Paris, Ein Fest Fürs Leben
Recht und Unrecht, noch das Atmen von jemand, der neben einem im Mondlicht lag.
Das Ende einer Beschäftigung
Wir gingen, nachdem ich frühmorgens gearbeitet hatte, in diesem Jahr und anderen Jahren noch häufig zum Rennen; und es machte Hadley Spaß, und manchmal fand sie es herrlich. Aber es waren nicht die Klettereien in den Hochgebirgswiesen über dem höchsten Wald, noch die Nächte, wenn wir ins Chalet heimkamen, noch war es mit Chink, unserem besten Freund, über einen hohen Paß klettern und hinunter in neues Land. Es waren noch nicht einmal wirklich die Rennen. Es war Hasardspiel mit Pferden. Aber wir nannten es Rennen.
Die Rennen entzweiten uns nicht, das konnten nur Menschen tun; aber lange Zeit ließen sie uns nicht los wie eine anspruchsvolle Freundin. Es war großzügig, derart an sie zu denken. Ich, der ich so unbestechlich in bezug auf Menschen und auf ihre zerstörende Gewalt war, duldete diese Freundin, die falscheste, schönste, aufregendste, lasterhafteste und anspruchvollste, weil sie einträglich sein konnte. Es einträglich zu machen, war mehr als eine Ganztagsbeschäftigung, und dazu hatte ich nicht die Zeit. Aber ich rechtfertigte es mir selbst gegenüber damit, daß ich über Pferderennen schrieb -obwohl zum Schluß, als alles, was ich geschrieben hatte, verlorenging, nur eine Renngeschichte überlebte, weil sie unterwegs in der Post war.
Ich ging jetzt öfters allein zum Rennen; und es nahm mich stark in Anspruch, und ich wurde zu sehr in die Sache verwickelt. Wenn ich konnte, bearbeitete ich während der Rennsaison zwei Bahnen, die in Auteuil und Enghien. Es war Ganztagsarbeit, wenn man versuchte, intelligent zu handikappen, und auf diese Art ließ sich kein Geld machen. Das war ja nur, wie es sich auf dem Papier auswirkte. Man konnte eine Zeitung kaufen, die einem das brachte.
Man mußte ein Hindernisrennen in Auteuil von oben auf den Tribünen beobachten, und es hieß, geschwind hinaufklettern, damit man sah, was jedes Pferd tat, und das Pferd sah, das hätte gewinnen können, und das nicht gewann, und warum nicht, und vielleicht sah man auch, wie es nicht tat, was es hätte tun können. Man verfolgte die Buchmachernotierungen und alle die wechselnden Quoten jedesmal, wenn ein Pferd lief, das einen interessierte, und man mußte wissen, wie es beim Training war, und schließlich in Erfahrung bringen, wann der Stall es mit ihm versuchen wollte. Es konnte bei dem Versuch immer noch geschlagen werden, aber mittlerweile wollte man wissen, wie seine Chancen waren. Es war eine mühselige Arbeit, aber es war herrlich in Auteuil jeden Tag, den man draußen sein konnte, und zu beobachten, wie sie liefen, und die einwandfreien Rennen mit erstklassigen Pferden zu sehen, und man lernte die Bahn so gut kennen wie irgendeinen Ort, den man jemals gekannt hatte. Schließlich kannte man viele Leute, Jockeys, Trainer und Pferdebesitzer, und zu viele Pferde und überhaupt zu vieles.
Im Prinzip setzte ich nur, wenn ich über ein Pferd Bescheid wußte, aber manchmal fand ich Pferde, an die niemand glaubte, außer den Leuten, die sie trainierten und ritten, und die ein Rennen nach dem anderen gewannen, und ich hatte auf sie gesetzt. Schließlich hörte ich auf, weil es zuviel Zeit kostete. Es nahm mich zu stark in Anspruch, und ich wußte zuviel über das, was in Enghien und auf den Flachrennbahnen vor sich ging.
Als ich mit meiner Arbeit auf den Rennplätzen aufhörte, war ich froh, aber es hinterließ eine Leere. Mittlerweise wußte ich, daß alles Gute und Schlechte, wenn es aufhört, eine Leere hinterließ. Aber wenn es schlecht war, füllte sich die Leere von selbst. Wenn es gut gewesen war, konnte man sie nur füllen, indem man etwas Besseres fand. Ich legte das Rennkapital zu unseren allgemeinen Reserven und fühlte mich entspannt
und wohl.
An dem Tag, an dem ich die Pferderennen aufgab, ging ich hinüber auf die andere Seite des Flusses und besuchte meinen Freund Mike Ward am Pult der Reiseabteilung des Guaranty Trust, der damals auf dem Boulevard des Italiens an der Ecke der Rue des Italiens war. Ich zahlte unser Rennkapital ein, aber das erzählte ich niemandem. Ich trug es nicht in mein Bankbuch ein, aber ich behielt es im Kopf. «Willst du essen gehen?» fragte ich Mike.
«Gewiß, mein Junge. Tja, ich kann. Was ist denn los? Gehst du nicht
zum Rennen?»
«Nein.»
Wir aßen auf der Place Louvois in einem sehr guten, einfachen bistro, wo es einen wunderbaren Weißwein gab, zu Mittag.
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