Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme
lassen.
Carmody erklärte sich bereit, ebenfalls zu bleiben, die Mitarbeiter zu befragen und auf Clayton Simm zu warten, der immer noch durch Abwesenheit glänzte. Blackburn hatte sich von der Verwaltung seine Nummer geben lassen, ihn zu Hause angerufen und aus dem Tiefschlaf geholt.
»Doc, Sie sollten schon seit einer Stunde hier sein!«
Simm schien verwirrt. »Wer ist da?«
»Frank Blackburn. Wir haben uns heute Morgen kennengelernt, erinnern Sie sich?«
Simms Stimme klang sofort frostiger. Offensichtlich war er nicht gerade Blackburns Fan. »Ja, richtig«, sagte er. »Worum geht es überhaupt?«
»Hat Tolan Ihnen das nicht gesagt?«
»Was denn?«
Verdammt, dachte Blackburn, dieser Mistkerl hatte den Typen gar nicht angerufen. Eine Lüge steht auf einem Bein, alles klar! Tolan hatte den kritischen Punkt längst überschritten.
Blackburn brachte Simm auf den neuesten Stand und erklärte ihm den Interessenkonflikt. Die Einzelheiten skizzierte er bewusst nur vage. Carmody und er hatten beschlossen, die jüngsten Erkenntnisse über Tolan noch unter Verschluss zu halten. Alles, was Simm zu wissen brauchte, war, dass es eine Zeugin gab, die ihnen einige Fragen beantworten sollte.
Simm klang ziemlich erschöpft, doch er versprach, so schnell wie möglich zu erscheinen. Wann immer das sein mochte. Aber das war nun Carmodys Problem.
Nachdem Blackburn aufgelegt hatte, beschloss er, den Wagen für Sue auf dem Parkplatz stehen zu lassen und stattdessen mit den Jungs der Audiotechnik zum Präsidium zu fahren. Er warf einen letzten Blick auf Jane. Am liebsten hätte er sie geschüttelt, damit sie endlich etwas sagte. Doch der Kokon, mit dem sie sich umgeben hatte, wirkte wie eine schusssichere Weste.
Absolut undurchdringlich.
35
Als Blackburn in der Dienststelle ankam, hatte De Mello seinen iPod so laut gestellt, dass man auf dem Weg zu seinem Raum schon hören konnte, welches Stück gerade lief.
›Sympathy for the Devil‹.
Ein Wunder, dass ihm noch nicht das Trommelfell geplatzt war! Ganz auf den Bildschirm seines Computers konzentriert, flogen seine Finger über die Tastatur. Ringsum verstreut lagen die Reste einer Überdosis ungesundes Essen: Bonbonpapier, Törtchenmanschetten, eine leere Limonadenflasche, ein halbes Stück Apfelkuchen. Und natürlich Kaffee.
Als er Blackburn sah, schaltete De Mello den iPod ab. »Du kommst genau richtig.«
»Kennst du endlich den Namen unserer Zeugin?«
»Noch nicht. Aber seit unserem letzten Gespräch überschlagen sich hier die Ereignisse. Es gibt zwei interessante Neuigkeiten.«
»Her damit«, sagte Blackburn.
De Mello nahm den Kopfhörer ab und legte ihn beiseite. »Erstens habe ich Janovics Kontoauszüge. Er hatte tatsächlich eine regelmäßige Einnahmequelle.«
»Ja? Was hast du gefunden?«
De Mello hämmerte auf eine Taste, und auf dem Bildschirm erschienen elektronische Bankauszüge. Er markierte einige der Einträge. »Innerhalb der vergangenen Monate hat er regelmäßig Geld eingezahlt. Immer dieselbe Summe, und immer cash. Dabei sieht es nicht so aus, als sei er einer Beschäftigung nachgegangen.«
Blackburn sah sich die Daten an. »Zwei Riesen im Monat. Drogengeld?«
De Mello schüttelte den Kopf. »Ich habe beim Drogendezernat nachgefragt, und die sagen, er war eindeutig nur Konsument. Um so viel Geld zu machen, hätte er eine Menge Crack verkaufen müssen. Oder eine Menge Schwänze lutschen.«
»Vielleicht geht es nicht darum, wie viele, sondern wessen.«
»Erpressung?«
»Regelmäßige Einzahlungen«, sagte Blackburn. »Immer dieselbe Summe. Liegt doch auf der Hand.«
Er dachte daran, was Mats am Tatort gesagt hatte. Janovic hatte den Täter gekannt. Erpressung war ein recht überzeugendes Motiv für einen Mord. Fragte sich nur, wen Janovic erpresst hatte und warum. Ließ sich vielleicht irgendeine Verbindung zu Tolan herstellen?
Möglicherweise lohnte es sich, Tolans Kontoauszüge auf regelmäßige Abhebungen zu überprüfen, doch beim jetzigen Stand der Ermittlungen einen Gerichtsbeschluss dafür zu bekommen, war ausgeschlossen. Da mussten sie schon mehr vorweisen als einen Stapel verunstalteter Fotos und ein paar fingierte Telefonanrufe. Blackburn hatte die ausgedruckten Websites schon zwecks genauerer Untersuchung den Kriminaltechnikern überlassen. Er vermutete, dass Tolan sie einfach gefälscht hatte, damit seine Geschichte glaubwürdiger erschien. Sämtliche Bemühungen, eine Verbindung zu der Website herzustellen, endeten mit der
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