Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Paradies. Doch kein Himmel (German Edition)

Titel: Paradies. Doch kein Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
Vom Netzwerk:
und die Häppchen einem erlesenen Buffet gewichen waren, wurde die Einsetzung begangen. Der Minister legte seinen Schwur ab, sprach ein paar erwidernde Worte auf die Rede des Vizes und dankte und grüsste in die Runde. Ein zischendes Feuerwerk entlud sich auf der überdimensionierten Torte, mit der der Minister nun geehrt wurde, während buntseidene Politgroupies ihre neuen Zahnveneers zeigten.
    Madame Frisolé aus Brüssel mischte sich in die Menge. Sie hatte sich in ihre beste Garderobe geworfen, um den hitzigen Modeansprüchen gerecht zu werden. Aus dem verregneten Brüssel angereist, fühlte sie sich redlich fehl am Platze, denn sie war allein. Alle anwesenden Frauen waren Begleitung, nur sie war für sich. Während eines Augenblicks erwog sie, behelfsweise einen Kellner als Rendezvous zu engagieren. Doch stattdessen hob sie das Kinn, strich sich mit der zierlichen Hand über das üppig toupierte Haar, richtete die Rüschen am tiefen Dekolletee und trat ihre erste Verabredung an. Sie hatte eine Reihe derer einzuhalten und folgte einem festgelegten Plan, während sie Herr um Herrn anging. Sie war gewinnend, charmant und zielbewusst, während sie kalkulierte und verhandelte. Beinharte Knochenarbeit leistete Madame Frisolé, während sie ihre ausgesuchte Magerkeit mit nährstoffarmen Bissen pflegte. Nur ein leichtes Zucken ihrer Mundwinkel verriet die Härte ihrer Anstrengung.
    Madame Frisolé verfügte über die Gelder, welche das Parlament in Brüssel für die Abnahme weiterer südamerikanischer Agrarerzeugnisse aufwandte. Sie kannte die Margen und sie wusste zu verhandeln. Sie rechnete kühl mit den Steuergeldern, welche hier die Preise für Soja und Mais festsetzten, so wie es den Anforderungen des Europarats am besten entsprach. Sie neigte den Kopf, weich und freundlich, während hinter ihrer noch glatten Stirn die Zahlen rasselten. So unbedeutend ihre Position im Rat war, so weitreichend war ihre Wirkung auf den internationalen Handel. Auf einen ungehobelten Blick eines Diplomaten liess sie das Kopfeinkommen seines Landes absacken – einfach nur, weil sie nun einen anderen Herrn bevorzugte.
    Madame Frisolé streichelte in angedeuteter Frivolität den Stiel ihres Champagnerkelchs, als sie mit dem Grossgrundbesitzer den Preis vereinbarte, zu dem weiterer Soja gekauft werden sollte. Sie zupfte andeutungsreich am durchscheinenden Bustier, indem sie die Lücken im Rüstungsabkommen durchblicken liess. Sie liess die rosige Zunge über die Lippen gleiten, als sie die Zahlungsversprechen der parallelen Gelder einholte, die jeweils die Lieferung von Rauschmitteln begleiteten. Über den Rand des Glases blickte sie mit leicht gesenkten Lidern, ein Lächeln in den Champagner tauchend. Sie war zufrieden mit sich und wandte sich der eigentlichen Attraktion des Abends zu.
    Der gewandte Herr Minister ging auf die Fünfzig zu und sein e Laufbahn war hart gewesen. Er lächelte sein bestes Lächeln. Über die Jahre seines steten Aufstiegs hatte er seine Prinzipien, seine Ideale und seine Seele so oft verkauft, dass er seinen eigenen Preis nicht mehr kannte. Manchmal fragte er sich selbst, wie er denn ohne jedes Rückgrat gerade stehen konnte. Doch es war gleichgültig, solange er nur weiter und weiter ging, hatte er Freunde über die Massen. Dachte er an die reichen Freundschaftsbünde, die seine Konten über die Jahre gesegnet hatten, so war er sich seines weiteren Weges wohl versichert. Es lag noch viel vor ihm.
    Die geputzten Gäste klatschten gefällig, während ihm die Orden überreicht, die Urkunden ausgehändigt und die Hand gedrückt wurden. Alle waren sie bekommen, um an seinem Aufstieg zu gewinnen. Der Minister blickte über die Menge, die namenlosen Gesichter, die Wegbereiter seines Aufstiegs, die Gefährten seines Reichtums und die dereinstigen Aasgeier seines Niedergangs.
    Im dichten Rauch überfliessender Zigarren versteckten sich Gespräche, nur wenigen Ohren zugedacht. Hier floss heimlicher Reichtum vom einen zum anderen und verborgene Geschenke wechselten widerscheinend in Geld ihren Besitzer. Zwischen silbernen Schalen, über deren verschwimmendem Eis der Kaviar schwebte, perlte der französische Champagner, sangen die zarten Kristallgläser, brandete der warmgealterte Rum und hin und wieder streifte ein weisses Brischen verwöhnte Nasen.
    Herr Marcial war im Duett gehobener Kurtisanen in den Saal getreten. Sie hingen an einem jeden seiner Arme und ihre flirrenden Kleider lagen eng an ihrer bronzeschimmernden

Weitere Kostenlose Bücher