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Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme

Titel: Paranoia - Hoer Auf Ihre Stimme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gregory Browne
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Arrowhead Springs verwendet hatten.
    Nur selten dachte er an diese Zeit zurück. An die Monate, die sie in den Bergen verbracht hatten, weit entfernt von der übrigen Welt, wenn seine Mutter wieder einmal eine ihrer zahlreichen ›Episoden‹ verarbeiten musste. Sie hatte einen Hang zu Grausamkeit und Widerspenstigkeit entwickelt. Sein Vater wollte sich um sie kümmern, doch er war mit seiner Weisheit am Ende. Erst Jahre später hatte Tolan erfahren, dass sie an einer dissoziativen Identitätsstörung litt. Er war sich sicher, ihre Krankheit hatte seinen Wunsch, Psychiater zu werden, beflügelt.
    Er nahm ein weiteres Geräusch wahr. Das Quietschen verrosteter Räder. Eine Tür knarrte, und einen Moment lang durchschnitt ein weiterer schwacher Lichtstrahl den Raum. Tolan erkannte die Umrisse verkohlter Möbel und zerbrochener Glasschränke.
    Im Türrahmen zeichnete sich eine Silhouette ab, der Größe nach zu urteilen ein Mann. Er schob einen Rollwagen, auf dem sich ein kleiner, kastenförmiger Apparat befand. Im Halbdunkel war schwer zu erkennen, was es war, doch es sah aus wie ein Gerät für Elektroschocks.
    Furcht stieg in Tolan auf. Kurz darauf wurde die Tür geschlossen, und der Raum war erneut fast vollständig verdunkelt. Plötzlich hörte Tolan ein Flüstern.
    »Sie sind also wach.«
    Vincent.
    »Was geht hier vor? Warum haben Sie mich hierhergebracht?«
    Etwas bewegte sich, quietschend wurde der Rollwagen in Position gebracht.
    »Als ich ein Junge war, litt ich gelegentlich unter Depressionen«, sagte Vincent. »Besorgt, wie sie waren, brachten meine Eltern mich in eine Klinik, so wie diese hier. Zu einem Arzt, so wie Sie.« Er leuchtete Tolan mit einer Stablampe in die Augen. Tolan blinzelte.
    »Dieser Arzt war der Meinung, ich benötigte eine Ad-hoc-Behandlung. Eine medikamentöse Anwendung würde viel zu lange dauern. Er verordnete sechs Elektroschocks. Über einen Zeitraum von drei Wochen, zwei Mal pro Woche. Eine sehr attraktive junge Krankenschwester brachte mich in einen Raum wie diesen hier und schnallte mich auf einem Tisch fest, ähnlich dem, den Sie gerade in Anspruch nehmen.«
    Tolan spürte, dass sich die Furcht wie ein Virus in seinem Körper ausbreitete.
    »Leider verzichtete der Arzt auf die sonst übliche Narkose und auf Mittel zur Entspannung der Muskeln«, fuhr Vincent fort. »Er beschloss, die Behandlung ohne Medikamente durchzuführen.«
    »Das ist barbarisch«, sagte Tolan.
    »Ja, das fand ich auch. Aber damals war ich erst vierzehn Jahre alt. Was hätte ich schon dazu sagen können?«
    Trotz des Flüsterns kam Tolan die Stimme bekannt vor. Doch er vermochte sie nicht einzuordnen. Er wünschte, er könnte das Gesicht des Mannes sehen – selbst wenn es ihm dann auch nicht besserging.
    Vincent richtete die Stablampe seitlich auf Tolans Gesicht. Zunächst verband er die Elektrode an Tolans rechter Schläfe mit einem Draht, danach tat er das Gleiche mit der an der linken Seite.
    »Und Ihre Eltern?«
    »Sie waren wunderbar, aber nicht sehr gebildet. Sie vertrauten diesem Arzt. Warum auch nicht? Er hatte ihnen versichert, Elektroschocks seien ungefährlich, aber wirkungsvoll.«
    Die meisten Leute dachten, Elektroschocks seien in der Psychiatrie längst abgeschafft, doch das Gegenteil war der Fall. Beinahe 100.000 Menschen pro Jahr erhielten eine solche Behandlung.
    »Normalerweise ist es tatsächlich ungefährlich«, sagte Tolan.
    »Darüber kann man streiten. Aber es ist sicher nicht hilfreich, wenn der Arzt ein Sadist ist. Und welcher Schaden dem Gedächtnis zugefügt wird, ist unbestritten.«
    Er hatte recht. Untersuchungen zufolge wurde das Kurzzeitgedächtnis durch Elektroschocks beeinträchtigt. Die Patienten hatten Schwierigkeiten, sich an Ereignisse kurz vor oder während der Behandlung zu erinnern.
    Vincent drehte sich um, und Tolan spürte ein leichtes Zerren an den Drähten.
    »Was haben Sie vor?«
    »Eine dumme Frage, finden Sie nicht auch?«
    Tolan hörte, wie Schalter betätigt wurden. Panik stieg in ihm auf. »Das können Sie doch nicht machen!«
    »Ich glaube nicht, dass Sie in Ihrer Lage mich davon abhalten können, Doktor. Stellen Sie sich einfach vor, Sie wären ein vierzehnjähriger Junge.«
    Tolan wollte widersprechen, doch bevor er etwas sagen konnte, wurde ein Beißgummi in seinen Mund geschoben und mit einem Riemen hinten am Kopf festgeschnallt.
    Tolan wehrte sich, versuchte, ihn mit der Zunge hinauszuschieben, doch vergeblich. Der Gurt wurde festgezogen und hielt

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