Paraforce 5 - Ihr Part, Amanda Harris
Amanda die knarrende Treppe zur ersten Etage hinauf.
An einer Tür mit abgeplatzter grüner Farbe klopfte sie. Es dauerte einen Moment, bis ein schlanker, kleiner, drahtiger junger Koreaner öffnete. Er blickte mürrisch, doch dann wurden seine Augen tellerrund.
»Das … gibt es nicht …«, stammelte er.
Amanda lächelte. »Hallo Che. Lange nicht gesehen.«
Es dauerte noch einen Moment, bis sich der angesprochene Mann von seiner Überraschung erholt hatte.
»Amanda Harris – meine Studienfreundin aus Yale!«
»Darf ich hereinkommen?«
Che schluckte verlegen. »Ja … klar … sicher …«
Die Wohnung, so stellte Amanda fest, unterschied sich in der Unordnung kaum von seiner damaligen Studentenbude. Amanda und er hatten im Wohnheim Tür an Tür gelebt.
Sie sah sich um. Der Hauptraum zeigte sich vollgestopft mit Elektronik und Computern.
»Nimm Platz.« Che räumte mit einer Armbewegung einen Stapel Fachzeitschriften von einem Plastikstuhl.
Amanda grinste, während sie die Augen schweifen ließ. »Wie ich sehe, bist du immer noch in deinem Metier.«
Che fuhr sich mit einer Hand durch das wirre schwarze Haar. »Na ja … man muss leben und für einen Computerfachmann ist hier noch ein weites Feld.«
Amanda nickte und angelte sich einen Zigarillo aus ihrer Umhängetasche. »Was treibst du genau?«
Che zuckte mit den Schultern. »Ich berate Firmen in Sachen Netz-Sicherheit.«
»Dann lebst du hier in diesem Kaff?«
Che wiegte den Kopf. »Für manche Sachen ist das besser. Ich hatte mal Ärger vor zwei Jahren mit den Sicherheitsbehörden. Da hielt ich es für besser, etwas abzutauchen.«
Amanda runzelte die Stirn. »Und deine Kunden?«
»Mein Klientel erreicht mich über das Netz. Die brauchen keinen persönlichen Kontakt.« Er stockte kurz. Dann fragte er leise: »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
Amanda kicherte. »Von Sally.«
»Ah!«, machte Che nur kurz.
Amanda nickte. »Es war eher zufällig. Wir unterhielten uns über unser vergangenes Leben und da nannte ich auch deinen Namen. Sie blickte mich mit großen Augen an und … na ja … es stellte sich heraus, dass ihr euch kennt.«
Che setzte sich auf seinen Computerstuhl. »Ja … Sally ist meine einzige richtige Vertraute.«
Amanda schaute den jungen Mann fragend an.
Che hob ein wenig die Hände. »Sie war damals bei Warren&Cumber beschäftigt. Eine Firma für Spezialkabel. Hauptsächlich bei der Luftfahrt im Gebrauch. Ich beriet dieses Unternehmen bis …«
Er biss sich auf die Lippen.
»Bis?«, fragte Amanda mit ernstem Gesicht.
»Na … die Firma arbeitete auch für ein neues Geheimprogramm der Abwehr. Ich weiß bis heute nicht, was dahinter steckte. Jedenfalls waren auch Engländer beteiligt. Eines Tages war ein Programm manipuliert worden.«
Amanda blickte Che abwartend an. Che stand auf und wedelte mit den Armen. »Jedenfalls waren die Ermittler der Ansicht, dass nur ich es gewesen sein könne. Ich kannte die Passwörter.«
»Aber sicher kannte auch noch jemand anders sie«, warf die Agentin ein.
Che wirbelte herum. »Sicher. Dieser englische Techniker. Harry Farnvers hieß er glaube ich … ja – so hieß er. Aber man fand heraus, dass die Manipulation von meinem Computer aus stattgefunden hatte.«
Bei der Nennung des Namens war Amanda unwillkürlich zusammengezuckt. Doch sie hatte sich rasch wieder im Griff.
»Okay – was passierte dann?«
»Ha!«, machte Che nur. Dann blickte er die ehemalige Studienfreundin hart an und sagte: »Ich wurde vom Geheimdienst mitgenommen. Sie wollten meine Auftraggeber wissen. Ob ich Kontakte zu Nordkorea hätte. Das hatte ich natürlich nicht! Aber sie glaubten mir nicht!« Er verstummte und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
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