Paradies Pollensa
Geschicklichkeit. Mein Alter Herr war ein erstklassiger Pfeilwerfer. Aber nun wird es Zeit, Leute. Hat man dir die Zukunft gedeutet, Eve? Sicher hat man dir geraten, dich vor einem dunklen Mann in Acht zu nehmen.«
»Vor einer dunklen Frau«, berichtigte ihn Eve. »Sie hat einen bösen Blick und wird ganz gemein zu mir sein, wenn ich nicht aufpasse. Und mit siebzehn werde ich heiraten…«
Fröhlich lief sie der Gesellschaft auf dem Weg zum Royal George voraus.
Das Dinner war von dem umsichtigen Mr Pointz im Voraus bestellt worden. Nun wurden sie von einem dienernden Ober in ein separates Speisezimmer im ersten Stock des Hotels geführt, wo bereits ein runder Tisch gedeckt war. Das große vorspringende Erkerfenster, das auf den Hafenplatz hinausging, stand offen. Von draußen drang der Lärm des Volksfestes herein. Drei Karussells quäkten ihre verschiedenen Weisen durcheinander.
»Wenn wir unser eigenes Wort verstehen wollen, machen wir es am besten zu«, bemerkte Mr Pointz trocken und ließ seinen Worten die Tat folgen.
Die Gesellschaft nahm ihre Plätze an der Tafel ein. Mr Pointz strahlte seine Gäste an. Er war der Meinung, dass er ihnen ein guter Gastgeber war, und er liebte es, ein guter Gastgeber zu sein. Seine Augen wanderten von einem zum andern. Lady Marroway – interessante Frau, nicht ganz einwandfrei, natürlich, das wusste er. Ihm war sehr wohl klar, dass das, was er zeit seines Lebens die Crème de la crème genannt hatte, sehr wenig mit den Marroways zu tun hatte, aber diese Crème de la crème nahm auch von seiner Existenz keine Notiz. Jedenfalls, Lady Marroway war eine verdammt elegant aussehende Frau, und es machte ihm gar nichts aus, wenn sie beim Bridge ein bisschen mogelte. Bei Sir George schätzte er das allerdings nicht so sehr. Kalte Augen hatte der Bursche. Wirklich hart gesotten. Aber bei Isaac Pointz würde der nicht viel ausrichten können. Da passte er schon auf.
Der alte Leathern war kein übler Kerl, nur ein bisschen langatmig wie die meisten Amerikaner. Liebte es, endlose Geschichten zu erzählen, und hatte die unangenehme Eigenschaft, immer präzise Informationen zu verlangen. Wieviel Einwohner hat Dartmouth? In welchem Jahr wurde die Marineakademie gebaut? Und so weiter. Erwartete, dass sein Gastgeber ein wandelnder Baedeker war. Eve war ein nettes, fröhliches Kind. Es machte ihm Spaß, sich mit ihr zu necken. Ihre Stimme erinnerte ihn zwar an ein Sumpfhuhn, aber sie hatte ihre fünf Sinne beisammen. Ein aufgewecktes Kind.
Der junge Llewellyn – der schien ein bisschen zu ruhig. Sah aus, als ob er sich über irgendetwas Sorgen machte. Vermutlich knapp bei Kasse. Das waren diese Schreiber ja immer. Schien auch so, als hätte er Gefallen an Janet Rustington gefunden. Eine nette Frau, attraktiv und klug dazu. Zwang einen nicht zu lesen, was sie schrieb. Hochintellektuelles Zeug, aber Gott sei Dank sprach sie niemals darüber. Und der gute alte Leo! Er wurde auch nicht jünger oder schlanker. Ohne glücklicherweise zu ahnen, dass sein Partner im selben Moment genau das Gleiche von ihm dachte, berichtigte er Mr Leathern, dass Sardinen nichts mit Cornwall, sondern mit Devon zu tun hätten, und war im übrigen fest entschlossen, das Essen zu genießen.
»Mr Pointz«, sagte Eve, als die Kellner die Teller mit heißen Makrelen serviert und das Zimmer wieder verlassen hatten.
»Was gibt’s, junge Dame?«
»Haben Sie den großen Diamanten dabei? Den, den Sie uns gestern Abend zeigten und von dem Sie sagten, dass Sie ihn immer bei sich tragen.«
Mr Pointz kicherte. »Das stimmt. Er ist mein Talisman, sage ich immer. Ja, ich habe ihn selbstverständlich bei mir.«
»Ich glaube, dass das schrecklich gefährlich ist. Jemand hätte ihn doch in dem Gedränge auf dem Volksfest stehlen können.«
»Darauf passe ich schon auf«, entgegnete Mr Pointz.
»Aber es könnte doch sein«, beharrte Eve. »In England gibt es doch auch Gangster, genau wie bei uns, nicht wahr?«
»Die werden den Morning Star nicht erwischen«, meinte Mr Pointz. »Zunächst einmal steckt er in einer Geheimtasche. Und überhaupt – der alte Pointz weiß, was er tut. Niemand wird ihm den Morning Star stehlen.«
»Huh, huh, ich wette, ich könnte es!«
»Ich wette, du kannst es nicht«, erwiderte Mr Pointz und zwinkerte.
»Doch, ich wette, ich kann’s. Ich habe letzte Nacht im Bett darüber nachgedacht, nachdem Sie den Stein beim Abendessen herumgezeigt hatten. Ich habe mir eine gute Methode ausgedacht, ihn zu
Weitere Kostenlose Bücher