Parasit
Dana. Statt das Wasser zur Seite zu schieben, verschmierten sie es nur und hinterließen Streifen auf der Windschutzscheibe.
»Ich habe heute Nacht nicht mein warmes Zimmer verlassen, um bei einem Autounfall zu sterben.«
»Ich weiß. Du bist gekommen, um in einem spukigen Restaurant ermordet zu werden.« »Spukig? Was für ein Witz.«
»Glaubst du nicht daran? Warst du das nicht, der Jason und mir erklärt hat, dass Geister dadurch entstehen, dass Menschen zu schnell sterben?«
»Kann sein.«
»Ganz sicher. Wir waren auf dem Rückweg aus der Mitternachtsvorstellung von Der ungebetene Gast, und du hast behauptet, ein Geist entstehe dann, wenn jemand nicht weiß, dass er schon tot ist. Seine Seele, oder was immer das sein mag, glaubt, er sei immer noch am Leben. Hast du das nicht so erklärt?«
»Na ja, in der Theorie ist das jedenfalls so.«
»Diese beiden Leute sind gestern Nacht abgeknallt worden. Viel schneller geht's ja wohl nicht. Also müssen ihre Geister da sein, oder?«
Keine Antwort.
»Meine Kamera liegt auf dem Rücksitz. Vielleicht kannst du ja ein paar Fotos von ihnen machen.
»An der Ampel links«, stammelte er.
Dana schaute in den Rückspiegel. Die Straße hinter ihr war dunkel, daher fuhr sie langsamer. Ein Pickup kam von vorn. Sie musste blinzeln, weil die Scheinwerfer sie blendeten. Er fuhr an ihr vorbei, und das hochgeschleuderte Wasser spritzte gegen die Tür und über das Fenster ihres Wagens. Sie bog um die Kurve und holte dann tief Luft. Die Fahrbahn vor ihr war dunkel, abgesehen von ein paar vereinzelten Straßenlaternen. Auf beiden Seiten der Straße standen Häuser. Sie wusste, dass die Straße aus der Stadt herausführte, konnte sich aber nicht daran erinnern, dass da irgendwo ein Restaurant war.
»Du glaubst nicht an Geister«, konstatierte Roland.
»Nein, aber du. Oder gehört das auch zu deiner Show?«
»Ich habe keine Angst vor ihnen.«
»Hast du je einen gesehen?«
»Nein.«
»Jedenfalls bisher noch nicht, ja?« »Wenn es Geister gibt, dann sind sie harmlos. Sie können dir nichts tun.«
»Dir also nicht die Kehle durchschneiden, oder so?« Dana sah ihn bei der Frage an und grinste. »Sie wären gar nicht in der Lage, ein Messer festzuhalten. Oder irgendetwas anderes. Sie sind substanzlos. Alles was sie können, ist erscheinen.«
»Und dich in ein schlotterndes Nervenbündel verwandeln.«
»Nur wenn man Angst vor ihnen hat.«
»Was du ja nicht hast.«
»Es gibt keinen Grund dafür.«
»Wen von uns willst du davon überzeugen?«
Roland sagte nichts.
»Der Frau haben sie den Schädel weggepustet, nicht? Bedeutet das dann, dass ihr Geist auch keinen Kopf mehr hat?«
»Das weiß ich nicht.«
»Ich dachte, du wärst ein Experte auf diesem Gebiet.«
Die letzten Häuser blieben hinter ihnen zurück. Auf beiden Seiten der Straße lagen kahle Felder, nur hier und da unterbrochen von einsamen Bäumen. »Wo fahren wir überhaupt hin?«
»Wir sind schon fast da.«
»Ganz schön komische Gegend für ein Restaurant, so weit außerhalb.«
»Die Einfahrt ist hinter der nächsten Kurve. Du musst dich rechts halten.«
»Ich verstehe ja nicht viel von diesen Dingen«, sagte Dana, »aber ich wette, dem Geist der Frau fehlt der Kopf. Ist natürlich nur eine Vermutung.«
»Du solltest besser nicht so schnell fahren.«
Weit vor ihnen auf der Kuppe eines Hügels kamen ihnen Scheinwerfer entgegen. Hinter ihnen war alles dunkel. Dana trat langsam auf die Bremse, konnte aber keine Abzweigung entdecken. »Wo?«
Roland zeigte ihr den Weg. Es war nur ein schmaler Streifen, der eher nach einem Feldweg als einer Straße aussah.
Dana ließ den Wagen fast ganz ausrollen. Als sie einbog, glitten ihre Scheinwerfer über ein ausladendes Holzschild. Sie versuchte, die eingebrannten Worte zu lesen, aber bei dem Wasser auf ihrer Windschutzscheibe verschwammen die Buchstaben. Die hin und her schwenkenden Wischerblätter waren auch keine Hilfe, sie irritierten nur noch mehr. Die Scheinwerferkegel streiften über das Schild hinweg. Blinzelnd sah Dana den fallenden Regen, die glänzenden Spuren, die die Scheinwerfer auf dem nassen Asphalt hinterließen und Felder, die sich zu beiden Seiten der Straße erstreckten.
»Hast du das Geld?«, fragte Roland.
»In meinem Portemonnaie.« Sie grinste ihn an. »Obwohl du es ja nicht kriegst.«
»Ich werde es kriegen.«
»Es würde mich wundern, wenn du es länger als zehn Minuten aushältst.«
»Du kommst bei Tagesanbruch hinein, klar?«
»Falsch.
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