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Paradies für alle: Roman (German Edition)

Paradies für alle: Roman (German Edition)

Titel: Paradies für alle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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keinen richtig guten Namen)
Meine Eltern sind nicht religiös, obwohl wir im alten Pfarrhaus neben einer ausrangierten (christlichen) Kirche wohnen.
Unsere Lehrerin sagte, jeder von uns sollte sich einen berühmten Menschen in einer Religion aussuchen, über den er einen Vortrag hält. Die meisten wollten Jesus nehmen oder den Papst, und Peter hat gerufen: Den Weihnachtsmann!, was lustig war, weil alle lachten, aber er durfte dann nicht.
Ich habe nachgesehen, was es bei den anderen Religionen für berühmte Leute gibt. Im Buddhismus gibt es natürlich Buddha, aber der hieß gar nicht immer Buddha, und das fand ich so interessant, dass ich den Buddha nahm, der noch nicht so hieß.
Falls Sie das nicht wissen: Er hieß, als er geboren wurde, Siddharta und war ein Prinz.
Ich werde hier nicht alle Fakten über Buddha aufschreiben, die in meinem Vortrag standen, denn sie stehen ja in meinem Vortrag. Fakten, die ich trotzdem aufschreibe:
Siddharta machte aus irgendeinem Grund vier Ausfahrten aus dem Palast hinaus. Dabei sah er: 1. einen alten Mann 2. einen kranken Mann 3. einen toten Mann 4. einen weisen Mann.
Interessant ist, dass er nur Männer sah. Ich habe überlegt, ob es damals dort nur Männer gab, was aber nicht stimmt, weil Siddharta zu Hause im Palast eine Frau hatte, welche er verließ. In den Büchern steht, er wäre in die Hauslosigkeit gegangen, was ich aber für einen Übersetzungsfehler halte. Richtig heißt es auf deutsch nicht »hauslos«, sondern »obdachlos«. Prinz Siddharta wurde also ein weiser Obdachloser, und als solcher bekam er den Namen Buddha.
Ich saß lange auf der Veranda, weil es ein warmer Herbsttag war, und guckte alle diese Dinge auf Lovis Laptop im Internet nach.
Lotta stand hinten beim Schafszaun. Sie wusste, dass ich arbeiten musste. Und dann war ich fertig mit dem Arbeiten und winkte, und Lotta kam herüber.
»Lotta«, sagte ich. »Hast du je darüber nachgedacht, dass du alt und krank werden wirst und eines Tages stirbst?«
»Nee«, sagte Lotta. »Im Moment lebe ich ja noch. Wie kommst du auf so ’ne komische Frage?«
»Es hat mit meinem Vortrag zu tun«, erklärte ich ihr. »Sie ist über einen Prinzen, der darüber nachgedacht hat.«
»Hatte er eine goldene Krone auf?«, wollte Lotta wissen.
»Keine Ahnung«, sagte ich, »später wurde er ein obdachloser Weiser. Und er hat gesagt, dass alles Leben Leiden und dass der Mensch zu gierig ist. Nach allen möglichen Sachen. Man wird so lange immer wieder geboren, bis man die Gier überwunden hat. Dann kommt man ins Nirwana, verstehst du?«
»Nee«, sagte Lotta. »Kein Wort.«
»Das Nirwana«, erklärte ich, »ist die Erlösung von allem Irdischen. Da ist dann gar nichts mehr, man sitzt nur im Nichts.«
Lotta schnaubte ungehalten. »Vom Paradies hatten wir im Kindergarten ein Bilderbuch«, sagte sie. »Da gab es nicht nichts, da gab es alles. Schokolade und Blumen und Fahrräder. Auch für die Leute, die gar kein Geld haben. Das ist besser als so ein blödes Nirwana.«
»Ja«, sagte ich, »vielleicht.«
Lottas Familie gehört nämlich zu denen, die kein Geld haben, nicht für ein Fahrrad und nicht für Blumen und nicht mal für Schokolade, oder manchmal nur für Schokolade, glaube ich. Lotta hat schon vier Plomben. Die Plomben und den Zahnarzt müssen sie nicht selbst bezahlen, weil wir in einem Sozialstaat leben. Lotta hat noch fünf Geschwister, und die Zähne der Geschwister sind auch nicht besser, obwohl ihre älteste Schwester Livia jetzt, wo sie fast erwachsen ist, immer sehr viel Deo nimmt.
»Das Paradies mit den Engeln, das ist, glaube ich, von den Christen«, sagte ich und goss Saft in einen Becher für Lotta und einen für mich. Es war Apfelsaft aus unseren eigenen Äpfeln. Bei Lotta zu Hause gibt es nur Limonade in großen Plastikflaschen.
»Im Islam ist das Paradies auch richtig schön«, fuhr ich fort. »Da hatten wir den Vortrag schon drüber. Anna hat ein Bild vom Paradies gemalt, da würde es dir gefallen! Man sitzt auf weichen Teppichen und isst von goldenen Tellern … die Bedienungen sind lauter hübsche junge Frauen.«
Lotta bekam einen ganz träumerischen Blick. »Schön«, flüsterte sie. »Aber ich komm in gar keins von den Paradiesen, weil ich bin ja gar nichts mit Kirche. Schade, was. Gehst du mit zur Tarzanschaukel?«
Falls Sie das nicht wissen: Die Tarzanschaukel ist eine Schaukel mit wahnsinnig langen Seilen, auf der man über den Graben beim Waldrand schaukeln kann, an einem Ast. Man braucht richtig Mut, um

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