Paranoia
können, nachdem man sich innerlich auf den Moment des ersten konkreten Vorstoßes vorbereitet hat. Ja, so ist es korrekt beschrieben.
Ich schiebe meine Knie zwischen ihre Beine, und sie spreizt sie noch weiter. Aus organisatorischen Gründen muss ich kurz überlegen, ob Ilse nicht morgen früh störenderweise zum Saubermachen erscheint. Das wäre was. Ich rekapituliere ihre Arbeitszeiten, was mir nach fast drei Wochen Abwesenheit doch tatsächlich Mühe bereitet. Kommt sie? Tut sie nicht. Stimmt, hat auf Zettel geschrieben: morgen nicht. Also erst wieder überübermorgen. Dann ist ja gut. Jetzt verputze ich Esther in dem Bett, in dem ich es immer mit Ilse treibe. Was nicht so alles passiert, in Räumen wie diesem. Muss ja niemand erfahren.
Ich rechne interessehalber nach: Esther und Ilse trennen 29 Jahre. In erdgeschichtlichen Dimensionen ein Klacks.
Ich bin flexibel. Alte Frauen, junge Frauen, mittelalte Frauen, letztlich ist alles möglich. Hängt von meiner Verfassung ab. Je nach Lebensphase. Die letzte Frau unter 31 habe ich ja erst vor wenigen Tagen au-pair-gefickt.
Ich habe mich inzwischen meiner kompletten Kleidung entledigt.
Esther tut es mir gleich.
Dann geht es weiter.
Es ist gegen drei, als wir nackt mit dem Rücken auf der von Ilse frisch überzogenen, verschwitzten Matratze liegen. Ich habe bereits ejakuliert (auf ihren Bauch, intravaginale Ejakulation wird völlig überschätzt, die fünf Sekunden sind doch nicht der Punkt), und Esther dürfte zweimal gekommen sein. Unser beider Gesichtsausdruck beim Orgasmus war gar nicht mal so bekloppt. Im schwachen Licht der Nachttischlampe sah ihr Haar wie ein Heiligenschein aus, und ich stellte fest, dass mein Penis härter wird, wenn ich ihr in die Augen schaue. Was beweist, dass uns ein gewisses Maß an Vertrautheit verbindet.
Esthers Brüste sind größer, als ich erwartet hätte, und beide relativ identisch. Ihr Muschipelz zu einem schmalen Strich rasiert. Leichte Zellulitis, aber das spielt für mich keine Rolle. Da hab ich schon Weiterentwickeltes gesehen. Bei der Penetration zieht sie ihre Scheidenmuskulatur in einem eigenwilligen Rhythmus zusammen. Ziemlich starke Kontraktionen. Ihre äußerst ausgeprägten Schamlippen hängen leicht nach außen. Beim Blasen lutscht sie eher, als dass sie saugt, auffallend weiche Zunge, aber vereinzelt spürte ich ihre Zähne. Die Absicht zählt. Ich drückte ihren Kopf nach ungefähr einer Minute weg und merkte sofort, dass sie aus einer zutiefst fehlinterpretierten Annahme künftig der Meinung sein wird, ich wolle darauf verzichten.Man ist ja selbst schuld. Ebenfalls verzichtet haben wir auf ein Kondom, weil ich nicht so richtig hart werde mit Gummi. Was grundsätzlich eine tolle Ausrede ist, wenn man mal bei einer Frau mangels Erregung nicht so recht in Schwung kommt. Aber auf diesen segensreichen Vorwand musste hier und heute nicht zurückgegriffen werden. Überhaupt war ich durch die Nähe zum Tod und die vorangegangenen Ereignisse leidenschaftlicher als sonst.
So weit meine kurze Bestandsaufnahme. Summa summarum: Esther hat kaum Hemmungen, ist keine Klosterschwester, und zwischen uns herrscht überhaupt keine Befangenheit. Man weiß wirklich nie, wie jemand tickt, bis man mit ihm schläft.
Aber das denk ich mir auch nicht zum ersten Mal.
Sie legt ihren Kopf auf meine Schulter, allerdings in einem Winkel, der in gemutmaßten fünf Minuten meinen Arm zunächst heftig schmerzen und anschließend mangels Durchblutung absterben lassen wird. Echt schade. Aber noch geht’s.
Weiche Haare hat sie. Nie und nimmer würde ich es sagen, wenn es nicht so wäre: doch irgendwie ist es anders mit Esther. Im positiven Sinne. Mal zur Abwechslung. So entspannt. Es scheint mir, als habe sich das Körperliche einfach ganz natürlich vollzogen. Als verbinde Esther und mich mehr als das, was ich kenne. Als wolle ich ihr Dinge anvertrauen, Bekenntnisse, auf die sonst niemand Anspruch hat. Ich weiß nicht, wie ich das besser ausdrücken soll.
Ich zupfe mir ein Schamhaar von der Zunge. Schäle mich aus dem Bett, sage leise: »Ich komme gleich wieder« – ich nehme an, ich spreche leise, weil ich die Verbundenheit des Augenblicks nicht zerstören will –, gehe auf die Toilette und lasse das Leitungswasser laufen, während ich uriniere. Damit sie mich nicht womöglich pinkeln hört.
46
Am anderen Morgen. Ich wache vor Esther auf. Mit den Jahren entwickle ich mich immer mehr zum Frühaufsteher. Nicht der Rede wert.
Ich nehme
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