Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
Vom Netzwerk:
ablenken, sagte Gyöngyvér etwas später, und ihre Stimme sank tiefer als sonst.
    Das war ihre natürliche Stimmlage, wenn sie sang.
    Aber wovon müsste ich dich ablenken, fragte der Mann überrascht, als würde er aus einem langen fernen Traum erwachen.
    Ach, von nichts, ich weiß gar nicht, eigentlich von nichts, sagte Gyöngyvér, obwohl sie es schon wusste.
    Sie hatte Angst.
    Sie durfte es nicht aussprechen, sie fürchtete, dass es Worte gab, mit denen sie sofort alles verderben würde. Ja, sie hatte dem Mann verboten, sich zu bewegen, trotzdem hätte sie sagen wollen, jetzt fick mich doch endlich richtig. Was ja bedeutet hätte, dass das, was sie taten, nichts Richtiges war. Weil sie fortwährend anhielten. Weil sie redeten. Für eine Menge anderer Dinge hatte sie hingegen überhaupt keine Worte. Zum Beispiel dafür, warum sie es trotzdem so gern aussprechen würde. Oder wer eigentlich, wo sie ja schon redeten, ihnen verbot, alles auszusprechen.
    Unter ihnen knackte die uralte Federung des Betts. Der Mann drang mit einer einzigen kurzen Bewegung der Hüfte noch tiefer in ihre Scheide ein, als verstünde er ihren stummen Wunsch, worauf unter der Decke ein dumpfes, weiches, volles Schmatzen zu hören war, eigentlich war es schmerzhaft, er war grob. Auch für ihn war es nicht angenehm, sein Schwanz war vor lauter Warten und Zurückgehaltenwerden zu hart. Die sich eng anschmiegende gerippte Wand der Scheide knüllte die ungewöhnlich üppige Vorhaut unter den Rand der Eichel, das empfindliche kleine Bändchen wurde zu stark gespannt. Er zog sich zurück, langsam, vor Schmerz ein bisschen zischend, und rückte mit dem Hintern, dessen pralle Backen die Frau jetzt mit den Händen drückte und nicht lassen wollte, er spürte ihre Nägel, so weit weg, bis er am Rand der Eichel den kühleren, schneidend wirkenden Scheideneingang spürte.
    Sie wussten nicht, was sie wollten.
    Er blieb so, drinnen, an der Grenze zum Draußen. Als wäre er irgendwie an der anderen Person stecken geblieben. Eine einzige Bewegung, und er würde herausfallen oder wieder hineinrutschen. Unter dem Eichelrand brannte das Bändchen, war vielleicht auch angerissen.
    Ich wollte dir etwas ganz anderes erzählen, sagte der Mann halblaut mit überraschend nüchterner Stimme und hauchte der Frau kurze, eilige Küsschen zwischen die sanft geöffneten Lippen.
    Während er das tat, schlug Gyöngyvérs geschwollener, vorstehender Kitzler rhythmisch gegen den gespannten Eichelrand. Da mussten sie auch mit den Küsschen aufhören.
    Mit diesen kurzen schmerzhaften Lustschüben konnte keiner von ihnen etwas anfangen.
    Diese besondere scharfe Empfindung, die alle anderen Empfindungen und Gedanken verdrängte, brannte sich beiden auf ewig ein.
    Es ließ sich auch nicht feststellen, was der Mann verbarg oder aufdeckte, und womit. Ob er diese Küsschen so rasch wie möglich hinter sich bringen wollte und sie deshalb so hastig austeilte, beinahe unaufmerksam, oder ob er im Gegenteil die Nüchternheit der vorangegangenen Rede aufheben wollte, den stillen Argumenten der Vernunft ausweichen, vielleicht ein Gleichgewicht herstellen zwischen Ekstase und Nüchternheit. Die nüchterne Vernunft war sehr löblich, und zu nichts nütze.
    Ein solches Gefühl muss es sein, wenn physikalische Körper miteinander verschmelzen.
    Zärtlichkeit durchzieht ihren gemeinsamen Schmerz, was ihn nicht lindert. Er war überzeugt, die Frau gefunden zu haben, mit der er zusammenleben sollte. Ihre ausgetrockneten Lippen waren jedenfalls schon eine Weile zusammengeklebt und trennten sich mit kleinen Knallgeräuschen.
    Darüber mussten sie wieder lachen.
    Eigentlich wollte ich gar nicht das erzählen, fuhr er fort und artikulierte deutlich, um das dumme Gekicher zu unterdrücken, sondern wie ich alles vorausgesehen hatte, schon auf dem Bahnhof in Zürich. Er wollte mit Worten über ihre körperliche Unvernunft hinwegkommen. Dieser Freund meines Vaters erwartete uns, du weißt doch, von dem ich dir erzählt habe. Aber wieder, sosehr er sich dagegen wehrte, tauchte de Lecluses blasses Gesicht vor ihm auf, und nicht das von Gustav Grasser.
    Er wusste schon, warum er davon nicht loskam.
    Und der silbergraue Delahaye mit den schwarzen Kotflügeln, sagte er und spürte, wie gefährlich nahe sich die beiden Namen kamen. Der kostete damals vierzigtausend Schweizer Franken. Nützt zwar nicht viel, wenn ich dir das sage, du verstehst es ja doch nicht. Ein großes Landhaus kostete damals so viel.
    Warum

Weitere Kostenlose Bücher