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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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weiter?«, fragte Lotta. »Wir wollten doch zur Tarzanschaukel.«
»Du wolltest zur Tarzanschaukel«, sagte ich.

Der Sandweg führt über einen Hügel, ehe er den Bauernhof und dann den Wald erreicht, und auf dem Hügel steht eine Bank, mitten im Wind. Auf der Bank saß Herr Wenter und hustete. Ich kenne Herrn Wenter nur vom Sehen, er wohnt ein paar Häuser weiter und ist Taxifahrer.
Jetzt hielt er sich ein Taschentuch vor den Mund und hustete noch einmal, und irgendwie kam er mir dünner und blasser vor als sonst.
»Sind Sie krank?«, fragte ich.
»Kann sein«, sagte Herr Wenter. »Erkältet. Ich wollte das Meer sehen.«
Das klang komisch, das klang, als wäre er richtig krank, als hätte er eigentlich gesagt: Ich wollte das Meer noch einmal sehen.
»Sie könnten auf das Dach der alten Frau mit dem Garten klettern«, sagte Lotta.
»Rauchen Sie?«, fragte ich, denn das ist die erste Frage, die man einem hustenden Patienten stellen muss.
»Nein«, sagte Herr Wenter und sah seine Hände an, die das Taschentuch hielten.
»Ich meine nicht jetzt gerade«, sagte ich. »Ich meine: general.«
»Generell?«
»Ja. Rauchen Sie generell?«
Herr Wenter schüttelte langsam den Kopf. »Hab ich vor zehn Jahren aufgehört.«
»Sie sollten zum Arzt gehen«, sagte ich.
»Nee, bloß nicht«, meinte Herr Wenter. »Wer nicht krank ist, den machen die krank. Generell will ich nur hier sitzen und …« Er hustete schon wieder. »Kann man nicht mal irgendwo seine Ruhe haben?« Er klang jetzt fast ärgerlich, und deshalb gingen wir lieber weiter, den Hügel hinunter.
Wenn ich es jetzt so betrachte, war das wahrscheinlich der Moment, in dem die Werkstatt begann.
Denn von unten, von dem Bauernhof her, kam uns die einsame Spaziergängerin entgegen, die Lovis so getauft hat. Sie hat langes, glattschwarzes Haar, das der Wind immer hinter ihr herweht. An diesem Tag wehte der Wind auch einen schwarzen Schal hinter ihr her. Überhaupt trug sie nur Schwarz.
»Lotta«, sagte ich aufgeregt, »merkst du was? Ich … ich habe dir doch von dem Prinzen erzählt. Siddharta. Der … der hat alle diese Männer gesehen. Einen Alten, einen Kranken und einen Toten.«
»Und?«, fragte Lotta, kaugummikauend.
»Es ist genau das Gleiche! Wir sind zuerst einem alten Menschen begegnet und dann einem kranken. Und da«  – ich zeigte auf die einsame Spaziergängerin –, »da kommt der Tote! Ich meine – nicht persönlich. Aber die einsame Spaziergängerin geht zu einer Beerdigung! Deshalb trägt sie Schwarz! Es ist alles wie bei Siddharta!«
»Willst du damit sagen, du bist der Prinz?«, fragte Lotta und ließ eine Kaugummiblase zerplatzen.
»Ich muss nachdenken«, sagte ich. »Jetzt muss ich wirklich nachdenken.«
Damit ließ ich Lotta stehen und ging weiter, sehr schnell, den Weg entlang auf den Wald zu. Beim Wald kann man geradeaus in ihn hineingehen oder nach rechts an ihm entlang, dann kommt man zu Jarsens Anwesen. Jarsen ist reich, und seine Frau ist ihm vor zehn Jahren weggelaufen. Jetzt lief auch eine Frau dort, aber nicht weg, sondern hin, eine blonde. Ich hatte keine Zeit, sie mir näher anzusehen. Ich hatte genug andere Dinge, über die ich nachdenken musste. Ich ging in den Wald hinein.
Ich wusste, dass Lotta mir nachsah und dass sie gerne gerufen hätte: »Kann ich doch mitkommen, in den Wald, zum Nachdenken?«
Denn ich bin schon immer ihr Prinz, um das zu wissen, braucht man keinen ungewöhnlich hohen IQ. Lotta würde mit mir überallhin gehen. Aber manchmal muss ich alleine sein.

Falls Sie das nicht wissen: All diese Dinge zu erzählen ist notwendig, um die Werkstatt zu begreifen.
Aber ich denke, es ist besser, verschlüsselt weiterzuschreiben.
Später kann ich ja den Text für das Komitee wieder entschlüsseln.
Denn was ich tun werde, gefällt vielleicht manchen Leuten nicht.

Werkstattbericht – Eintrag 2
17. 10. 2011
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    Ich blätterte weiter. Der Rest der Einträge war in sinnlosem Kauderwelsch gehalten. Natürlich war es nicht sinnlos. Es war nur nicht leserlich. Nicht für mich. Es erschien mir wie ein Symbol für Davids Leben. Ich hatte den Sinn hinter den Dingen, die er tat, nicht begriffen.
    Ich würde die sinnlosen Sätze so lange lesen, bis ich das System dahinter entdeckte, und wenn er aufwachte, würde ich das Gleiche mit seinem Leben tun: Ich würde ihm so lange zusehen, ihm so lange zuhören, bis ich ihn verstand.
    Ich hatte David verloren, und ich würde ihn

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