Paraforce 7 - Ex Sciente Lux
verfasst.
Ich hatte mir den Text mehrfach durchgelesen. So lange, bis ich die Daten auswendig kannte. Nun kauere ich in Hockstellung vor der Kultstätte und betrachte sie.
Verrate mir dein Geheimnis. Was bist du, was machst du und wie kann ich dich aktivieren?
Die Menhire nur zu berühren ist sinnlos – ich hatte es probiert. Zwar fühlen sich die Steine seltsam warm an, und Chantalle bestätigte mir, dass sie von einer ihr fremden Kraft durchflossen werden. Mehr aber erbrachte die Berührung nicht.
»Hast du deinen Trunk zu dir genommen?«, fragt Chantalle, während sie den Raum betritt. In der einen Hand hält sie ein Glas mit dem grünen Saft, in der anderen eine Banane. »Du weißt, dass Regelmäßigkeit wichtig ist!«
»Ja ... Ich habe es vergessen.« Seufzend nehme ich das widerliche Gesöff entgegen und kippe es runter. Ja, es hält mich am Leben, aber was wäre so schlimm daran, wenn es nicht nach all den verschiedenen Kräutern schmecken würde? Ein bisschen Waldmeister, oder Himbeere. Oder Honig. Selbst Zucker wäre bereits eine Bereicherung. Stattdessen ist der Trunk grün, bitter und hinterlässt einen widerlichen Geschmack, der sich nur mit einer Banane oder einem Stück Schokolade vertreiben lässt.
»Eine Formulierung lässt mich nicht los!«, lasse ich Chantalle wissen, nachdem ich die Banane gegessen habe. »Ricks sagte, die Kraft des Ortes sei größer als jene von Twelve Hides . Seltsam, oder? Warum verglich er die beiden Orte?«
Meine Gefährtin zuckt mit den Schultern, während sie zärtlich meine Schultern berührt. »Ich weiß nicht einmal, was Twelve Hides überhaupt ist!«
»Eine Gegend in Glastonbury. Der Name geht auf die Druiden zurück, die dort einst lebten. Sie nannten das Gelände Twelve Hides – also Zwölf Häute . Sie schenkten es den ersten Christen, die diese Region erreichten, damit diese eine Kirche darauf errichten konnten; Glastonbury Abbey.«
»Die Kelten schenkten den Christen ein Grundstück, damit die einen fremden Gott anbeten konnten?«, wundert sich Chantalle.
»Nein, nein – für die Kelten war der Christengott lediglich eine andere Form ihrer Götter. Alle Götter sind ein Gott! Das war der Grundsatz. Sie ahnten vermutlich nicht, dass die Christen das ein bisschen anders sahen und bald schon das Wort ihres Herrn mit Feuer und Schwert verbreiten würden.«
»Der Beginn der Christianisierung, hm?« Meine Gefährtin beugt sich zu mir hinab und umschlingt meinen Oberkörper mit ihren Armen. »Überanstrenge dich nicht!«
Sie hat recht – die Müdigkeit in mir wird von Minute zu Minute stärker. Am liebsten würde ich mich an Ort und Stelle niederlegen.
Aber die Sache lässt mir einfach keine Ruhe!
»Die Christianisierung wurde unter den Römern stark vorangetrieben. Als sich die Römer zurückzogen, gab es viele, die an eine Rückkehr der alten Götter, des alten Weges glaubten. Artus soll zu dieser Zeit König von Britannien gewesen sein; der Legende nach war es an ihm, das Christentum zurückzudrängen. Dann aber verliebte er sich in eine Christin und das Schicksal war besiegelt.«
»Rex Arturius.«
»Ja.« Ich schließe die Augen und denke nach. »Hic iacet sepultus inclitus rex Arturius in insula Avalonia«, murmele ich dann. »Dieser Satz stand auf einem Kreuz, das man auf einem Grab nahe der Abbey fand. In dem Sarg lagen ein Mann und eine Frau – die Mönche gingen davon aus, tatsächlich König Artus gefunden zu haben. Oder sie fälschten all das, um an Geld zu kommen.«
»Warum wollte dieser Alex Brown die Menhire zerstören?«, fragt Chantalle unvermittelt. »Nur, damit du sie nicht als Heilmittel nutzen kannst? Das erscheint mir doch eher ... seltsam!«
»Mir auch. Zumal diese Typen offenbar nicht einmal wussten, wie man sie einsetzt. Und was sollte der Befehl, dass mir nichts geschehen dürfe? Alex wäre vermutlich froh, würde ich ...«
Noch ehe ich den Satz beenden kann, leuchtet der mittlere der sieben Menhire plötzlich auf. Er erstrahlt in einem satten Gelb, Hitze geht von ihm aus und zwingt uns zum Rückzug.
Die Luft zwischen ihm und den sechs im Kreis um ihn herum angeordneten Steinen flirrt. Erst denke ich, es läge an der Hitze. Dann aber wird aus dem Flirren eine transparente Leinwand.
Ein Hügel zeichnet sich ab, sowie ein Turm. Wir sehen Männer und Frauen den Hang hinauf gehen; einige tragen Rücksäcke, andere nicht.
Außer dem Wind, der um den Hügel streift, und dem Stapfen der Füße im Schnee ist nichts zu
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