Parasiten
ignorierte die Höflichkeitsgeste, fläzte sich in einen Sessel und
wedelte mit seiner goldberingten Wurstfinger-Hand, um zu bedeuten, dass es
Sofia und Vadim nun auch gestattet war, sich zu setzen. Mit unverschämten
Blicken taxierte er Sofias Körper.
Sofia beschloss, sich nicht einschüchtern zu lassen. »Ich weiß
nicht, wie ich Sie nennen soll …«, begann sie.
»Nenn mich einfach Gott. Oder Herr und Meister. Oder Liebster! Ganz
wie es Dir gefällt.« Der fette Kerl sprach mit einer ekelhaften Fistelstimme.
Sein selbstgefälliges Grinsen machte Sofia noch mehr Angst als seine Hybris.
»Ich bin wegen meiner kleinen Schwester Alina hier.«
»Kenne ich das sicher süße Wesen?«
»Vielleicht nicht persönlich. Aber mir scheint, gewisse …
Geschäftsführer Ihrer Firma haben dafür gesorgt, dass Alina nicht mehr im Kreis
ihrer Familie weilt.«
Der Boss fixierte Vadim: »Schon erstaunlich, wieso ein weit
hergereistes Mädchen solche Insider-Informationen hat.«
Vadim fühlte sich sofort zu einer Rechtfertigung genötigt: »Mir
liegt die Familie sehr am Herzen, Boss. Sie haben doch selbst schon oft gesagt,
dass die Familie wichtig ist.«
»Damit meinte ich meine Familie, nicht deine , du Penner!«
Vadim zuckte zusammen wie unter einem Fußtritt. Sofia begriff, dass
Vadim keineswegs auf einer der oberen Leiterstufen stand. Er hatte nicht
gelogen.
»Ich würde Ihnen gerne ein Geschäft anbieten.« Sofia wollte endlich
zur Sache kommen.
»Ich bin ganz Ohr«, sagte der Boss und kratzte sich am Sack.
»Innerhalb kürzester Zeit kann ich dreißigtausend Euro auftreiben.
Reicht das, um meine Schwester sofort wieder nach Hause zu bringen?
Unbeschadet?«
Der Boss begann zu kichern. Es hörte sich an wie das Gemecker einer
Ziege.
»Dreißig? Wie süß!«
»Vierzig«, sagte Sofia.
Der Boss hörte auf zu kichern. Doch das Grinsen blieb in seinem
verfetteten Gesicht verhaftet.
»Schätzchen, jetzt hör mir mal ganz genau zu«, sagte er. »Hier geht
es nicht um irgendeine blöde Nutte, mit der wir eine Menge Kohle machen können.
Hier geht es um deine Schwester!«
Sofia wurde schwindlig. Ihre schlimmsten Befürchtungen schienen
einzutreten.
»Anscheinend bist du in Deutschland jemandem schwer auf die Füße
getreten. Man sagte mir, du hättest dich wenig kooperativ gezeigt und
bräuchtest eine Botschaft. Einen Teil der Botschaft hast du wohl schon
bekommen, wenn ich mir dein geschwollenes Gesicht ansehe. Trotzdem bist du
immer noch verdammt sexy, Kleines!«
Sofia atmete tief durch. »Mag sein, dass ich jemanden verärgert
habe, wenn ich auch keine Ahnung habe, wodurch. Aber das alles hat absolut
nichts mit Alina zu tun!«
Der Boss schwieg eine Weile und betrachtete Sofia von Kopf bis Fuß.
Dann sagte er: »Und jetzt kommst du zu mir und willst mich auf Knien
anbetteln?«
»Ich bin derjenige, der Sie bitten möchte«, sprang Vadim
ein.
Sehr, sehr langsam wandte der Boss den Blick von Sofia zu Vadim. Er
schaute Vadim an, wie man einen Hund ansieht, der schon zu lange auf der Welt
ist. Irgendwie mitleidig.
»Wer bist du, dass du mich ungefragt ansprichst?« Der Boss drückte
einen Knopf, der sich neben seinem Sessel auf dem Tisch eingelassen befand.
Vadim sah Sofia alarmiert an. Er wusste, sie hatten das riskante
Spiel verloren.
Sofia wollte es noch nicht begreifen: »Was verlangen Sie für Alina?«
Die Tür zum roten Salon öffnete sich, und die beiden Gorillas kamen
herein. Der Boss wies auf Sofia und sagte: »Nehmt sie mit nach oben und badet
sie. Ich will sie ficken.«
Sofia sah fassungslos zu Vadim, als könne der ihr diesen derben
Scherz erklären. Doch sie las in seinem Gesicht, dass es sich nicht um einen
Scherz handelte.
Vadim wandte sich an den Boss, unterwürfig wie der erwähnte Hund:
»Boss, ich bitte Sie! Alina ist meine Cousine, genau wie Sofia. Zeigen Sie sich
großzügig. Ich habe seit fünf Jahren ergeben für Sie gearbeitet.«
»Was keine außerordentliche Leistung ist, sondern das erwartete
Mindestmaß. Glaubst du, du kannst deswegen Extratouren fahren und mir
ungestraft Leute ins Haus bringen?«
»Sofia wird nichts sagen. Hauptsache, Alina kommt zurück.«
Der Boss lachte. »Was bist du doch für ein dämlicher Idiot!«
Er gab seinen beiden Schergen ein Zeichen. Sie griffen nach Sofia,
zogen sie an den Haaren aus ihrem Cocktailsessel. Sofia wehrte sich nach
Kräften, doch sie hatte den Gorillas nichts entgegenzusetzen.
Vadim zögerte eine Sekunde, gefangen in der Entscheidung
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