Paradies Pollensa
Anrichte, und dort blieb ich, bis ich um acht Minuten nach acht zum ersten Mal gongte.«
»Dort waren Sie also auch, als Sie den Schuss hörten?«
»Ja, Sir.«
Höflich warf Poirot eine Frage dazwischen.
»Ich kann mir vorstellen, dass der Schuss auch von anderen gehört wurde?«
»Das ist richtig, Sir. Mr Hugo und Miss Cardwell hörten ihn ebenfalls. Und Miss Lingard.«
»Diese drei hielten sich auch in der Halle auf?«
»Miss Lingard kam aus dem Wohnzimmer, während Miss Cardwell und Mr Hugo gerade die Treppe heruntergingen.«
»Kam es zu einer Unterhaltung über diese Angelegenheit?«, fragte Poirot.
»Mr Hugo erkundigte sich nur, ob es zum Abendessen Champagner gäbe, Sir. Ich erwiderte, dass Sherry, Rheinwein und Burgunder serviert würden.«
»Er hielt es also für einen Champagnerkorken?«
»Jawohl, Sir.«
»Aber niemand nahm den Knall ernst?«
»O nein, Sir. Die Herrschaften begaben sich anschließend – miteinander sprechend und lachend – in das Wohnzimmer.«
»Wo waren die anderen Bewohner des Hauses zu diesem Zeitpunkt?«
»Das kann ich nicht sagen, Sir.«
»Wissen Sie irgendetwas über diese Pistole?«, fragte Major Riddle. Dabei hielt er die Waffe hoch.
»Ja, Sir. Sie gehört Sir Gervase. Er bewahrte sie immer in der Schublade des Schreibtisches dort drüben auf.«
»War sie gewöhnlich geladen?«
»Das entzieht sich meiner Kenntnis, Sir.«
Major Riddle legte die Pistole weg und räusperte sich. »Ich möchte Ihnen jetzt eine ziemlich wichtige Frage stellen, Snell. Und ich hoffe, dass Sie sie möglichst wahrheitsgemäß beantworten. Können Sie sich irgendeinen Grund vorstellen, der Ihren Herrn veranlasste, Selbstmord zu verüben?«
»Nein, Sir. Ich kenne keinen.«
»Sir Gervase war in letzter Zeit nicht irgendwie merkwürdig in seinem Verhalten? Nicht deprimiert? Oder besorgt?«
»Sie entschuldigen, Sir, wenn ich es sage – aber in den Augen Fremder wirkte Sir Gervase möglicherweise immer etwas seltsam. Er war ein höchst origineller Gentleman, Sir.«
»Ja, ja, das ist mir bekannt.«
»Außenstehende, Sir, verstanden Sir Gervase nicht immer.« Snell legte so viel Bedeutung in diesen Satz, als wäre er mit großen Buchstaben geschrieben.
»Ich weiß – ich weiß. Demnach gab es also nichts, was beispielsweise Sie als ungewöhnlich bezeichnet hätten?« Der Butler zögerte.
»Ich glaube, Sir, dass Sir Gervase über irgendetwas besorgt war«, sagte er schließlich.
»Besorgt und deprimiert?«
»Deprimiert würde ich es nicht nennen, Sir. Aber besorgt – ja.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, was der Grund zu dieser Besorgnis gewesen sein könnte?«
»Nein, Sir.«
»Hing sie zum Beispiel mit irgendeiner besonderen Person zusammen?«
»Das entzieht sich wirklich meiner Kenntnis, Sir. Und es ist auch nur ein Eindruck, den ich hatte.«
Wieder schaltete Poirot sich ein.
»Sein Selbstmord kam für Sie überraschend?«
»Völlig überraschend, Sir. Für mich war es ein fürchterlicher Schock.«
Poirot nickte nachdenklich.
Riddle warf ihm einen Blick zu und sagte dann: »Na schön, Snell, das ist – glaube ich – alles, was ich Sie fragen wollte. Sie sind also überzeugt, dass Sie uns sonst nichts Wichtiges mitteilen können – keinen ungewöhnlichen Vorfall zum Beispiel, der sich in den letzten Tagen zutrug?«
Der Butler, der sich erhob, schüttelte den Kopf.
»Nichts, Sir, wirklich gar nichts.«
»Sie können dann gehen.«
»Danke, Sir.«
Als Snell sich der Tür näherte, blieb er plötzlich stehen und trat zur Seite. Lady Chevenix-Gore schwebte in das Zimmer. Sie trug ein orientalisch wirkendes Gewand aus dunkelroter und orangefarbener Seide. Ihr Gesicht war ruhig, ihre Art gesammelt und still.
»Lady Chevenix-Gore!« Major Riddle sprang auf.
»Man teilte mir mit«, sagte sie, »dass Sie mich gern sprechen wollten.«
»Sollen wir vielleicht lieber in einen anderen Raum gehen? Der Anblick dieses Zimmers ist für Sie sicherlich schmerzlich.«
Lady Chevenix-Gore schüttelte den Kopf und setzte sich. »Ach nein – was ist daran denn schon wichtig«, murmelte sie.
»Es ist sehr freundlich von Ihnen, Lady Chevenix-Gore, ihre Empfindungen völlig beiseite zu lassen. Ich weiß, wie entsetzlich dieser Schock für Sie gewesen sein muss…«
Sie unterbrach ihn.
»Zuerst war es wirklich ein großer Schock«, gab sie zu. »Aber so etwas wie Tod gibt es in Wirklichkeit gar nicht – verstehen Sie? Es gibt nur einen Wechsel.« Und sie fügte hinzu: »Genaugenommen
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