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Paradies

Paradies

Titel: Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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gesagt haben«, flüsterte sie. »Porut… irgendwas. Porutsch… porutschn…«
    »Porutschnick?«, fragte Ratko mit erstickter Stimme.
    »Vielleicht«, flüsterte sie.
    »Was noch? Was haben sie noch gesagt?«
    »Ich weiß es nicht…«
    Die Waffe wurde wieder an ihre Lippen gepresst.
    »Mii«, sagte sie. »Miisch… miischitj.«
    »Miischitj?«
    Die Waffe verschwand, und sie nickte.
    »Das war es. Sie haben Miischitj gesagt.«
    Ratko starrte die erbärmliche Braut an und triumphierte, was für ein Volltreffer! Astrein! Jetzt wusste er Bescheid, begriff die Zusammenhänge, das Muster wurde in dem dunklen Schuppen vor seinen Augen sichtbar.
    Porutschnick Miischitj.
    Er packte rasch seine Sachen zusammen, verstaute die Waffe wieder in der Tasche. Das Seil ließ er zurück, man konnte es in jedem beliebigen Eisenwarenladen in ganz Schweden kaufen, und es war ohne Fingerabdrücke.
    »Ich weiß immer, wo du bist«, leierte er. Das war die übliche Floskel, die er bei seinen redseligen Informanten am Ende fallen ließ.
    »Wenn du jemals auch nur ein Wort darüber verlierst, was heute passiert ist, lege ich dich um, hast du mich verstanden?«
    Sie schien ihn nicht zu hören, saß nur zusammengekauert mit dem Kopf zwischen den Beinen da.
    »Hast du mich verstanden?«, schrie er ihr ins Ohr. »Ich bringe dich um, wenn du redest, klar?«
    Sie zitterte am ganzen Körper, und er fühlte plötzlich, dass er genug hatte. Er warf einen Blick auf die Uhr, es war Zeit zu gehen.
    »Einen Mucks, und du bist tot. Ich stecke dir die Maschinenpistole ins Maul, und anschließend liegt dein Gehirn über halb Djurgården verteilt, okay?«
    Er öffnete die Tür und warf ihr einen letzten Blick zu. Sie würde nicht reden. Selbst wenn sie reden sollte, so what? Falls sie ihn eines Tages wirklich schnappten, gab es wesentlich schlimmere Dinge als das hier, wofür sie ihn anklagen konnten.
    Er trat in die Winternacht hinaus, ließ die Tür hinter sich zufallen und atmete auf.
    Porutschnick Miischitj oder Porucnik Misic, wie es geschrieben wurde.
    Wer hätte gedacht, dass das so gut laufen würde! Er konnte sein Glück kaum fassen.
    Er öffnete den Kofferraum, zerrte die Waffe aus der Sporttasche und warf sie unter eine dreckige Decke.
    Glück, dachte er daraufhin und schnaubte verächtlich. Nein, Geschick! Beginne das Verhör mit etwas, was dir im Grunde völlig egal ist, und wenn sie dann weich sind, kommst du zu dem, was du wirklich wissen willst.
    Er setzte sich ins Auto und warf die Tasche auf den Beifahrersitz.
    Der Wagen sprang sofort an. Er wendete und fuhr in Richtung Freihafen davon.
    Oberst Misic, eine Legende in der KOS, dem geheimen Abwehrdienst, dem Geheimdienst der jugoslawischen Volksarmee. Der Mann, der alle Säuberungen überlebt hatte, der Mann, auf den Milosevic hörte.
    Ratko drehte die Heizung an, bald hatte die Kälte ein Ende.
    Er wusste nicht, wie, aber dieser Mann hatte Aida nahe gestanden.
    Wann und warum war ihm egal, er war an ihrer verdammten Beziehung nicht interessiert, aber er hatte eine Antwort bekommen.
    Jetzt wusste er, was schief gegangen war und warum man ihm all seine Macht genommen hatte.
    Aida hatte einen Beschützer gehabt, und es musste ihr gelungen sein, ihm vor ihrem Tod noch eine Nachricht zukommen zu lassen.
    Er zuckte mit den Schultern und lockerte sie, sie waren verspannt und hart. Jetzt pfiff er auf Aida Begovic aus Bijeljina. Sollte sie doch in ihrem verdammten Grab neben der Tankstelle in Solna verfaulen.
    Er bog vom Tegeluddsvägen ab, fuhr zum Hafen und sah das Schild nach Tallinn, Klaipeda, Riga, St. Petersburg. Den Wagen stellte er auf einem leeren reservierten Parkplatz ab. Was machte das schon? Dann holte er die Tasche mit seinem Sportzeug und dem Bargeld aus dem Kofferraum, ließ sich den schneidenden, von der salzigen See kommenden Wind um die Ohren wehen und atmete auf.
    Das Gelände zwischen den einzelnen Lagerhallen war in goldgelbes Scheinwerferlicht getaucht. Er sah den Parkplatz mit den Sattelschleppern direkt am Meer.
    Hier hat es angefangen, dachte er.
    Oder besser gesagt, hier hat es aufgehört.
    Er warf einen Blick auf seine Uhr.
    Es war Zeit.
    In weiter Ferne hörte sie ein Auto anspringen und wegfahren, hatte den Metallgeschmack noch im Mund. Sie blieb vornüber gebeugt sitzen, und es wurde dunkel und still.
    Sie fror. Ihr Körper war taub, ihre Gedanken gelähmt.
    Sie blieb auf dem Hackklotz sitzen und war dabei einzuschlafen, sank immer mehr zu einer Seite. Die Kälte und

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