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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gregory Browne
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den Gummi an Ort und Stelle.
    »Nur eine kleine Vorsichtsmaßnahme. Ich will doch nicht, dass Sie sich die Zunge abbeißen.«
    Normalerweise produzierte ein Elektroschockgerät dieselbe Menge Strom wie eine Steckdose und jagte einen Stromschlag durch das Gehirn des Patienten. Tolan war nie ein Befürworter von Elektroschocks gewesen, hatte auch niemals welche verabreicht, doch er wusste, nicht sachgemäß ausgeführt und ohne Narkosemittel war die Behandlung nicht nur schmerzhaft und gefährlich – sie konnte tödlich sein.
    »Mit welcher Dosis sollten wir Ihrer Meinung nach anfangen?«, fragte Vincent. »Zu hoch, und sie werden bewusstlos – das wollen wir doch nicht. Zu niedrig, und wir verfehlen das oberste Ziel der Behandlung.«
    Tolan versuchte, die Arme zu bewegen, zerrte an den Gurten. Es nutzte nichts.
    »Fangen wir mit 250 Volt an und arbeiten uns dann hoch.«
    Ein weiterer Schalter wurde betätigt, und Tolan hörte ein leichtes Summen.
    Oh, mein Gott, dachte er. Er macht es tatsächlich. Er wird –
    Schmerz schoss Tolan in den Kopf, eine scharfe, glühende Klinge, die kurz darauf seinen ganzen Körper durchschnitt. Ein marternder Schmerz, schlimmer als alles, was Tolan je erlebt hatte. Ohne es zu wollen, krümmte er sich, kniff die Augen zu, biss so fest auf den Gummi, dass er das Gefühl hatte, die Zähne brechen ab, presste einen dumpfen Schrei hervor.
    Dann war es vorüber. Vorbei.
    Welch süße Befreiung.
    Vincent lockerte den Gurt des Beißgummis, damit Tolan den Schaum ausspucken konnte, der sich in seinen Mundwinkeln gesammelt hatte. Tolan spürte eine Welle der Übelkeit, und einen Moment lang fürchtete er, er müsse sich übergeben.
    »Großer Gott«, sagte er.
    »Ich fürchte, der kann Ihnen jetzt auch nicht helfen«, sagte Vincent. »Das kann nur eine Antwort auf meine Frage.«
    »Welche Frage?«
    »Sie müssen wissen, dass ich immer versucht habe, fair zu sein. Ich glaube an das Gesetz. Unschuldig bis zum Beweis des Gegenteils und so weiter.«
    Tolan wusste nicht, was er darauf antworten sollte.
    »Obwohl ich mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehe, dass Sie schuldig sind, würde ich es für unfair halten, die Vorgehensweise, die ich Ihnen unterbreitet habe, fortzusetzen, ohne Ihnen die Gelegenheit zu einem Geständnis zu geben.« Er wartete. »Also, Doktor, sagen Sie mir, sind Sie bereit, zu gestehen?«
    »Das können Sie doch nicht machen«, sagte Tolan.
    »Oh, ich kann und werde. Wollen wir das Ganze nicht ein wenig beschleunigen?«
    Er steckte Tolan den Beißgummi in den Mund, zog den Gurt stramm, betätigte den Schalter und –
    Erneuter Schmerz schoss durch Tolans Körper, vibrierte mit einer solchen Intensität, dass er für einen Moment das Gefühl hatte zu bersten. Es war, als hätte man die Nase in eine Lampenfassung gesteckt. Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild aus einem Comic: ein Wolf, dessen Körper leuchtete wie eine 1.000-Watt-Birne, während Bugs Bunny den Lichtschalter betätigte.
    Dann war es vorüber.
    Wieder wurde ihm der Beißgummi aus dem Mund genommen. Abermals eine Welle der Übelkeit. Erneutes Ausspucken. Aufsteigende Gallenflüssigkeit.
    »Sind Sie jetzt bereit für ein Geständnis? Oder muss ich noch einen Gang zulegen?«
    »Nein!«, sagte Tolan. »Bitte …« Er konnte kaum atmen. »Stopp …«
    »Ich will es hören, Doktor.«
    Tolan dachte an jene letzte Nacht mit Abby. Daran, was er ihr vorgeworfen hatte. An die Ohrfeige. Den Filmriss. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe sie nicht getötet. Das hätte ich niemals tun können. Ich habe sie geliebt.«
    »Oh, ich bitte Sie, Doktor. Die Ich-habe-sie-geliebt-Masche? Sie haben doch sicher etwas Überzeugenderes auf Lager. Es sei denn, Sie glauben selbst nicht daran.«
    »Ich hätte ihr niemals etwas antun können. Ich habe noch nie jemandem etwas getan.«
    »Tatsächlich nicht? Sind Sie sich da sicher?«
    »Ja …«
    »Und was war mit Anna Marie Colson?«
    Tolan spürte, wie ihn ein weiterer Schock durchfuhr, doch der kam nicht von dem Gerät.
    »Dass jemand von ihr weiß, hätten Sie wohl nicht gedacht, oder?«
    Anna Maria Colson war eine junge Kommilitonin, mit der Tolan in seiner Zeit an der UCLA, bevor er Arzt wurde, kurz zusammen gewesen war. Eine seiner Mitbewohnerinnen. Sie hatte ihm das jugendliche Herz gebrochen, als sie ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, wegen eines Jurastudenten verließ. Einige Monate später waren Anna und ihr neuer Freund bei einem außer Kontrolle geratenen Straßenraub

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