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Paris, Ein Fest Fürs Leben

Paris, Ein Fest Fürs Leben

Titel: Paris, Ein Fest Fürs Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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es unterlassen, der Rede zu folgen, aber den Fragen konnte man nicht entgehen. Es wurde mir klar, daß Scott glaubte, der Romanschriftsteller könne alles, was er wissen mußte, durch direktes Befragen seiner Freunde und Bekannten erfahren. Die Ausfragerei war direkt.

    «Ernest», sagte er. «Es ist dir doch recht, daß ich Ernest zu dir sage, nicht wahr?»

    «Frag Dune», sagte ich.

    «Sei nicht albern. Ich mein's ernsthaft. Sag mir, habt ihr, du und deine Frau, miteinander geschlafen, ehe ihr verheiratet wart?»

    «Ich weiß nicht.»

    «Was soll das heißen, du weißt nicht?»

    «Ich erinnere mich nicht.»

    «Aber wie kannst du dich an etwas von solcher Wichtigkeit nicht erinnern?»

    «Ich weiß nicht», sagte ich. «Es ist seltsam, nicht wahr?»

    «Es ist schlimmer als seltsam», sagte Scott. «Du mußt dich doch erinnern können.»

    «Tut mir leid. Es ist schade, nicht wahr?»

    «Red nicht so daher wie ein Engländer», sagte er. «Versuch seriös zu sein und dich zu erinnern.»

    «Nein», sagte ich. «Es ist hoffnungslos.»

    «Du könntest eine ehrliche Anstrengung machen, um dich zu erinnern.»

    Das klingt ja ziemlich überspannt, dachte ich. Ob er wohl jedem diese Rede hält? Aber ich glaubte es nicht, weil ich gesehen hatte, wie er schwitzte, während er sie hielt. Der Schweiß war auf

    seiner feingeschwungenen, vollkommenen irischen Oberlippe in winzigen Tropfen ausgebrochen, als ich hinunter- und von seinem Gesicht wegblickte und die Länge seiner hochgezogenen Beine feststelle, als er auf dem Barhocker saß. Jetzt blickte ich ihm wieder ins Gesicht, und gerade da passierte diese merkwürdige Sache.

    Wie er so an der Bar saß, das Glas Champagner in der Hand, schien sich die Haut seines Gesichts zu straffen, bis die ganze Aufgedunsenheit weg war, und dann spannte sich die Haut noch fester, bis das Gesicht wie ein Totenkopf aussah. Die Augen sanken ein und fingen an, tot auszusehen, und die Lippen waren straff gezogen, und die Farbe wich aus seinem Gesicht, so daß es die Farbe von benutztem Kerzenwachs hatte. Ich bildete mir dies nicht ein. Sein Gesicht wurde vor meinen Augen zu einem wahren Totenkopf oder einer Totenmaske.

    «Scott», sagte ich. «Ist dir nicht wohl?»

    Er antwortete nicht, und sein Gesicht sah noch verzerrter aus al< vorher.

    «Wir wollen ihn lieber zu einer Unfallstation schaffen», sagte ich zu Dune Chaplin.

    «Nein. Es fehlt ihm nichts.»

    «Er sieht aus, als ob er stirbt.»

    «Nein. So wirkt es bei ihm.»

    Wir setzten ihn in ein Taxi, und ich war sehr besorgt, aber Dum sagte, er sei in Ordnung und man brauche sich nicht um ihn zu sorgen. «Wahrscheinlich wird er, ehe er zu Hause ist, wieder in Ordnung sein», sagte er.

    Er muß es gewesen sein, denn als ich ihn ein paar Tage später in der Closerie traf, sagte ich, es täte mir leid, daß das Zeugs so auf ihn gewirkt habe und daß wir es vielleicht zu schnell getrunken hätten, während wir uns unterhielten.

    «Was meinst du, was tut dir leid? Was für Zeugs hat auf mich wie gewirkt? Wovon sprichst du denn, Ernest?»

          «Ich meinte neulich abend im Dingo.»

    «Hat mir doch nichts gefehlt, da im Dingo. Ich hatte nur einfach genug von diesen absolut verdammten Engländern, mit denen du d; warst, und ging nach Hause.»

    «Als du da warst, waren keine Engländer da. Nur der Barmixer.

          «Gib dir keine Mühe, daraus ein Geheimnis zu machen. Du

    weißt, welche ich meine.»

    «Ach», sagte ich. Er war wohl später ins Dingo zurückgegangen Oder er war ein andermal hingegangen. Nein. Jetzt fiel es mir ein, es waren zwei Engländer da gewesen. Es stimmte. Ich erinnerte mich wer es war. Sie waren den ganzen Abend über da gewesen.

    «Ach», sagte ich. «Ja, natürlich.»

    «Das Mädchen mit dem fragwürdigen Adelstitel, das so grob war, und der Saufbold bei ihr. Du sagtest, sie seien Freunde von dir.»

    «Das sind sie. Und sie ist manchmal sehr grob.»

    «Siehst du, hat gar keinen Sinn, so geheimnisvoll zu tun, nur weil man ein paar Glas Wein getrunken hat. Wieso wolltest du so geheimnisvoll tun? Ich hätte nie gedacht, daß du so etwas tust.»

    «Ich weiß nicht.» Ich wollte das Thema wechseln. Dann kam mir eine Idee. «Waren sie grob wegen deinem Schlips?»

    «Warum sollten sie wegen meinem Schlips grob sein? Ich trug einen einfachen schwarzen Schlips zu einem weißen Polohemd.»

    Da gab ich es auf, und er fragte mich, wieso ich dieses Cafe mochte, und ich erzählte ihm, wie es

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