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Paraforce 6 - Die Stunde der Bestie

Paraforce 6 - Die Stunde der Bestie

Titel: Paraforce 6 - Die Stunde der Bestie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Slaterman
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über das unrasierte Kinn. Es war deutlich zu sehen, wie er mit sich haderte. Geraume Zeit herrschte in der Küche eine unwirkliche Stille, bis Lugginger seufzend die Schultern hochzog. Ein Blick in das Gesicht seiner Tochter, die ihm aufmunternd zunickte, hatte ihn offensichtlich umgestimmt.
    »Gut, aber wenn irgendjemand von euch zu lachen anfängt, verlasst ihr alle sofort den Hof.«
    Tobias nickte ihm entschlossen zu.
    »Solange ich hier bin, lacht keiner.«
    »Diese Verkleidung, wie Sie es nennen, ist eine alte Volkstracht, die meine Urgroßmutter noch selber genäht hat. Der Stoff wurde in der Kirche der heiligen Sankt Anna im Reuttener Franziskanerkloster mehrfach geweiht und die Flüssigkeit in den Thermoskannen war Alraunenwasser.«
    »Al… was?«, unterbrach Meitner den Redefluss des Älplers und erntete dafür ein mitleidiges Lächeln.
    »Alraunen. Sagen Sie bloß, Sie wissen nicht, was das ist?«
    Meitner schüttelte den Kopf.
    »Die Alraune ist eine Art Zauberpflanze. Wenn man ihre Wurzel in heißem Wasser badet und es mit Rosengallen, Zapfen der Zirbelkiefer und Stücken von Eisenblüten versetzt, erhält man eine Tinktur, gegen die selbst der Teufel machtlos ist. Elisabeth sollte damit einen unsichtbaren Bann um unser Land ziehen, damit wir vor dem Bluatschink sicher sind. Die geweihte Tracht hätte sie dabei beschützt.«
    Braun blickte etwas ungläubig drein, während Harald Meitner seinen Kollegen Gösser ansah und sich dabei verstohlen mit dem Zeigefinger an die Schläfe tippte.
    Tobias Salcher sah das Ganze etwas anders.
    Wie jeder Tiroler kannte auch er die Sage von dieser menschenfressenden Bestie, die angeblich in den Tiefen des Lech hauste und mit Vorliebe Kinder und Jugendliche überfiel. Im Gegensatz zu den meisten anderen jedoch glaubte er tief in seinem Innersten zu wissen, dass auch in dieser Legende, so absurd sie auch klang, irgendwo ein Körnchen Wahrheit steckte.
    Er konnte sich nicht erklären warum, es war einfach so.
    »Sie glauben mir nicht, oder?«, fragte Lugginger.
    »Es fällt mir zumindest schwer«, gab Tobias unumwunden zu.
    Der Bauer lächelte abfällig. »Keine Sorge, Sie werden Ihre Meinung auch noch ändern. Spätestens dann, wenn man das nächste Opfer wieder blutleer und angefressen am Lechufer findet.«
    Jäh sprang Tobias auf und brachte sein Gesicht dicht an das des Mannes.
    Woher wusste Lugginger davon?
    Vom wirklichen Zustand der Toten war kein Wort an die Öffentlichkeit gedrungen. Man hatte, um einer Hysterie vorzubeugen, in der Presse lediglich verlauten lassen, dass die Opfer äußerst brutal ermordet wurden. Auch seine Kollegen schienen plötzlich aufgeschreckt. Wie auf einen lautlosen Befehl hin richteten sie sich beinahe gleichzeitig in ihren Stühlen auf und starrten den Mann aus großen Augen an.
    »Woher haben Sie diese Information?«, fragte der Innsbrucker Polizist scharf. »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    »Wie … wie meinen Sie das?«, erwiderte Lugginger zögerlich.
    Es war ihm anzusehen, dass ihn die Reaktion auf seine Worte hin erschrocken hatte.
    »Das erkläre ich Ihnen später, erst will ich wissen, wie Sie dazu kommen, solche Dinge zu behaupten. Waren Sie etwa heimlich am Tatort, und wenn ja, was genau haben Sie dort gesehen?«
    »Haben Sie es noch jemand anderem erzählt«, fragte Braun.
    »Langsam, langsam«, sagte der Bauer, dessen Kopf zwischen den beiden Polizisten hin und her ruckte. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er sich von der Situation überfahren fühlte.
    »Zunächst möchte ich eines einmal klarstellen, ich war nirgendwo, schon gar nicht an einem Tatort und erzählt hat mir auch keiner etwas. Ich weiß es eben, weil ich die Zeichen erkannt habe und weil ich ihn im Gegensatz zu allen anderen für kein Hirngespinst halte. Ich weiß inzwischen sogar, wo er sich versteckt hält.«
    Nachdem die Unterhaltung noch eine Viertelstunde hin und her wogte, ohne dass sie für Tobias neue Erkenntnisse gebracht hatte, gab er seinen Kollegen das Zeichen zum Aufbruch. Kaum hatten die Beamten das Haus verlassen, begannen Gösser und Meitner auf dem Weg zu den Streifenwagen eine lebhafte Diskussion.
    »Also meiner Meinung nach ist Lugginger nicht mehr ganz richtig im Kopf«, sagte Meitner und fuhr sich mit der Hand wie mit einem Scheibenwischer vor den Augen hin und her.
    »Der Alte ist mir eigentlich egal«, erwiderte Gösser freudlos und zeigte seine Zähne. »Mir tut es nur um die Kleine leid. Bis sie volljährig ist, muss sie mindestens

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