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Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Robert
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Gedanke an seinen unvermeidlichen Tod mit einer Stärke wie noch nie. Und mit zugeschnürter Kehle fuhr ich mühsam in meiner Rede fort, fuhr sogar in dem munteren Ton fort, den er liebte, und doch drängte es mich gleichzeitig, ihn stürmisch in die Arme zu schließen und ihm zu sagen: Ach, Vater, mein Vater! Verlaßt mich mein Lebtag nicht!
    »Der König«, sagte er, als ich endete, »ist vielleicht kein so glänzender General wie der Herzog von Parma, aber er besitzt die entscheidende Gabe eines großen Staatsmannes: nämlich im rechten Augenblick zu handeln. Bei seinem Machtantritt im August 1589 weigerte er sich abzuschwören, und er hatte recht. Die Geister waren nicht reif. Er hätte sich vergebens um allen Kredit gebracht. Nach vier Jahren nun wird er es tun. Warum? Gewiß nicht Gabrielle zuliebe, mag er sie’s auch glauben machen, |377| um sich ihrer künftigen Treue zu versichern, sondern weil sich jetzt alle Welt nach Frieden sehnt und weil er durch seine Bekehrung erreichen wird, was er durch vier schlimme Kriegsjahre nicht erreichen konnte: die Unterwerfung seiner Untertanen.«
    »Auch der Hugenotten?«
    »Die Hugenotten hätten sich auch Heinrich III. gefügt, obwohl er eifriger Katholik war, hätte er ihnen nur Glaubensfreiheit geben können, wie er es wollte. Und wenn sie ihnen von Henri Quatre gegeben wird, unterwerfen sie sich, ob Papist oder nicht.«
    »Und Elisabeth?«
    »Ach, Elisabeth! Sie mäkelt, stichelt, schimpft, und vor allem schachert sie! Aber ihr Schimpfen und Schachern ändert nichts an den Notwendigkeiten. Sie braucht in Frankreich einen starken Mann, der gegen Philipp II. kämpft.«
    »Aber mein Herr Vater«, sagte ich lächelnd, »seid Ihr auf Eure alten Tage ein so nachgiebiger Hugenott geworden?«
    »Durchaus nicht. Ich halte es nur für wenig vernünftig, sich einzubilden, daß ein König von Frankreich an einer Religion festhalten kann, die von der überwiegenden Mehrheit seiner Untertanen abgelehnt wird.«
    »Trotzdem! Ich möchte in den kommenden Tagen nicht in seiner Haut stecken!«
    »Monsieur«, sagte der Baron von Mespech, und seine blauen Augen blitzten vor Schalk inmitten der Runzeln, »Ihr versetzt Euch doch soeben in seine Haut.«
    »Aber nicht als derjenige, auf den aller Augen im Reich gerichtet sind. Ihr, Vater, kennt den König, was glaubt Ihr, wie er tief im Innern seine Bekehrung begreift? Als bittere Medizin?«
    »I wo. Als ›gefährlichen Sprung‹.«
    »Hat er es so ausgedrückt?«
    »Ja.«
    »Das zeigt keinen großen Respekt vor der Religion.«
    »Nein, nein. So meint es der König nicht. Er hat dabei weniger den Sprung als die Gefahr im Auge.«
    »Herr Vater, woher wißt Ihr das alles, da Ihr gerade erst hier angekommen seid?«
    »Mein lieber Pierre, ich habe Freunde am Hof. Monsieur de Rosny ist nicht der einzige Vertraute des Königs.«
    |378| »Obwohl er sich dessen tüchtig rühmt und sehr geheimnisvoll tut, was das ›große Projekt‹ des Königs für die Zeit betrifft, wenn er seine Kapitale erobert und seinen Thron gefestigt hat.«
    »Das ›große Projekt‹ kenne ich!« sagte mein Vater. »Der König hat nicht nur vor Rosny davon gesprochen. Es geht in erster Linie darum, Spanien zu besiegen, und ist es einmal besiegt, Österreich und die Niederlande von ihm abzutrennen. Und wenn derweise die Tyrannei zerstört ist, durch die es die Nachbarreiche niederhält, will der König eine Konföderation der europäischen Staaten schaffen – der protestantischen wie der papistischen –, bestehend aus fünfzehn Nationen, deren jede fünf Mitglieder zu einem Senat entsendet, der seinen Sitz in Metz oder Nancy haben soll. Dieser Senat soll die territorialen Streitigkeiten der Mitgliedstaaten schlichten, ihren Handel untereinander begünstigen und eine gemeinsame Armee aufstellen, um Türken, Tataren und Moskowiter an den Ostgrenzen in Schach zu halten. Kurzum, er soll Europa dauerhaften Frieden sichern.«
    »Was für ein gewaltiges Projekt!« sagte ich, nachdem ich eine Weile darüber nachgesonnen hatte. »Glaubt Ihr daran?«
    »Ich glaube jedenfalls, daß der Ehrgeiz der Habsburger, sich Frankreich durch einen gewählten König zu unterjochen, England mit einer neuen Armada zu erobern und den Protestantismus überall durch Inquisition auszurotten, zu immer neuen Kriegen führt, Religionskriegen, Bürgerkriegen, Kriegen zwischen den Staaten. Wenn der König von Frankreich Frieden will, muß er sich dieser furchtbaren Bedrückung entgegenstemmen.«
    »Und

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