Parallelgeschichten
Nicht nur er brüllte auf, vor Schmerz und Lust, in meinem Mund vermischte sich sein Blut mit dem meinen, sondern die Dunkelheit war schon voll von solchem halb unterdrückten Gestöhne, kleinen Schreien, Jammern, kaum zurückgehaltenem Gebrüll.
Verständliche Wörter waren nicht darunter.
In der Tiefe des Dunkels leuchteten zwei umeinandergeflochtene Körper, nackt, wie mir schien, abgesehen von ihren auf die Füße gerutschten Hosen. Sie waren jeder im Mund des anderen versunken, und zwischen ihren aneinandergepressten Körpern schauten die Köpfe ihrer steifen Schwänze hervor.
Der Riese hob meinen Arsch noch mehr an und wollte mir einen Finger in den Anus stecken.
Ich erschrak.
Zum Glück gab der Schließmuskel nicht nach.
Alles war lustvoll, auch der Schreck, es kam mir auf einmal vor, als blickte ich als Säugling aus alter Zeit zurück.
Dieser fremde Blick sah zwischendurch auch, was die anderen ringsum trieben.
Auch wenn er nicht begriff, wie er auf den Steinboden hinuntergeraten war.
Er liegt mit nacktem Hintern in kühler Feuchtigkeit und spürt an seinem nassen Hemd, dass auch sein Rücken auf dem Stein liegt. Wer hatte das getan. Vielleicht liegt er nicht in dem Wasser, das hinter der offenen Tür immer noch aus dem Hahn tropft, sondern in Pisse, in fremdem Urin. Das war wohl sein erster Gedanke, als er wieder halbwegs bei Sinnen war. Dann sah er die mächtigen Schatten, die sich über ihm türmten. Er hätte nicht zu zählen vermocht, wie viele Männer es waren, die mit seltsamen kleinen Lauten ihr Sperma auf den entblößten, auf dem Boden liegenden Körper abluden.
Es fiel mit leisem Platschen auf seinen Bauch, seine Brust, es war warm.
Endlich begriff er, dass er zwar nichts fühlte und nichts wusste und alles verspätet wahrnahm, aber dass das alles wohl bedeutete, dass er schon gekommen war und die zwei, die er so liebte, die bei ihm innerhalb von einigen Minuten diese ganze jetzt abflauende Welle von Lust ausgelöst hatten, bereits verschwunden waren.
Sie hatten ihn auf den Boden geworfen.
Und waren in der Nacht verschwunden, auf der Suche nach anderen Befriedigungen.
Vampire waren das, und also hatte er kein Blut mehr, sogar das Mark hatten sie ihm aus dem Rückgrat gesaugt, und jetzt kam der Tod.
Der schwarze Hund war sein Vorbote gewesen.
Der Riese vom Zwanzig-Forint-Schein, mit dem er sein ganzes Leben hätte verbringen wollen, war verschwunden.
Nicht einmal umarmt hatte er ihn, nicht einmal geküsst, kein Wort war zwischen ihnen gefallen. Kein Wort hat er für mich gehabt, kein einziges Wort.
Von jetzt an muss man ein ganzes langes Leben im Tod zubringen.
Eine brandneue Zivilisation
Als Ágost die Augen wieder aufschlug, auch wenn er nicht hätte sagen können, wann er sie, wenn überhaupt, geschlossen hatte, sah er im Dunkeln eine opalen dämmernde Oberfläche, mit der er zunächst nicht anzufangen wusste.
Er lag rücklings auf einer patschnassen Decke, über ihm das weit offene Fenster des Dienstbotenzimmers, dahinter der leere Nachthimmel.
Dahin starrte er, in diese Leere.
Am Himmel der stark gestreute, gelblich rötliche Widerschein der Stadt. Als blicke er in einen geometrisch konstruierten Raum, dessen Perspektive er nicht erfasste, genauso wenig wie sein eigenes Innenleben. In der reglosen Sommerstille, in deren Tiefe die ferne Váci-Ausfallstraße mit ihren auch nachts arbeitenden Fabriken brummte, hämmerte, ratterte und quietschte, war aus der Nähe ein Knacken zu hören.
Er gelangte zu der Feststellung, dass die Luft in ihrer unsichtbaren Masse die Lichter mittrug.
Gyöngyvér kam gerade von irgendwoher zurück.
Da merkte er, dass er wieder zu einer Frau gehörte, oder zumindest zu einer Frau in ein freudloses Untermieterzimmer gekommen war.
Als man ihn ein paar Jahre zuvor unerwartet aus dem Auslanddienst nach Hause zurückbeordert hatte, fand er die Enge der Innenräume besonders erregend.
Wie sind hier die Menschen zusammengepfercht, wie intim sie zusammenleben.
Sie müssen sich vorsichtiger bewegen, um sich das Wohlwollen der anderen zu erhalten. Sie dürfen untereinander nicht kühl und distanziert sein, sie sehen sich ja gegenseitig ins Leben hinein, reden auch mit jeder ihrer Bewegungen drein. Jetzt aber schien ihm das alles schon eine Weile im Zeichen einer unnötigen Gereiztheit zu stehen, eines Zwangs, den man loswerden müsste. Aber nichts führt aus dieser Enge hinaus.
Wo warst du, fragte er faul und schläfrig.
Dabei freute er sich, dass
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