Parasit
sie sich Sandalen über. Sie nahm ihre Schultertasche von dem Garderobenhaken und verließ ihr Zimmer.
Am Fuß der Treppe ging sie ins Badezimmer. Sie benutzte die Toilette, wusch sich und kämmte sich eilig das Haar.
Helen saß im Schneidersitz im Wohnzimmer und hatte die Zeitung um sich herum ausgebreitet, eine Schachtel Dough-nuts mit Puderzucker im Schoß ihres ziemlich abgewetzten rosa Nachthemdes und eine Tasse Kaffee auf dem Boden neben ihrem Knie.
»Morgen«, begrüßte Helen sie und sah auf.
»Morgen.«
»Du siehst so unternehmungslustig aus.«
»Ich könnte die Welt auf den Kopf stellen. Und wie geht's dir an diesem wundervollen Morgen?«
»Ist er wundervoll?«
»Mit Gott im Himmel, kann nichts auf Erden schief gehen ...«
»Hey, was ist los mit dir? Hast du noch einen nächtlichen Besucher gehabt?«
»Nein, soviel Glück blieb mir versagt.«
Helen hob die Schachtel von ihrem Schoß und hielt sie Alison hin: »Doughnut?«
»Nein, danke. Ich laufe zum Kiosk rüber und hole mir ein Salami-Croissant. Willst du mitkommen?«
Helen schüttelte den Kopf und ihre Wangen wabbelten. »Ich glaube nicht. Ich müsste mich anziehen.«
»Du könntest ja wieder deinen Regenmantel überziehen.«
»Haha.« Sie biss in ein Doughnut. Krümel und Puderzucker fielen auf den entblößten Ansatz ihrer Brüste und dazwischen.
»Ist Celia schon auf?«
Helen zuckte mit den Achseln. Sie kaute einen Moment lang, dann nahm sie einen Schluck Kaffee. »Vielleicht ja, vielleicht nein, aber egal wo das ja oder das nein ist - hier ist es nicht.«
»Sie ist nicht nach Hause gekommen?«
»Es sieht so aus, als habe sie ein Nachtquartier gefunden, das ihr mehr zusagte.«
»Wie schön für sie.«
Helen rollte mit den Augen. »Erspar mir sowas.«
»Das scheint mit ihr und Jason ja gut angelaufen zu sein«, meinte Alison.
»Nicht unbedingt. Sie könnten auch einen Verkehrsunfall gehabt haben.«
Alison ignorierte die Bemerkung. »Hoffentlich wird etwas daraus.« »Wahrscheinlich eine Orgie.«
»Nein, ich meine das ernst. Sie tut zwar so, als mache es ihr Spaß, einen Jungen nach dem anderen zu verschleißen, aber sie ist erst so, seit Mark sie sitzenließ.«
»Ja, da hat sie angefangen, durch die Betten zu turnen.«
»Es wäre doch nett, wenn sie sich mal wieder richtig verlieben würde.«
»Aber ein Erstsemester?«
»Irgendetwas muss an ihm dran sein, sonst wäre sie nicht über Nacht geblieben. Das tut sie fast nie.«
Helen grinste: »Glaubst du, sie sind bei ihm im Wohnheim geblieben, mit Mr. Durchgeknallt, Roland? Das wäre doch noch was.«
»Mir wird schlecht.«
»Vielleicht hat Roland mitgemacht. Ein richtiges Sandwich mit den beiden als dem Toast und Celia als der Wurst dazwischen.«
»Du hast eine kranke Fantasie, Helen.«
»Du musst es dir nur mal vorstellen.«
»Sie sind sicherlich nicht in Jasons Zimmer geblieben. Nicht wenn dieser eklige Kerl auch da war. Sie haben sich wahrscheinlich ein Hotel genommen, oder vielleicht haben sie auch nur irgendwo geparkt.« Oder auf einem Feld ihren Schlafsack ausgebreitet, so wie Robert Jordan und Maria. Die laue Nacht hätte sich dafür angeboten.
»Sobald sie wieder da ist«, meinte Helen, »wird sie uns sicherlich alles haarklein erzählen.« Damit stopfte sie sich den Rest ihres Doughnuts in den Mund und wandte sich den Cartoons der Sonntagsbeilage zu.
»Bis später.«
Helen nickte.
Alison ging zur Tür und öffnete sie. Auf der hölzernen Plattform vor der Tür stand eine gläserne Vase mit gelben Narzissen. Ein Umschlag stand vor der Vase. Sie starrte die leuchtenden Blumen an, dann den Umschlag. Zögernd leckte sie sich über die Lippen.
Die werden wohl nicht für mich sein, dachte sie. Aber ihr Herz schlug schneller.
Sie bückte sich und hob den Umschlag auf. Ihr Name stand darauf. Mit zitternden Fingern riss sie den Umschlag auf und zog die Blätter heraus. Sie knisterten, als sie sie auseinanderfaltete.
Drei maschinengeschriebene Seiten. Auf der letzten Seite unterschrieben von Evan.
>Liebste Alison,
Ich. bin der letzte Dreck, ein Wurm, ein Ungeziefer. Du heiltest jedes Recht, auf diesen Brief zu spucken und die Blumen in den nächsten Mülleimer zu werfen. Wenn du aber immer noch weiterliest, dann lass mich dir versichern, dass du mich sicherlich nicht mehr verachten kannst, als ich das selbst tue. Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten vom letzten Freitag. Es war kindisch und gemein, bei Gabby mit Tracy aufzutauchen.
Was soll ich sagen?
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