Parasiten
ihn
neugierig, wo die Verletzungen in seinem Gesicht herrührten. Mit
verschwörerischer Miene gestand er ihr, schwul zu sein. Vorgestern, bei Vadims
Konzert in Stockholm, seien sie von Groupies überrannt worden, und da er sich
aus eben erwähnten Gründen den erotischen Angeboten hatte verweigern müssen,
hätten ihn die Weiber vor Enttäuschung fast in Stücke gerissen. Die Asiatin und
ihre Kollegin lachten unnatürlich laut.
Nur deswegen sagte Vadim nichts, als Danylo sich seinen zweiten
Brandy hinter die Binde kippte und eine neue Flasche Champagner bestellte. Es
stresste ihn, dass er kein Wort verstand. Er war nur dazu da, das fehlende Geld
in Tankstellen zu besorgen und ab und zu aus Alibigründen eine Nutte zu
besteigen, damit sie in den Bordellen keinen Ärger bekamen.
Sybille wollte wissen, warum sie ein Bordell besuchten, wenn Danylo
schwul war und Vadim jederzeit seine Groupies vögeln konnte.
Danylo setzte eine traurige Miene auf: »Das liegt an unserer
Mentalität. Wir sind schrecklich sensibel, und Vadim hat oft Heimweh. Wir sind
ständig unterwegs, versteht ihr? Und obwohl Vadim manchmal auch auf Englisch
singt … er rafft diese Sprache nicht. Wenn ich ganz ehrlich zu euch sein darf:
Er sieht gut aus, aber der Hellste ist er nicht.«
Die Frauen lachten wieder laut. Vadim bekam das beruhigende Gefühl,
dass es ganz gut lief. Auch wenn er durchaus bemerkte, wie einer der Aufpasser
sie ständig im Auge behielt.
»Jedenfalls hat mein Kumpel oft Heimweh«, fuhr Danylo fort. »Immer
unterwegs in fremden Ländern, da wünscht er sich manchmal in einsamen Nächten,
dass ihm eine Frau ganz leise und voller Verlangen ›te iubesc‹ ins Ohr
flüstert. Das heißt ›ich liebe dich‹ auf Rumänisch.«
»Auf Koreanisch klingt das auch sehr schön«, warf Kim etwas
beleidigt ein.
»Da bin ich ganz sicher«, erwiderte Danylo mit seinem charmantesten
Lächeln und schenkte Kim zur Versöhnung ein neues Glas Champagner ein.
»Trotzdem. Als wir vor zwei Wochen in Helsinki waren, habe ich Blödmann meinem
Kumpel bei einer Wette im Suff versprochen, dass ich ihm ein rumänisches oder
moldawisches Mädchen auftreibe, das ihm die ganze Nacht ›te iubesc‹ vorsäuselt.
Und? Habe ich schon eine gefunden? Nein!« Danylo trank mit betrübtem Blick
seinen dritten Brandy aus.
Sybille war der Meinung, dass ein Dreier mit ihr und Kim im
Whirlpool Vadims Heimweh garantiert vertreiben würde. Danylo gab ihr charmant
recht. Dennoch würde er die Wette verlieren.
»Worum geht’s denn? Um Geld?«, wollte Kim wissen.
»Ich muss beim nächsten Konzert in Krakau nackt über die Bühne
laufen! Könnt ihr euch vorstellen, wie gierig die Groupies danach auf mich
sind? Die werden mich in Stücke reißen!« Danylo gab sich ein wenig tuckig.
Viele Frauen fanden das niedlich, auch wenn er nicht verstand, warum.
Kim und Sybille lachten wieder. Lachen schien überhaupt ein
wichtiger Teil ihrer Arbeitsplatzbeschreibung zu sein, vermutlich die so
genannten »Soft Skills«.
Danylo beugte sich vor und flüsterte vertraulich: »Also, jetzt mal
im Ernst, ihr Schönen! Wenn ihr mich vor dem Untergang retten wollt … Gibt es
hier nicht eine rumänisch sprechende Braut? Irgendwas aus der Ecke?«
»Und was wird aus uns? Wir wollen doch auch unser Vergnügen!«,
wandte Kim ein.
Danylo hätte dem egoistischen Stück am liebsten den Kopf auf den
Tresen geschlagen. Er beherrschte sich mühsam. »Ihr kommt nicht zu kurz, weder
was das Vergnügen betrifft noch den Verdienst. Wir haben genug Geld, letztlich
geht es doch darum, oder?«
Sybille hakte sich bei Vadim ein. »Dann entführen wir deinen Kumpel
doch mal nach oben. Wir werden gut für ihn sorgen.«
Vadim fragte Danylo auf Russisch, wie der Stand der Dinge sei. Er
hatte keinen Bock, mit Sybille in eines der Themenzimmer zu gehen. Danylo bat
ihn, die Klappe zu halten.
»Was hat er denn gesagt?«, fragte Sybille.
»Der Kerl nervt, seid bitte nicht böse. Er hat gefragt, ob ich endlich
besorge, was er will.« Danylo sah Sybille und Kim mit einem sanften Dackelblick
an. »Gibt es denn hier was Passendes? Irgendeine nette Kollegin von euch …«
»Hier war eine aus Moldawien. Oder war die Rumänin?« Kim wandte sich
an Sybille.
»Du meinst Sofia?«, fragte Sybille zurück.
Vadim und Danylo waren plötzlich wie elektrisiert.
»Keine Ahnung, wo die her war. Was ausm Ostblock, wie die ganzen
Schnallen, die uns den Markt kaputt machen«, fuhr Sybille verächtlich fort.
»Die war aus
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