Paraforce 5 - Ihr Part, Amanda Harris
Bett.
Da klopfte es an der Tür.
Wie hingezaubert lag die SIG in der Hand der Agentin. Die Browning hatte sie entsorgt. Aber aus Erfahrung reiste sie immer mit mehreren Waffen.
»Wer ist da?«, rief sie.
»Sally«, kam es zurück. Amanda versteckte die Waffe hinter dem Rücken und öffnete die Tür einen Spalt.
Lächelnd stand die Rothaarige mit einer Sektflasche und zwei Gläsern auf dem halbdunklen Flur.
»Ich dachte, wir sollten zusammen einen kleinen Begrüßungsschluck nehmen.«
Die Agentin gab die Tür frei und machte ein paar Schritte zurück. Unauffällig ließ sie die Waffe unter dem Rucksack verschwinden.
Sally kniff ein Auge zu. »Willst du deinen Freier abknallen?«
Ihr entging also nichts.
Amanda holte tief Luft, aber die Rothaarige winkte ab und schloss die Tür.
»Interessiert mich auch nicht. Jeder, der hier abtaucht, hat einen Grund dafür.« Sie stellte die Flasche und die Gläser auf den kleinen runden Tisch unter dem Fenster mit der Blümchengardine. »Keine Sorge – bei mir bist du sicher. Wovor auch immer.«
Amanda musterte die Frau und stellte fest, dass sie hier im Licht gar nicht so durchtrieben wirkte wie unten hinter dem Tresen.
»Kannst du deinen Empfang unten allein lassen?«, wollte sie wissen.
Sally lachte kurz auf. »Hab abgeschlossen. Wer was will, soll schellen.«
Sie setzte sich auf einen der Stühle und schenkte Sekt ein. Dabei schlug sie die schlanken, unbestrumpften Beine übereinander. Sie wippte leicht mit dem rechten Schuh, sodass dieser von der Ferse rutschte.
Sally reichte Amanda ein Glas. »Willkommen in meiner Hütte«, kam es leise.
Amanda lächelte, nahm das Glas und setzte sich ihr gegenüber.
»Danke. Ich heiße Amanda.«
Sie prosteten sich zu.
Danach ließ Sally den Blick über die Gestalt der Agentin gleiten.
»Ziemliche Wumme, die du da mit dir rumschleppst.«
Ehe Amanda etwas erwidern konnte, winkte Sally erneut ab. »Kein Problem. Tu mir nur den Gefallen und knall hier keinen ab. Die Bullen kann ich in meinem Haus nicht brauchen.«
Die Agentin schüttelte den Kopf. »Keine Sorge. Ich brauche nur ein Quartier, wo niemand groß fragt.«
Die Rothaarige nickte. »Dann bist du hier gut aufgehoben.«
Da kam Amanda ein Gedanke. Sie kramte ein Porträtfoto von Harry Farnvers aus dem Rucksack.
»Kennst du den?«
Sally ergriff das Foto. »Ist das dein Freier?«
Amanda schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe keinen Freier. Ich suche diesen Mann.«
Sally blickte auf. »Aha«, machte sie nur.
»Kein Aha ! Kennst du ihn?«
Die Pensionsbetreiberin blickte erneut auf das Bild. Dann schüttelte sie den Kopf. »Sorry – nein.«
Amanda steckte das Foto wieder ein.
»Weshalb suchst du ihn?«, wollte Sally nun wissen.
Amanda fixierte die Frau nur kurz. »Er hat was, was mir gehört.«
Die Rothaarige winkte ab. »Okay, okay … interessiert mich auch nicht.« Sie füllte die Gläser nach.
Amanda fragte noch, ob Sally ihr ein Auto besorgen könne. »Es wäre gut, wenn mein Name nirgendwo auftauchen würde.«
Die Rothaarige kniff ein Auge zu. »Geht klar.«
Nach zehn Minuten verabschiedete sie sich.
Amanda setzte sich auf das Bett und schloss einen Moment die Augen. Dann fiel ihr Blick auf ihr Mobiltelefon. Sie nahm es auf und schaltete es ab. Sie würde sich ein anderes Gerät besorgen, um nicht über ihre Nummer geortet zu werden.
8
London – fast zeitgleich
Der Frühnebel zog von der Themse hoch.
Sir Miles schaute von seinem Büro im obersten Stockwerk von New Scotland Yard in den Dunst. Amanda Harris hatte sich nicht gemeldet. Er seufzte. Sorgenfalten standen auf seiner Stirn. Er kannte Amanda bereits, seit sie den Sohn seines besten Freundes geheiratet hatte. Sicher – ihr Name war ihm durch besondere wissenschaftliche Artikel schon geläufig, doch Roger hatte sie ihm
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