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Parallelgeschichten

Parallelgeschichten

Titel: Parallelgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Péter Nádas
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Füße so empfindlich, dass sie gleich wund gerieben würden. Wenn sie nur einmal auf den Markt gehe, sei es schon aus, ihre Füße eine große Wunde, die Schuhe manchmal nass von Blut, alle Schuhe seien so, rieben, drückten sie wund, sie habe nichts anzuziehen, wegen Ihres widerlichen Geizes quetsche ich meine Füße nicht in blutige Schuhe, obwohl sie doch ausgehen müsse, denn dieser unnütze Unglücksmensch, den wegen seines entsetzlichen Geizes seine eigenen Kinder verlassen haben, mit dem sie nicht reden, den sie hassen, den sie verachten, weil er gemein ist, gemein, wird auf dem Markt immer betrogen, faule Früchte verkauft man ihm, ihm gibt man das Zermanschte mit den Würmern, der kann daraufstarren, solange er will, der merkt nichts, wenn es wenig kostet.
    Das Fleisch stinkt schon, aber er kauft es.
    Kein Schuster könne ihr helfen. Einmal, ja, da habe sie einen anständigen Schuster gehabt, aber wo ist der schon.
    Gesegnet sei sein Angedenken.
    Heute können oder wollen die Schuster ihre Schuhe nicht mehr richtig ausweiten, wenn sie doch wenigstens ein einziges Paar anständig ausweiten würden, das feine Rindsleder gäbe schon nach, alle ihre Schuhe sind nach Maß gefertigt, damit sie ihr den Rist oder die Ferse nicht aufreiben. Beim Angedenken ihres lieben Vaters, sie habe nie solche Qualen erlebt, und jede Woche müsse sie das durchstehen, wenn sie auf den Markt gehe, das sei ihr Los. Nicht nur der Schuster ist so gemein, so hinterhältig, so gemein, ich weiß gar nicht, wie der heißt, der ist schlimmer als die Goj-Schuster, noch schlimmer ist nur der Metzger, der ist ein gemeiner, gewöhnlicher Verbrecher.
    Richtig gemein.
    Hören Sie her, Mensch, weil ich rede ihn so an, wer kann sich schon den Namen dieser Schuster merken, ich zahle Ihnen alles für ein paar anständige Schuhe. Gott ist mein Zeuge, wenn ich sie anprobiere, passen sie noch an meine Füße, na sehen Sie, wie schön Sie das gemacht haben, aber bis ich zu Hause bin, sind meine Füße eine große Wunde.
    Ich habe Ihnen doch schon gestern gesagt, dass es Leber geben wird, sagte sie jetzt.
    Aber Sie vergessen ja alles gleich. Luft bin ich für Sie. Gestern habe ich Ihnen doch schon gesagt, Unglücksmensch, dass ich für Sie ein schönes Stück Leber gekauft habe, aber ich rede ja gegen eine Wand. Ich selbst esse keinen Bissen davon, ich habe wieder einmal geschworen, auf alles, was mir lieb ist, zu diesem
schochet
gehe ich nicht mehr. Da können Sie mir sagen, was Sie wollen, das ist kein Mensch. Gemein ist der. Sie nehmen ihn in Schutz, ich solle nur gehen und bei ihm Leber kaufen für Sie, aber dem tropft der
chaser
sogar von den stinkenden Mundwinkeln, sagte sie mit monotoner, fast gelangweilter, psalmodierender Kopfstimme, dann rief sie plötzlich sehr laut, als gehorche sie mit dem ganzen Körper einer unbekannten Leidenschaft, der Leidenschaft ihres Rechthabens.
    Sehen Sie es denn nicht, sie riss mit der Holzkelle den Fäden ziehenden Teig aus der Schüssel, Sie haben nicht einmal den Blick für die Bosheit. Richtig gemein. Sie sind nicht weniger gemein als die anderen. Na schön, ich will für Sie das Stück Leber braten, fügte sie fast zärtlich hinzu, dumm wie ich bin, ich gebe Ihnen ja immer in allem nach, und der unerwartete emotionale Umschwung galt nicht ihrem Mann, nicht diesem Unglücksmenschen, sondern dem schönen Stück Leber, denn die briet sie gern, ebenso gern wie sie diese Wörter möglichst oft und möglichst genussvoll in den Mund nahm.
    Die unter der bläulichvioletten Haut blutpralle Leber in den Mund nehmen, auch wenn sie niemals davon gegessen hätte.
    Ich hoffe, Sie freuen sich auf das schöne Stück Leber.
    Ich will sie wieder schön durchbraten. Vom Blut bleibt kein Tropfen, haben Sie nur keine Angst.
    Die ganze Zeit blickte Gottlieb nicht von seinem Gebetbuch auf, nicht aus Bosheit, sondern aus nüchtern kalkulierter Güte und Selbstschutz. Seit sich der Zustand der Frau verschlechtert hatte, ließ er sie fast immer reden, ertrug fast alles, schützte sich vor der emotionalen Überlastung mit vorsichtig bemessener Gleichgültigkeit, um es neben ihr aushalten zu können.
    Er liebte sie nicht, hatte sie auch früher nie geliebt, die Frau ihn auch nicht, nie, keinen Augenblick war es ihm gelungen, diese Frau lieb zu gewinnen, und so fiel ihm diese Haltung ungeheuer schwer. Ein unabsehbares Leben lang immer wieder die Haltung finden, auch wenn sie jeweils unerträglich lange Minuten dauerte.
    In den ersten

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