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Parasit

Parasit

Titel: Parasit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Ich war geblendet durch den Schmerz deiner Zurückweisung und ich wollte dich dafür bestrafen. Es war eine lächerliche, eine geschmacklose Geste. Aber lass mich dir versichern, dass die ganze Sache nach hinten losging. Wie viel Pein ich dir auch bereitet haben mag, ich habe mir mehr bereitet.
    Lass es mich auch klar stellen, dass ich keinerlei Interesse an Tracy habe. Der einzige Grund, warum ich mit ihr ausgegangen bin, war der, dass ich mich mit ihr vor dir zeigen und dich - hoffentlich - eifersüchtig machen wollte. Mit liegt gar nichts an ihr. Auch wenn du dies vielleicht nicht unbedingt glaubst (aufgrund ihres wohlverdienten Rufes und deiner Meinung von mir, demifolge ich nichts anderes als Sex im Kopf habe), ist zwischen uns gar nichts gelaufen. Ich habe es sogar vermieden, ihr einen Gutenachtkuss zu geben, als wir uns voneinander verabschiedet haben.
    Ich habe die letzte Nacht allein und verzweifelt in meiner Wohnung verbracht. Ich habe mich nach deiner Gesellschaft gesehnt, war aber zu beschämt, um dich anzurufen oder bei dir vorbeizukommen. Ich habe die ganze Zeit an dich gedacht, habe mir dein Aussehen und den Klang deiner Stimme und dein Lachen vorgestellt. Ich habe an die vielen guten Zeiten gedacht, die wir gehabt haben, und nein, nicht nur an den Sex (obwohl ich, es nicht vermeiden konnte, auch daran zu denken - besonders daran, wie es sich anfühlt, wenn wir innig verein t sind, als seien wir eine Person). Ich habe sogar einige Zeit damit verbracht, mir deine Fotos in den Schuljahrbüchern anzusehen, aber es war unerträglich, starre Bilder deines Gesichtes zu betrachten und zu wissen, dass ich dich vielleicht für immer verloren habe. Als ich dann eingeschlafen bin, habe ich von dir geträumt. Ich habe geträumt, dass du in mein Zimmer gekommen bist, dich an mein Bett gesetzt und meine Hand genommen hast. In meinem Traum habe ich zu weinen begonnen und dir gesagt, dass es mir Leid tut. Ich sagte, dass ich nie die Absicht hatte, dich zu verletzen, dass ich dich liebe und dass ich alles tun würde, damit du mir vergibst. Du hast nichts gesagt, aber du hast dich heruntergebeugt und mich geküsst. Da bin ich aufgewacht und ich habe es noch nie so bedauert, aus einem Traum aufzuwachen.
    Mein Kissen war nass von meinen Tränen. (Ich bin mir klar, dass das alles furchtbar kitschig klingen muss, aber ich will, dass du alles weißt, egal wie peinlich es auch bei nüchternem Hinsehen erscheinen muss.)
    Jetzt ist es drei Uhr früh. Ich bin nach diesem 'Traum aufgestanden und habe mich an meine Schreibmaschine gesetzt, um dich wissen zu lassen, wie ich mich fühle. Ich bin sicher, es ist zuviel erwartet, auf simples Verzeihen zu hoffen. Der Traum war eine Fantasie, die Wunschvorstellung einer gequälten Seele. Ich weiß, dass mein Verhalten dir gegenüber unbedacht und abscheulich war, und dass du es wahrscheinlich vorziehen wirst, mich nie wieder zu sehen.
    Ich könnte das vollkommen verstehen. Wenn du nichts mehr mit mir zu tun haben willst, dann werde ich wohl lernen, damit leben zu müssen. Ich schätze, dass ich. keine andere Wahl habe, außer ich verlasse diese ungastliche Welt mit nichts als dem Totenhemd (Vergiss, dass ich das geschrieben habe; noch bin ich nicht so verzweifelt, auch wenn morbide Gedanken dieser Art mir schon durch den Kopf geschossen sind.)
    Vielleicht bekommst du diesen Brief auch gar nicht. Vielleicht verbrenne ich ihn. Ich weiß es nicht.
    Ich vermisse dich, Alison. Ich wünschte, ich könnte alles wieder in Ordnung bringen, die Zeit zurückdrehen bis Donnerstagnachmittag, bevor ich dieses dumme, geschmacklose Benehmen an den Tag gelegt habe. Aber so funktioniert das Leben nun einmal nicht. Man kann die schlechten Dinge nicht einfach verschwinden lassen, egal wie sehr man das auch wollen mag. (Da, sieh dir an, was für seltsame Zeitfolgen ich zusammenschreibe - jetzt weiß ich, dass ich ihn verbrennen werde.) Ich liebe dich.
    Ich, hoffe, du hasst mich nicht.
    Es gehl mir schlecht ohne dich, aber ich weiß, dass das allein
    meine Schuld ist und dass ich es verdiene.
    Wenn das das Ende, ist, dann soll es wohl so sein.
    Lebe glücklich, Alison.
    Mit all meiner Liebe,
    Evan<
    Alison fühlte sich wie betäubt. Sie faltete den Brief zusammen, steckte ihn wieder in den Umschlag und hob die Vase mit den Narzissen auf. Sie trug sie ins Haus, wobei sie die Tür mit dem Hintern aufstieß. »Was ist passiert?«, rief Helen.
    Alison schüttelte den Kopf. Sie wagte es nicht etwas zu
    sagen; ihre

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