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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Armee der Herzöge einen Fluß überqueren muß, und sie dann angreifen.«
    |329| »Ketzerei!« rief der Marschall, dessen abrupter Ton und funkelnder Blick anzeigten, daß er sich wenig um Höflichkeiten scherte, »Ketzerei, Monsieur de La Noue, gegen sämtliche Kriegsgesetze! Es ist ein sakrosankter Grundsatz, daß man dem Gegner immer so weit wie möglich entgegenzieht, damit er nicht zu weit auf unser Gelände vordringt. Und: Wenn der König vor Paris bleibt, wo seine Truppen im ganzen Umkreis versprengt sind, wird er sie im Fall eines Angriffs kaum schnell genug sammeln können. Und schließlich: Würde er sich derweise über Gebühr exponieren, was feit ihn dagegen, daß er nicht zwischen der Armee der Herzöge und einem Ausfall der Belagerten zerrieben wird?«
    Das alles waren gute und zwingende Gründe, die mich überzeugten, nicht aber La Noue Eisenarm, wie ich sah, noch auch den Vicomte de Turenne, der dem König jüngst 3000 Gascogner Arkebusiere und 300 Mann Reiterei zugeführt hatte und der kraft der Autorität, die ihm diese Verstärkung gab, dafür eintrat, das königliche Heer zu teilen: Eine Hälfte solle vor Paris bleiben und die andere den herzoglichen Truppen entgegeneilen.
    »Es ist bloß so«, sagte lächelnd der König, indem er in seiner Wanderung innehielt, »daß ich meine gesamte Armee brauche, wenn ich den Herzog von Parma schlagen will. Monsieur de Rosny?« setzte er hinzu.
    »Sire«, sagte Rosny, »ich bin der Auffassung des Herrn Marschalls von Biron.«
    »Ich bleibe dennoch bei der meinen«, sagte La Noue, indem er mit einem Zucken um den Mund seinen Eisenarm faßte und auf ein Knie legte. »Sire, daß der Herzog von Parma so lange gezögert hat, dem Befehl Philipps II. nachzukommen, heißt doch, daß er sich sträubt, zwei Hasen auf einmal zu jagen, und die Befriedung Flanderns, an der sein Herzblut hängt, ungern fahrenläßt, nur um nach Frankreich zu kommen und Euch von Paris zu vertreiben. Wenn er nun aber sieht, Sire, daß Ihr die Belagerung der Hauptstadt von selbst aufhebt, wird er sich Eurem Angriff entziehen, weil er seinen Auftrag billig erfüllt findet, und unbeschadet nach Flandern zurückkehren.«
    Ich muß gestehen, daß La Noues Argumente viel für sich hatten, die sich übrigens auch als prophetisch erwiesen. Und mir schien, daß der König sie womöglich nicht ausgeschlagen |330| hätte, wäre es nicht sein größter Wunsch gewesen, mit der spanischen Armee und ihrem ruhmreichen Chef, ohne die Mayenne und die Liga sich ihm bald ergeben müßten, ein für allemal aufzuräumen. Womit er auf lange Sicht recht hatte, auf kurze aber unrecht. Doch ist es nicht der Pferdefuß jeglicher Politik, daß manche Entscheidungen nicht zugleich über kurz und lang gut sein können?
    Nachdem La Noue gesprochen hatte, herrschte eine ganze Weile Schweigen, doch Sie, schöne Leserin, wissen aus ehelicher Erfahrung, wie noch so gute Gründe Ihren Gemahl mitunter um so leichter aufbringen, als er sie nicht widerlegen kann. In gleicher Weise geriet der König über La Noues Bemerkungen, so stichhaltig sie waren, in Zorn, weil sie ihm einen schon gefaßten Entschluß ins Wanken brachten. Und um weder seinen Zorn zu zeigen noch stumm zu bleiben, verkehrte er die Chose, wie so oft, in Ironie, aber eine boshafte und unangebrachte Ironie, daß allen Anwesenden der Atem stockte.
    »Wie ich sehe«, sagte er, auf die lange Gefangenschaft des großen Heerführers anspielend, »bangt Monsieur La Noue, daß die Spanier ihn wieder am Schlafittchen packen und als Gefangenen nach Flandern schleppen.«
    »Sire«, versetzte La Noue, rot überlaufen, »niemand hat bis heute meine Tapferkeit angezweifelt.«
    »Und niemand zweifelt auch heute daran«, sagte der König, machte auf dem Absatz kehrt und verließ ohne weitere Worte den Raum, schwer bekümmert, daß er die Belagerung aufheben mußte, sehr ungewiß, ob er recht daran tat, höchst ungehalten über La Noues Gegenvorschlag, und sehr befriedigt, wette ich, daß er ihn so ungnädig abgekanzelt hatte.
     
    Ich dachte, wenn der König seine Truppen aus den Pariser Vororten abzöge, würde er auch Saint-Denis aufgeben, aber dem war nicht so, vielmehr verblieb dort eine starke Garnison unter Befehl von Monsieur de Vic, der sich sogleich zu verschanzen begann aus Furcht, daß die Pariser Liga ihn nach Abzug der königlichen Truppen angreifen werde. Ich brauchte mich auch nicht mehr groß zu fragen, ob ich dem König sagen sollte, wer Herr von Montag war,

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