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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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einigermaßen.
    Bis dahin hatte ich nicht mehr an die Existenz der Frauen gedacht.
    Ein Männermund hatte mich auf eine Art in Besitz genommen, dass ich mich selbst besitzen durfte, während ich in die Scheide einer Frau geraten schien.
    Ich erschrak, ich durfte nicht zulassen, dass sich das weibliche und das männliche Prinzip vermischten, und mein Schrecken brachte mich wieder in diese Welt zurück.
    Doch dann erinnerte mich seine hin und her schlagende Zunge daran, dass wir uns ganz woanders befanden und dass die Frauen nichts damit zu tun hatten.
    In dieser Überschneidung von abstraktem Denken und Empfinden wollte sich mein Mund schon zu einem heiseren Schrei öffnen, was aber der Schnurrbärtige mit seinen vollen Lippen so verstand, dass ich mich öffnete, und mit seiner harten Zunge ebenfalls zustach. Am Geschmack seines Speichels spürte ich, dass er Munkás rauchte, Gespritzten aus säuerlichen Sandweinen trank, kurz vor mir den Schwanz eines anderen im Mund gehabt und zuvor etwas mit Zwiebeln, vielleicht ein kleines Pörkölt, gegessen hatte.
    Schon am vorangegangenen Abend hatte ich das Abendessen verpasst, jetzt aber fiel mir Ilonas Reishuhn ein, von dem Reste im Topf auf dem Herd auf mich warteten.
    Falls nicht Ágost nach Hause gekommen war und es verschlungen hatte.
    Ich wurde zwischen ihren Händen hin und her geworfen.
    Niemand machte besseres Reishuhn. Aus Hälsen, Lebern, Flügeln, mit Tomatensauce, und sie sagte jeweils noch eigens, Kristófchen, vergessen Sie nicht, es gibt heute Reishuhn.
    Ich hatte noch nie den Schwanz eines fremden Mannes in der Hand gehabt, und auch nie meinen Mund im Mund eines anderen.
    Manchmal aß Ágost meine Portion ohne Umschweife auf.
    Seit drei Tagen suchten sie ihn vergeblich, er war irgendwo verschwunden, mit seinem großen Schwanz, um den ich ihn höllisch beneidete. Der war genauso verfressen wie seine Mutter.
    Und nirgends zu finden.
    Ich hätte gern gewusst, was ich mit ihm anfangen soll, da sie ihn mir nun einmal in die Hand gegeben hatten.
    Auch der Pisti kam mir in den Sinn, was der sagen würde, wenn er hereinkäme und sähe, was ich hier trieb.
    Ich packte ihn, umklammerte ihn wie ein Säugling seine Rassel, hatte aber Angst, dass ihm das nicht gefiel.
    Irgendwann knöpften sie mein Hemd auf, rissen meine schwarze Röhrenhose herunter, bis sie zusammen mit der Unterhose unter den Knien feststeckte und der Riese sich meinen Arsch an den Mund hob. Sie packten meine Brustwarzen, drehten an ihnen, dass es wehtat. Wer von den beiden, wusste ich nicht. Personen als solche interessierten mich nicht mehr, genauer, andere Personen erschienen vor mir, denn die beiden hatte ich mit dem ganzen Körper akzeptiert.
    Sie wussten alles von mir, durften alles, mit ihnen brauchte ich mich nicht mehr abzugeben.
    Ich quetschte ihn, denn das wusste ich noch, wem er gehörte und wollte ihm zurückgeben, was er für mich tat. Mit kleinen Berührungen tastete der Riese rasch die angespannte Muskulatur meiner Oberschenkel und Waden ab. Jedenfalls hoffte ich, dass es nicht jemand anders war. Ich fühlte mich, als würde ich zwischen den beiden schweben. Manchmal spürte ich zwischen Himmel und Erde auch seine heißen Lenden, seinen kühlen Bauch, seinen an meinen Schwanz gepressten Steifen.
    Ich hätte aufschreien mögen, was tut ihr mit mir, ich spannte mich wie ein Bogen. Von irgendwo weit oben stürzte ich in die Tiefe, sah meinen eigenen Sturz, kam aber nie auf dem Boden an. Es gab keine Erde, die mein Gewicht aufgefangen hätte. In meinem Entsetzen hatte ich vielleicht doch noch einmal meine krampfhaft geschlossenen Augen kurz geöffnet, denn ich sah ganz aus der Nähe, wie er sich über mich beugte. Bestimmt hatte ich sie geöffnet, um mich zu vergewissern. Ich sah sein wahnwitziges Lächeln, also war es doch er, der auf meinem hilflosen Körper spielte wie auf einem Musikinstrument, und ich sah auch, dass dieser Mensch verrückt war. Als würde er meine Lust nicht nur auslösen, sondern ihr auch in allen ihren komplizierten Verästelungen folgen, und das wäre es, was ihm die größte Lust verschaffte.
    Mir, mir.
    Ich hätte vor tierischer Freude geschrien, wenn der Schnurrbärtige, statt mit seiner Zunge, die wie ein Keil schlüpfrig, stark und scharf in mich eindrang, mir nicht mit zwei langen Fingern in die Mundhöhle gestochen hätte. Es tat weh, er ritzte mir mit den Nägeln die Zunge, ich erstickte fast. Ich musste hineinbeißen, nicht bewusst, aber doch absichtlich.

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