Paradies in Gefahr: Mittsommergeheimnis (German Edition)
eine halbe Stunde später in ihrem Wohnzimmer saß und es betrachtete, musste Hanna verärgert bemerken, dass sie sich nicht auf den Inhalt konzentrieren konnte. Und daran war nur Mikael schuld! Sie konnte einfach nicht aufhören, an ihn zu denken. Sie war wütend auf ihn, doch sie vermisste ihn auch – und das, obwohl ihr Treffen alles andere als gut verlaufen war.
Energisch verdrängte sie den Gedanken und versuchte, sich in das Tagebuch zu vertiefen. Doch die Worte verschwammen vor ihren Augen. Schließlich legte Hanna es zur Seite, fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar und murmelte einen Fluch. Da merkte sie plötzlich, dass sie noch immer die Blüte trug, die Mikael ihr in Mora gegeben hatte.
Seufzend schüttelte sie den Kopf und zog sie sich aus dem Haar. Dann schloss sie die Augen, hielt sich die Blüte vors Gesicht und atmete genüsslich ihren süß-lieblichen Geruch tief ein.
Sofort wurde ihr ganz warm, und sie spürte, wie ihr Herz heftiger klopfte. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch dann schleuderte sie die Blume wütend zu Boden. Was war bloß mit ihr los? So konnte es nicht weitergehen!
Am besten, sie fuhr jetzt zu ihm und brachte ihm die Blume zurück und machte ihm klar, dass es aus war. Endgültig. Danach musste sie nur noch zusehen, wie sie es schaffte, ihn sich ein für alle Mal aus dem Kopf zu schlagen. Denn eines stand fest: Ganz gleich wie groß ihre Gefühle für Mikael auch sein mochte, das zwischen ihnen hatte keine Zukunft.
Sie konnte nicht mit einem Mann zusammen sein, dem all das, was ihr wichtig war, nichts bedeutete. Und Mikael würde nie verstehen, warum sie sich so für den Erhalt des
Trollfjällen
einsetzte. Er kannte ihre Gründe nicht, und sie konnte sie ihm auch nicht erklären.
Ihr Vater …
Audrey …
Hastig sprang sie auf, hob die Blume auf und schnappte sich den Autoschlüssel von der Kommode im Korridor. Dann stieg sie in ihren klapprigen Peugeot und machte sich auf den Weg zur Baustelle. Irgendwie musste sie es schaffen, sich von Mikael zu lösen und wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Vielleicht würden die anderen sie wieder in die Gruppe aufnehmen, wenn sie klarstellte, dass das zwischen Mikael und ihr vorbei war. Dann konnte sie darauf Einfluss nehmen, dass die jüngsten Aktionen, die ganz offensichtlich Peers Handschrift trugen, nicht aus dem Ruder liefen.
Sie musste sich endlich wieder auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig waren …
Als die Baustelle in Sicht kam, war dort gerade die Mittagspause vorbei, und die Arbeiten wurden wieder aufgenommen – ebenso wie die Proteste. Hanna bemerkte die finsteren Blicke von Jenny und Peer, als sie an ihnen vorbeifuhr, und zuckte innerlich zusammen. Doch dann war sie an ihnen vorüber und atmete tief durch.
Auf einer planierten Fläche, auf der einstmals Rittersporn, Huflattich und Gipskraut gestanden hatten, stellte sie ihren Wagen ab, schloss noch einmal kurz die Augen und stieg dann aus.
Mikael stand in der Nähe eines Baggers und sprach mit dem Fahrzeugführer. Er bemerkte Hanna nicht, und der Lärm, der auf der Baustelle herrschte, vereitelte jeden Versuch, durch Rufen seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Also ging Hanna direkt zu ihm.
Obwohl sie noch immer wütend auf ihn war, konnte sie doch nicht verhindern, dass ihr Herz bei Mikaels Anblick anfing, heftiger zu klopfen. Es war so etwas wie eine unwillkürliche Reaktion, die sie weder steuern noch beeinflussen konnte. Besser, sie akzeptierte diese Tatsache endlich – ebenso wie die, dass Mikael und sie einfach nicht zusammenpassten.
Als sie ihn beinahe erreicht hatte, ließ der Fahrer des Schaufelbaggers gerade den Motor seines gewaltigen Gefährts an und fuhr los. Im selben Moment drehte Mikael sich um und erblickte sie. Schlagartig wurde seine Miene ernst.
Er wollte auf sie zukommen, als plötzlich ein verzweifelter Warnschrei selbst den dröhnenden Baustellenlärm übertönte. Hanna sah, wie Mikael für den Bruchteil einer Sekunde erstarrte und dann herumwirbelte. Im selben Augenblick begriff auch sie, welche Katastrophe sich hier gerade anzubahnen drohte.
Der Schaufelbagger wälzte sich wie ein wütender Koloss aus längst vergangenen Zeiten dem Rand der Baugrube entgegen und überrollte dabei alles, was sich ihm in den Weg stellte. Der Fahrer versuchte mit aller Gewalt, sein Gefährt zum Halten zu bringen oder es wenigstens in eine andere Richtung zu lenken. Doch seine verzweifelten Bemühungen zeigten keinerlei Wirkung. Ein
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