Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paradies Pollensa

Paradies Pollensa

Titel: Paradies Pollensa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
aus, dass man Ihren Stein stehlen könnte, wenn man ihn mit etwas Knetmasse im Loch der Schließe befestigte. Ich war sicher, dass niemand ihn dort entdecken würde. So habe ich es heute Abend auch gemacht. Erst ließ ich den Stein fallen, dann kroch ich mit der Tasche in der Hand unter den Tisch. Dort drückte ich ihn mit etwas Knetmasse, die ich dabeihatte, in die Lücke, legte die Tasche wieder auf den Tisch und tat so, als würde ich weiter mit den anderen suchen. Ich dachte, es würde ähnlich wie bei dem gestohlenen Brief sein – Sie wissen schon… Der Stein liegt genau vor Ihrer Nase, aber Sie beachten ihn nicht, weil er wie ein Rheinkiesel aussieht. Und es war tatsächlich ein guter Plan – niemand von Ihnen hat etwas gemerkt.«
    »Das frage ich mich«, murmelte Mr Stein.
    »Was sagten Sie?«
    Mr Pointz nahm die Tasche, betrachtete die leere Fassung, in der noch etwas Knetmasse klebte, und sagte dann langsam: »Er kann herausgefallen sein. Wir sehen besser noch einmal nach.«
    Die Suche wurde wiederholt, aber diesmal in einer ungewöhnlichen Stille. Es herrschte eine gespannte Stimmung.
    Einer nach dem anderen gab die Suche auf. Alle standen herum und schauten sich gegenseitig an.
    »Er ist nicht in diesem Zimmer«, sagte Stein.
    »Und niemand hat diesen Raum verlassen«, fügte Sir George nachdrücklich hinzu.
    Einen Augenblick herrschte Schweigen. Eve brach in Tränen aus. Ihr Vater tätschelte ihr tröstend die Schulter.
    »Nun, nun«, sagte er unbeholfen.
    Sir George wandte sich an Leo Stein.
    »Mr Stein«, sagte er. »Sie haben eben eine Bemerkung gemacht. Als ich Sie bat, sie zu wiederholen, meinten Sie, es sei nichts Wichtiges. Tatsächlich habe ich aber verstanden, was Sie sagten. Als Miss Eve nämlich behauptete, dass niemand bemerkt habe, wie sie den Stein versteckte, murmelten Sie: ›Das frage ich mich.‹ Wir müssen also die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass jemand es doch beobachtete – und dass dieser Jemand sich in diesem Zimmer befindet. Ich schlage als faire und ehrenhafte Lösung vor, dass jeder von uns sich bereit erklärt, sich einer Durchsuchung zu unterziehen. Der Diamant kann aus diesem Zimmer nicht hinausgelangt sein.« Wenn Sir George die Rolle des ehrenhaften englischen Gentlemans spielte, war er unübertrefflich. Seine Stimme bebte vor Aufrichtigkeit und Entrüstung.
    »Ein bisschen unangenehm, das alles«, sagte Mr Pointz unglücklich.
    »Das ist nur meine Schuld«, schluchzte Eve. »Ich wollte nicht…«
    »Beruhige dich, Kind«, sagte Mr Stein freundlich. »Niemand macht dir Vorwürfe.«
    Mr Leathern erklärte in seiner langsamen, pedantischen Art. »Nun, ich glaube, dass jeder von uns Sir Georges Vorschlag voll unterstützen kann. Ich tue es.«
    »Ich auch«, pflichtete ihm Evan Llewellyn bei.
    Mrs Rustington sah Lady Marroway an, die kurz nickte. Beide Damen verschwanden wieder hinter dem Wandschirm, gefolgt von der schluchzenden Eve.
    Ein Kellner klopfte an die Tür und wurde wieder weggeschickt.
    Fünf Minuten später schauten sich acht Personen ungläubig an. Der Morning Star hatte sich in nichts aufgelöst…
     
    Mr Parker Pyne blickte nachdenklich in das dunkle, aufgeregte Gesicht des jungen Mannes vor ihm.
    »Natürlich«, sagte er, »Sie stammen aus Wales, Mr Llewellyn.«
    »Was hat das damit zu tun?«
    Mr Parker Pyne wedelte mit seiner großen, gut gepflegten Hand. »Überhaupt nichts, muss ich gestehen. Ich interessiere mich nur für die Klassifizierung gefühlsmäßiger Reaktionen bestimmter Volksstämme. Das ist alles. Aber lassen Sie uns auf die Erwägungen Ihres speziellen Problems zurückkommen.«
    »Ich weiß eigentlich gar nicht, weshalb ich Sie aufgesucht habe«, sagte Evan Llewellyn. Seine Hände zitterten vor Nervosität, und sein dunkles Gesicht trug einen verstörten Ausdruck. Er sah Mr Parker Pyne nicht an. Pynes prüfender Blick machte ihn augenscheinlich verlegen. »Ich weiß gar nicht, weshalb ich Sie aufsuchte«, wiederholte er. »Aber wohin zum Teufel soll ich gehen? Und was zum Teufel kann ich überhaupt unternehmen? Es ist diese Ohnmacht, nichts tun zu können, die mich fertigmacht… Ich sah Ihre Anzeige und erinnerte mich, dass irgendjemand Sie mal erwähnte und sagte, Sie hätten ihm geholfen… Und – nun – hier bin ich! Vermutlich bin ich ein Narr, denn in meiner Lage kann mir niemand mehr helfen.«
    »Aber nicht doch«, entgegnete Mr Parker Pyne. »Ich bin genau der Richtige für Sie. Ich bin Spezialist für unglückliche Fälle.

Weitere Kostenlose Bücher