ihn Frau Lopez:
    „Diese unliebsame Sache wollen Sie doch ebenso löschen wie ich, Sie wollen doch auch ihre Ruhe haben vor solchen Störenfrieden, nicht wahr? Wir wollen schliesslich Ordnung haben in diesem Land, aber das sehen ja nicht alle Leute so, nicht wahr?“ fragte sie.
    „Das ist wohl das Problem, dass das nicht alle Leute gleich sehen“, gab Curdin zu.
    Geflissentlich sprach sie weiter: „Sie wissen nicht, wie es war, als Stroessner noch an der Regierung war. Wissen Sie, viele Leute sagen, es war nicht gut, aber schauen Sie, wie es jetzt aussieht. Die meisten Leute tragen Waffen, damals waren es nur die Polizei und das Militär, heute tragen alle Waffen. Wie sieht es denn aus in den Strassen. Gefährlich ist es geworden, überall kann man ausgeraubt werden. Jederzeit und überall kann einem heute etwas zustossen. Wer weiss, was diese üblen Leute immer vorhaben. Da hatte Stroessner für andere Verhältnisse gesorgt gehabt. Verstehen Sie, wir wollen Ordnung haben. Wir wollen keine Unruhen. Wir wollen Ordnung.“
    „Ja, das verstehe ich, man kann nirgends hingehen ohne Sicherhei tsleute“, gab Curdin von sich.
    D as aber hörte Frau Lopez nicht gerne, denn sie zog scharf die Luft ein. Während er nachdachte, was er nun sagen sollte, hob sie an:
    „Das Beste wird sein, Sie trennen sich von ihrem Mitarbeiter, der derart ungünstig für das Hilfswerk ist und so viele Schwierigkeiten macht. Sie können sich doch keinen solchen Unruhestifter leisten, oder? Das kann sich ein internationales Hilfswerk doch nicht genehmigen, nicht wahr?“
    „Das ist unsere Schwierigkeit, das sehen Sie ganz richtig, Frau Lopez“, erwiderte Curdin und wand sich in seinem Stuhl. Während der Sekunden der Stille fragte er sich, ob er gerade jemandem Unrecht tat.
    „Dann können wir davon ausgehen, dass Sie uns nicht mehr in dieser Sache behelligen? Dann können wir also davon ausgehen, dass die Sache mit der Urteilsverkündung abgeschlossen ist und Sie sich um die Dinge kümmern, die Ihre Angelegenheit sind und uns unsere Angelegenheiten überlassen, ja?“ fragte sie und nun war ihre Stimme wie von dicker Sahne überlagert.
    Curdin gab sich einen Ruck und sagte: „Sie können sich auf uns verlassen, wir wollen schliesslich Ruhe und Ordnung anstreben, keinen Wildwuchs und keinen –“
    „Keinen Sittenverfall“, sagte Frau Lopez streng. „Dann werden Sie sich trennen von …?“
    „Da wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben“, erwiderte Curdin. Rechtfertigend fügte er an: „Wir haben im Hilfswerk schliesslich unseren Kodex, an den wir uns halten.“
    „Das ist sicher wichtig, ganz wichtig“, bekräftigte Frau Lopez.
    „Das ist es. In keiner Weise zu unterschätzen“, bestätigte Curdin.
    „Gut, dann wäre das ja geklärt“, sagte sie.
    „Das wäre es damit“, sagte Curdin. „Auf Widerhören.“
    Frau Lopez gab den Gruss zurück und hängte auf.
    Curdin atmete tief durch. Während

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