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Parasit

Parasit

Titel: Parasit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Alison stellte sich eine Kirchengemeinde vor, die dazu Choräle sang.
    Sie räkelte sich unter der Decke. Sie fühlte sich gut. Dann warf sie die Decke zur Seite und war einen Moment lang überrascht, dass sie ihr neues blaues Neglige trug.
    Sie wollte es eigentlich für einen speziellen Anlass aufheben. Aber vielleicht zählte die letzte Nacht irgendwie auch als einer.
    Sie erinnerte sich daran, wie sie in ihr Dachgeschoßzimmer gekommen war, nachdem sie mit Helen Trivial Pursuit gespielt und sich The Howling im Fernsehen angesehen hatte. Sie erinnerte sich daran, wie sie an ihrem Schreibtisch gesessen und auf die Schnappschüsse von Evan gestarrt hatte, die an ihrer Pinwand hingen, wie sie sich einsam und allein gefühlt und sich gefragt hatte, was er wohl gerade mache. Wahrscheinlich machte er es gerade mit Titten-Tracy. Der Scheißkerl. Sie hatte das Bedürfnis, ihm weh zu tun und hatte alle Fotos abgenommen und begonnen, eines in winzige Stücke zu zerreißen. Das Bild zeigte sie Hand in Hand mit Evan. Celia hatte es vor zwei Wochen auf dem Rasen hinter der Bennet Hall aufgenommen.
    Nachdem sie das Foto zerrissen und zugesehen hatte, wie die einzelnen Teile in den Papierkorb flatterten, war sie in Tränen aufgelöst. Sie ertrug es nicht, noch mehr zu zerstören, also legte sie die restlichen Fotos zu einem ordentlichen Stoß zusammen, schlang ein Gummiband herum und ließ sie in die oberste Schublade ihres Schreibtisches fallen.
    Ihr war elend. Sie hatte sich ausgezogen und den Kleiderschrank geöffnet. Sie wollte eines ihrer normalen Nachthemden anziehen, aber das neue fiel ihr blau schimmernd in die Augen. Es gab keinen Grund, es aufzuheben; niemanden, für den sie es aufsparen sollte. Also konnte sie es genauso gut anziehen. Das tat sie dann auch und seufzte, als es über ihre Haut glitt. Sie wischte sich die Augen und sah in den Spiegel. Ihre Brüste waren durch das Gazetop deutlich sichtbar. Sie zuckte mit der Achsel, so dass einer der Spaghetti-Träger von ihrer Schulter glitt. Das hast du davon, Evan, dachte sie. Du würdest verrückt werden, wenn du mich so sehen könntest, aber das wirst du nicht mehr. Was für ein Pech, du Kanaille!
    Die Erinnerung daran brachte auch einen Teil der Trauer der letzten Nacht zurück, und minderte das gute Gefühl, so in dem sonnenüberfluteten Bett zu liegen, mit dem Windhauch, der über sie hinwegglitt.
    Alison stand auf und ging zum Fenster. Draußen war es wunderschön. Sie musste etwas tun, etwas finden, um sich abzulenken. Sonntage waren vor Evan schön gewesen, und sie würden es nach ihm auch wieder sein.
    Das war ein toller Tag für einen langen Spaziergang. Sie konnte an den Kiosk gehen und sich eines von den Croissants holen, die mit Käse, Wurst und Ei belegt waren. Heute war kein Tag zum Lernen; sie konnte sich am Zeitschriftenstand ein neues Taschenbuch holen - einen guten, spannenden Thriller. Und danach mit dem Buch und dem Radio zur Liegewiese hinübergehen und sich ein paar Stunden in die Sonne legen. Oder auch im Park, oder unten am Fluss. Da war sie ungestört. Die Liegewiese war an Tagen wie diesen überlaufen.
    Also was? Wollte sie lieber allein sein oder unter Leuten und vielleicht sogar jemanden treffen? Auf der Liegewiese
    würden viele Jungs sein. Das kann ich mir immer noch überlegen, wenn es soweit ist.
    Sie durchquerte ihr Schlafzimmer und genoss das Gefühl, wie das Neglige sich an ihren Körper schmiegte. Sie fühlte sich wieder besser.
    Wie war das noch in dieser Hemingway-Story?
    Ein Junge, wahrscheinlich Nick Adams, ging eines Abends zu Bett und fühlte sich furchtbar schlecht, weil er sich von seiner Freundin getrennt hatte. Hatte er sie mit jemand anderem gesehen, oder so? Der Clou war die Pointe der Geschichte. Er schlief ein und fühlte sich furchtbar, und am nächsten Morgen war er schon eine halbe Stunde wach, bevor ihm wieder einfiel, dass er ein gebrochenes Herz hatte.
    Klasse Geschichte.
    Nick Winston wusste gar nicht, wovon er redete, wenn er Hemingway schlecht machte.
    Sie konnte heute Abend ja zu Wally gehen. Vielleicht war Nick da.
    Willst du ihn wirklich wiedersehen?
    Sie zog sich das Neglige über den Kopf, faltete es sorgfältig zusammen und legte es in die Schublade des Kleiderschanks. Sie rollte sich Deodorant in die Achseln. Baden wäre eine gute Idee. Aber besser erst heute Nachmittag, nach dem Sonnenbad.
    Sie zog sich einen Slip an und ließ sich dann ein ärmelloses gelbes Kleid über den Kopf gleiten. Dann streifte

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