Paraforce 4 - Die Blutsauger vom Drachenfels
Finsternis sind oftmals grausam.«
Das wissen wir , dachte Nils, unterbrach den Zwerg aber nicht.
»Wer einmal beginnt, die magischen Worte zu sprechen, darf nicht eher enden, bis er die letzte Silbe vollendet hat. Ansonsten wird ihn die Rache des Drachengeistes treffen und furchtbar bestrafen.«
»Das heißt, dass der Mann tatsächlich unverwundbar geworden wäre, wenn er das Ritual beendet hätte?«
»So ist es.«
»Ich habe doch gesagt, dass ihr elende Mörder seid«, zischte Sarah und schaute Nils mit funkelnden Augen an.
»Nein. Auf Dauer wäre er als unverwundbarer Mensch nicht glücklich geworden. Irgendwann wäre der Tag der Abrechnung gekommen. Auch für deinen Vater. Die Schuld liegt bei mir«, sagte Alberich. Die Traurigkeit in seiner Stimme war deutlich zu erkennen. »Ich hätte meine Aufzeichnungen besser verstecken müssen. Gebt mir das Buch und auch das Amulett. Ich werde es mit mir nehmen, auf dass es niemandem mehr jemals einen Schaden zufügen wird.«
»Was, wenn wir versprechen, die Schriften mit äußerster Vorsicht zu behandeln?«, fragte Lena, die Alberichs Buch genau wie Nils nicht aufgeben wollte.
»Du scheinst ein guter Mensch zu sein«, sagte der Zwerg. »Dennoch kann ich nicht riskieren, dass die Aufzeichnungen noch einmal in falsche Hände geraten. Ihr solltet vergessen, was ihr hier gesehen habt.«
»Wie könnten wir das?«, entgegnete Nils. »Bisher haben wir die Nibelungen für eine Sage gehalten. Jetzt haben wir einen Beweis dafür, dass Siegfried und Fafnir tatsächlich gelebt haben. Und auch du selbst bestätigst die Legenden, die sich um den Hort mit dem Schatz ranken.«
»Ihr solltet euch selbst den Gefallen tun und die Vergangenheit ruhen lassen. Vergesst die Nibelungen und alles, was damit zusammenhängt. Ich werde diesen Ort vernichten. Kein Mensch soll die Chance erhalten, ihn genauer zu untersuchen. Verlasst nun diese Grotte und kommt nie wieder hierher. Und jetzt gebt mir mein Eigentum zurück.«
Lena ging zu Alberich und reichte ihm das Buch und das Amulett. Nils hätte beides gerne behalten. Er fürchtete Alberichs Macht nicht und war sich sicher, dass es auch einen anderen Ausweg gegeben hätte. Lena hielt es aber offensichtlich für besser, den Aufforderungen des Zwerges Folge zu leisten. In dem Moment, in dem das Amulett wieder in den Händen seines ursprünglichen Besitzers war, kam Bewegung in die Schar der Fledermäuse, die die ganze Zeit über an der Decke des Gewölbes gesessen hatte. In einer endlos erscheinenden Woge flogen sie durch die Höhle in Richtung Ausgang und verschwanden.
»Ich danke euch für euer Einsehen«, sagte Alberich. »Geht jetzt und nehmt die verwirrte Seele zwischen euch mit.«
Gerne hätte Nils dem Zwerg noch einige Fragen über die Nibelungen und die Drachengrotte gestellt. Er musste aber akzeptieren, dass er nun keine Antworten mehr bekommen würde. Die Gestalt des Zwerges löste sich bereits auf. Innerhalb von wenigen Augenblicken wurde das sagenumwobene Wesen wieder zu einem Nebelschleier und verschwand schließlich endgültig.
Wieder ertönte ein leises Grollen innerhalb des Berges. Der Boden vibrierte. Kleinere Steine rieselten von der Decke. Das Blut in der Grotte warf erneut Blasen. Zunächst dachte Nils, dass es sich Alberich vielleicht anders überlegt hätte, aber das war nicht der Fall. Die Masse dehnte sich aus und quoll zähflüssig aus dem Becken hervor.
»Wir sollten jetzt wirklich verschwinden«, rief Nils, rannte zu Sarah und zog sie am Arm hinter sich her.
38
Das Beben in der Grotte verstärkte sich und immer größere Steinbrocken fielen den Flüchtenden zwischen die Füße. Nils zog Sarah unerbittlich weiter und machte erst Halt, als er den Gang erreichte, der ins Freie
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