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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Jenseits des Platzes war die Bibliothèque Nationale.
    «Du bist nie viel zum Rennen gegangen, Mike», sagte ich.
«Nein. Schon eine ganze Weile nicht.»
«Warum hast du es aufgegeben?»
«Ich weiß nicht», sagte Mike. «Doch. Natürlich weiß ich's. Irgend
was, worauf man Geld setzen muß, um einen Kitzel zu spüren, lohnt sich
nicht anzusehen.»
«Gehst du gar nicht mehr raus?»
    «Manchmal, um ein großes Rennen zu sehen. Eines mit erstklassigen Pferden.»
    Wir strichen pâté auf das gute bistro -Brot und tranken den Weiß
wein.
«Hast du dich lange damit beschäftigt, Mike?»
«O ja.»
«Was siehst du dir an, was besser ist?»
«Radrennen.»
«Wirklich?»
«Man braucht dabei nicht zu setzen. Wirst ja sehen.»
«Die Rennbahn nimmt einem viel Zeit.»
«Zuviel Zeit. Nimmt dir deine ganze Zeit. Ich mag auch die Leute
nicht.»
«Mich hat es sehr interessiert.»
«Bestimmt. Hast du gut abgeschnitten?»
«Ganz gut.»
«Es ist gut aufzuhören», sagte Mike.
«Ich habe aufgehört.»
    «Ist schon schwierig», sagte Mike. «Hör mal, mein Junge, wir wollen irgendwann mal zum Radrennen gehen.»
    Das war eine tolle neue Sache, von der ich wenig wußte. Aber wir fingen nicht gleich damit an. Das kam später. Später spielte es eine große Rolle in unserem Leben, als der erste Akt von Paris sein Ende gefunden hatte.
    Aber lange Zeit über war es genug, einfach wieder in unserem Teil von Paris zurück zu sein und fort von der Rennbahn und auf unser eigenes Leben und unsere Arbeit zu setzen und auf die Maler, die wir kannten, und nicht zu versuchen, unseren Lebensunterhalt mit Wetten zu verdienen und es anders zu benennen. Ich habe viele Geschichten über Radrennen angefangen, aber habe nie eine geschrieben, die so gut ist, wie die Rennen sind, weder die in den gedeckten Hallen noch die auf den Freiluftbahnen und auf den Straßen. Aber ich werde das Vélodrome d'Hiver im rauchigen Licht des Nachmittags einfangen und die steil hochgezogene hölzerne Fahrbahn und das schwirrende Geräusch, das die Reifen auf dem Holz machten, wenn die Fahrer vorbeikamen, die Anstrengung und die verschiedene Taktik der Fahrer, wenn sie in die Kurven gingen und wieder herausschössen, jeder ein Teil seiner Maschine; ich werde die Magie des demi-fond einfangen, das Geräusch der Motorräder mit den hinten angebrachten Walzen, die die Schrittmacher waren, die ihre schweren Sturzhelme trugen und sich in ihren plumpen Lederanzügen zurücklehnten, um die ihnen folgenden Fahrer gegen den Luftwiderstand abzuschirmen - die tief über ihre Lenkstangen gebeugten Fahrer mit ihren leichteren Sturzhelmen, deren Füße die riesigen Kettenzahnräder drehten, während die kleinen Vorderräder die Walzen hinter der Maschine berührten, in deren Schutz sie fuhren, und die Duelle, die aufregender waren als alles andere, das Geknatter der Motorräder und die Fahrer Ellbogen an Ellbogen, Rad an Rad, rauf und runter und Runden drehend in tödlicher Geschwindigkeit, bis ein Mann das Tempo nicht halten konnte und zurückfiel und ihn die dichte Luftwand traf, gegen die er bisher geschützt war. Es gab so viele Arten von Rennen. Die geraden Sprints, die in einzelnen Läufen gefahren wurden oder in Matchrennen, wo die zwei Fahrer lange Sekunden hindurch auf ihren Rädern balancierten, um den Vorteil zu haben, daß der andere Fahrer die Führung übernahm, und dann das langsame Kreisen und das endgültige Hineinstürzen in die reine. Fahrgeschwindigkeit. Es gab die Programme mit den Mannschaftsrennen über zwei Stunden mit einer Serie reiner Sprints in den Wertungsläufen, um den Nachmittag auszufüllen, die einsamen, absoluten Geschwindig

keitsrennen, bei denen ein einzelner Mann über eine Stunde gegen die Uhr fuhr, die furchtbar gefährlichen und herrlichen Hundertkilometerrennen auf der steilkurvigen hölzernen Fünfhundertmeter schale des Stade Buf-falo, dem Freiluftstadion in Montrouge, wo sie hinter großen Motorrädern um die Wette fuhren; Linart, der große belgische Champion, den sie wegen seines Profils ‹Sioux› nannten, der den Kopf senkte, um Sherry Brandy aus einem Gummischlauch zu saugen - der mit einer Art Wärmflasche unter seinem Renntrikot verbunden war -, wenn er es zum Schluß brauchte, um sein wüstes Tempo zu verstärken, und die Meisterschaften von Frankreich hinter schweren Maschinen auf der sechshundertsechzig Meter langen Betonbahn des Parc du Prince bei Auteuil, der niederträchtigsten Bahn von allen, wo wir den großen Fahrer Ganay stürzen

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